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Die Meerhexe

Die Meerhexe

Titel: Die Meerhexe
Autoren: Alistair MacLean
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zweifeln.«
    Sie verließen die Krankenstation. Cronkites Hubschrauber setzte gerade zur Landung an. Cronkite stieg als erster aus, gefolgt von Mulhooney, den drei angeblichen Offizieren, die die Nuklearwaffen gestohlen hatten, dem Piloten und Easton. Easton war eine unbekannte Größe. Mitchell wußte es nicht, aber Eastons Starlight war durch die Wasserbombe so schwer beschädigt worden, daß sie nicht mehr einzusetzen war. In weniger als vier Meilen Entfernung steuerte ein Boot auf die Meerhexe zu, das aussah wie ein Küstenwachboot – die verschwundene Hammond, die ehemalige Questar und die derzeitige Georgia.
    Dr. Greenshaw trat erneut zu Gregson. »Ich möchte mich gern in den Überresten der Quartiere da drüben umsehen. Vielleicht ist noch irgend jemand am Leben – viel wahrscheinlicher ist allerdings, daß ich ein paar Leute vorfinde, die eine kleine Sterbehilfe begrüßen werden.«
    Gregson deutete auf eine Eisentür. »Ich bin mehr daran interessiert, wer da drin ist. Spicer«, sagte er zu einem seiner Männer, »einen Bazookaschuß auf das Schloß.«
    »Das wird kaum nötig sein«, sagte Dr. Greenshaw. »Ein Klopfen von mir ist völlig ausreichend. Da drin ist Commander Larsen – er ist kein Feind von Ihnen. Er schläft nur da drin, weil er gerne seine Ruhe hat.« Dr. Greenshaw klopfte. »Commander Larsen. Ich bin's Dr. Greenshaw. Es ist alles okay, kommen Sie heraus. Wenn Sie es nicht tun – hier sind ein paar Leute, die die Tür und alles, was dahinter ist, mit einem Feuerstoß vernichten. Ich spreche nicht unter Zwang. Kommen Sie heraus.«
    Ein schwerer Schlüssel wurde im Schloß herumgedreht, und dann öffnete sich die Tür. Commander Larsen sah aus, als leide er unter einer frisch erworbenen Bombenneurose, was durchaus auch der Fall sein konnte. »Was ist los?« fragte er.
    »Wir haben euch kassiert, mein Freund«, sagte Gregson. Greenshaw konstatierte mit Zufriedenheit, daß Larsen eine voluminöse Jacke trug, die einen Reißverschluß in der Taille hatte. »Durchsuchen«, ordnete Gregson an. Larsen wurde durchsucht – ohne positives Ergebnis. »Wo ist Scoffield?« fragte er.
    »In dem anderen Quartier«, sagte Greenshaw. »Es geht ihm gut.«
    »Palermo?«
    »Tot. Und alle seine Männer auch. Wenigstens glaube ich es. Ich werde mich gleich davon überzeugen.« Er beugte die Schultern, um eher wie achtzig als wie siebzig auszusehen und ging den Korridor hinunter. Aber er hätte sich die Mühe sparen können, den gebrechlichen Alten zu spielen: Gregson war vor der Tür gerade mit Cronkite zusammengetroffen, und die beiden Männer überschütteten einander und sich selbst mit Gratulationen. Schon nach den ersten Schritten in die ehemalige Unterkunft erkannte Greenshaw, daß für die hier liegenden Männer jede Hilfe zu spät kam. Die meisten der Toten waren bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt – was die Maschinenpistolen und die Bazookas nicht vernichtet hatten, war ein Opfer der Flammenwerfer geworden. Aber dann wurde er an den wahren Grund seines Hierseins erinnert: vor ihm lagen eine Kiste mit Handgranaten, die völlig in Ordnung waren, und ein paar Schmeisser mit vollen Magazinen. Einige der Granaten verstaute er ganz unten in seiner Arzttasche. Dann spähte er aus einem der zerbrochenen Fenster und stellte fest, daß der Platz darunter in tiefem Schatten lag. Er ließ ein paar Granaten vorsichtig auf die Plattform hinunter, legte die beiden Schmeisser daneben und machte sich auf den Rückweg.
    Offensichtlich waren Cronkite und Lord Worth bereits aufeinander getroffen – Lord Worth lag bewußtlos auf dem Rücken. Blut strömte aus seinen aufgeplatzten Lippen und aus der gebrochenen Nase, und seine Wangen waren blutunterlaufen. Marina kniete neben ihm und betupfte seine Wunden mit einem winzigen Taschentuch. Cronkite, dessen Gesicht keinerlei Kampfspuren aufwies, dessen Fingerknöchel jedoch bluteten, schien zumindest für den Augenblick jedes Interesse an Lord Worth verloren zu haben – er wollte wohl warten, bis der Lord wieder zu sich kam, bevor er ihn sich erneut vorknöpfte.
    »Es tut mir leid«, flüsterte Lord Worth mühsam, »es tut mir so leid, mein Liebling. Es ist alles meine Schuld, nur meine Schuld. Das ist das Ende.«
    »Ja«, bestätigte sie, ebenso flüsternd wie er, aber seltsamerweise standen keine Tränen in ihren Augen, »aber nicht für uns – nicht, solange Michael am Leben ist.«
    Lord Worth schaute mit schnell zuschwellenden Augen zu Mitchell hinüber.
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