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Die Meerhexe

Die Meerhexe

Titel: Die Meerhexe
Autoren: Alistair MacLean
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sie war beweglich – sie mußte nur die Anker lichten und konnte zu mehr Ertrag versprechenden Gebieten fahren. Hinzu kam, daß, verglichen mit den üblichen Bohrinseln, die Kosten für die jeweilige Verankerung so gering waren, daß sie kaum einer Erwähnung bedurften.
    Der Name der TLP war Meerhexe.

I
    An manchen Orten wurde von manchen Leuten in übelster Weise über die Meerhexe hergezogen. Aber das meiste Gift versprühten sie über einen gewissen Lord Worth. Er war Multimillionär – manche behaupteten sogar Milliardär –, Aufsichtsratsvorsitzender und alleiniger Eigentümer der North Hudson Oil Company, und Besitzer der Meerhexe. Die zehn Männer, die in dem Haus am Lake Tahoe zusammengekommen waren, sprachen seinen Namen mit deutlich erkennbarem Abscheu aus.
    Ihre Zusammenkunft wurde weder in der überregionalen noch in der lokalen Presse erwähnt, und das hatte zwei Gründe. Die Männer kamen und gingen entweder einzeln oder zu zweit, so daß sie im Gewirr der Sommergäste am Lake Tahoe nicht im mindesten auffielen. Das war gut so, denn sie legten keinerlei Wert darauf, daß ihre Zusammenkunft publik wurde. Es war Freitag der dreizehnte – ein Datum, das nichts Gutes verhieß.
    Neun Delegierte waren anwesend, mit dem Gastgeber also zehn Konferenzteilnehmer. Vier von ihnen waren wichtig, aber nur zwei zählten wirklich: Corral, der Öl- und Mineralölgesellschaften in Florida repräsentierte, und Benson, der die Interessen der Ölförderer von der Küste Südkaliforniens vertrat.
    Von den übrigen sechs Männern zählten wiederum nur zwei. Der eine war Patinos aus Venezuela, der andere Borosoff aus Rußland, wobei das Interesse des letzteren an der amerikanischen Ölversorgung nur als minimal bezeichnet werden konnte. Seine Gesprächspartner waren größtenteils der Ansicht, daß er nur an dieser Besprechung teilnahm, um möglichst viel Unruhe zu stiften, und diese Vermutung war sicherlich nicht falsch.
    Alle zehn Männer versorgten die Vereinigten Staaten – wenn auch in unterschiedlichem Umfang – mit Öl und hatten ein gemeinsames Interesse: daß die Ölpreise nicht sanken.
    Benson, in dessen Ferienhaus die Besprechung stattfand, eröffnete als Gastgeber die Konferenz.
    »Meine Herren, hat jemand etwas dagegen, daß ich noch eine dritte Partei – also einen Mann, der weder unsere Interessen noch die von Lord Worth vertritt – hinzubitte?«
    Sie hatten alle etwas dagegen. Ganz entschieden sogar.
    Borosoff sagte: »Das ist viel zu gefährlich.« Er beäugte die anderen neun Männer im Raum mit deutlichem Mißtrauen. »Es sind schon viel zu viele eingeweiht.«
    Benson, der nicht deshalb der Chef einer der größten Ölgesellschaften Europas mit Sitz in England geworden war, weil ihm jemand diesen Posten als Geburtstagsgeschenk offeriert hatte, konnte erfrischend grob sein.
    »Sie, mein lieber Borosoff, haben doch wohl die allergeringste Berechtigung, an diesem Treffen teilzunehmen. Es wäre gut, wenn Sie sich das klarmachten. Und jetzt teilen Sie uns bitte mit, gegen wen sich Ihr Mißtrauen richtet.« Borosoff schwieg.
    »Meine Herren, halten Sie sich alle den Gegenstand dieses Gesprächs vor Augen«, fuhr Benson fort. »Es geht um die Beibehaltung der derzeitigen Ölpreise. Die OPEC beschäftigt sich eingehend mit der Frage einer Preisanhebung. Das tut uns hier in den Staaten nicht besonders weh – wir erhöhen dann eben einfach unsererseits und geben so den Mehrpreis an den Verbraucher weiter.«
    Patinos sagte: »Sie sind selbst so skrupellos und rücksichtslos, wie Sie es von uns immer behaupten.«
    »Realitätssinn ist nicht dasselbe wie Rücksichtslosigkeit. Solange es die North Hudson gibt, werden nirgendwo Preise angehoben. Die Gesellschaft unterbietet uns, die Größeren, bereits jetzt. Nur wenig, aber wir spüren es. Wenn wir unsere Preise weiter anheben und Lord Worth nicht, dann wird der Unterschied auffälliger. Und falls der Lord noch ein paar TLPs in Betrieb nimmt, könnte die Sache ausgesprochen unangenehm werden. Nicht nur für uns, sondern auch für die OPEC, denn dann wird die Nachfrage nach ihren Produkten unzweifelbar zurückgehen.
    Wir alle halten uns an das Gentleman's Agreement zwischen den großen Ölgesellschaften, daß nicht in internationalen Gewässern nach Öl gebohrt wird, daß heißt, nicht außerhalb des jeweiligen gesetzlichen und international anerkannten Hoheitsbereichs. Eine Mißachtung dieser Übereinkunft würde allerlei rechtlichen, diplomatischen und
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