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Die Meerhexe

Die Meerhexe

Titel: Die Meerhexe
Autoren: Alistair MacLean
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internationalen Streitigkeiten, angefangen von politischen Gewaltakten bis hin zum regelrechten Krieg, Tür und Tor öffnen. Nehmen wir doch einmal an, Land A beanspruche – wie es einige Länder schon getan haben – alle Wasserrechte bis hundert Meilen vor seiner Küste. Nehmen wir weiterhin an, daß nun Land B daherkäme und dreißig Meilen außerhalb dieser Grenzen nach Öl zu bohren begänne. Und nehmen wir dann den Fall an, Land A käme auf die Idee, eine Hundertfünfzig-Meilen-Zone für sich zu beanspruchen – Peru hat immerhin zweihundert Meilen gefordert: die möglichen Folgen wären zu furchtbar, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen.
    Nicht alle Männer sind Gentlemen. Der ehrenwerte Lord Worth und seine Direktorenbande von der North Hudson Oil Company würden die Bezeichnung Gentlemen für sich sogar strikt ablehnen, und wir als ihre Konkurrenten im Ölgeschäft können das nur unterschreiben. Aber sie würden es auch weit von sich weisen, als Kriminelle bezeichnet zu werden, was vielleicht früher auch nicht zutreffend gewesen wäre, jetzt jedoch den Tatsachen entspricht.
    Lord Worth hat in zwei Fällen etwas getan, was als kriminelle Handlung bezeichnet werden sollte. Ich sage ›sollte‹, denn das erste ist nicht zu beweisen, und das zweite ist zwar moralisch gesehen ein Verbrechen, aber nicht direkt gesetzeswidrig.
    Im ersten Fall – den ich für den weitaus unerheblicheren halte – geht es um den Bau von Lord Worths TLP in Houston. Es ist in Industriekreisen kein Geheimnis, daß die Pläne dafür gestohlen wurden – die für die Plattform bei der Mobil Oil Company, die für die Beine und das Verankerungssystem bei der Chevron Oilfield Research Company. Aber das ist, wie gesagt, nicht zu beweisen. Es ist ja durchaus nicht ungewöhnlich, daß neue Erfindungen oder Entwicklungen an mehreren Orten gleichzeitig gemacht werden, und Lord Worth kann jederzeit behaupten, daß sein Team in geheimer Arbeit die TLP selbst entwickelt hat.«
    Mit seinem Verdacht hatte Benson völlig recht. Der Lord hatte sich bei der Konstruktion der Meerhexe gewisser abkürzender Möglichkeiten bedient, die engstirnige Menschen sicherlich als skrupellos, wenn nicht sogar ungesetzlich bezeichnen würden. Wie alle Ölgesellschaften, hatte zwar auch Lord Worth seinen eigenen Stab von Planern und Konstrukteuren, aber bei allen Angehörigen dieses Teams handelte es sich um Busenfreunde des Lords, die nur aus Gründen der Steuerabschreibung angestellt worden waren und die nicht einmal ein Ruderboot hätten konstruieren können.
    Das störte Lord Worth jedoch nicht im geringsten. Er brauchte keine Konstrukteure. Er war ein schwerreicher Mann, hatte mächtige Freunde – allerdings nicht in Ölkreisen –, und er war ein Meister der Industriespionage. Mit den Hilfsmitteln, die ihm zur Verfügung standen, hatte es ihm kaum Schwierigkeiten bereitet, die beiden betreffenden geheimen Pläne in die Hand zu bekommen. Er brauchte sie dann nur noch einer Firma vorzulegen, die die geeigneten Konstrukteure beschäftigt und deren ungeheuerliche Honorarforderungen nur noch von ihrer Diskretion übertroffen wurden. Diese Konstrukteure hatten die beiden Pläne miteinander kombiniert und gerade so viele Änderungen und Verbesserungen vorgenommen, daß etwaige Patentrechtsstreitigkeiten ausgeschlossen waren.
    Benson fuhr fort: »Aber was mir wirklich Sorgen bereitet, und was auch Ihnen, meine Herren, nicht gleichgültig sein sollte, ist Lord Worths Mißachtung der stillschweigenden Übereinkunft, auf keinen Fall in internationalen Gewässern zu bohren.« Er machte eine Kunstpause und sah die Anwesenden der Reihe nach an. »Ich sage es in vollem Ernst, meine Herren: Lord Worths Verrücktheit und Geldgier kann sich durchaus als der Funke erweisen, an dem sich ein dritter Weltkrieg entzündet. Abgesehen davon, daß es natürlich auch um die Wahrung unserer Interessen geht, bin ich der Meinung, daß es unsere Pflicht ist, einzugreifen, wenn die Regierungen der Welt es nicht tun. Schließlich geht es um das Wohl der Menschheit. Wie es scheint, haben die Regierungen nicht vor, etwas zu unternehmen – also müssen wir handeln. Dieser Wahnsinnige muß aufgehalten werden. Ich denke, Sie stimmen mir zu, meine Herren, wenn ich sage, daß nur wir die Sache in ihrer ganzen Tragweite übersehen und daß nur wir die technischen Erfahrungen haben, etwas gegen Lord Worth zu unternehmen.«
    Zustimmendes Gemurmel klang auf – ein selbstloses Handeln
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