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Die Meerhexe

Die Meerhexe

Titel: Die Meerhexe
Autoren: Alistair MacLean
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umzugehen. Die beiden waren zwei außerordentlich tüchtige Polizeisergeanten gewesen, die leider immer wieder die falschen Leute verhaftet hatten, wie zum Beispiel unlautere Politiker und ebenso unlautere, wohlhabende Geschäftsleute, die bis dahin der Meinung gewesen waren, daß die Gesetze nicht für sie galten. Und so wurden die beiden Polizeisergeanten eines Tages wegen ihrer absoluten Unbestechlichkeit gefeuert.
    Michael Mitchell war der größere, der breitere und der weniger gutaussehende von beiden. Mit seinen unregelmäßigen Zügen, seinen ungebärdigen, dunklen Haaren und seinem blauschimmernden Kinn hatte er ganz gewiß nicht das Zeug zum Filmidol. John Roomer sah mit seinen braunen Haaren und seinem sorgfältig gestutzten Schnurrbart entschieden besser aus. Beide Männer waren gerissen, intelligent und äußerst erfahren auf ihrem Gebiet. Roomer arbeitete mehr intuitiv, Mitchell war ein Mann der Tat. Beide waren charmant, scharfsinnig und ausgesprochen erfinderisch. Und sie hatten auch noch eine andere nicht unwichtige Fähigkeit: beide waren hervorragende Scharfschützen. Zwei Jahre zuvor hatten sie eine Privatdetektei aufgemacht und sich in der kurzen Zeit einen solchen Ruf erworben, daß Leute, die in großen Schwierigkeiten steckten, zu ihnen kamen, anstatt zur Polizei zu gehen – eine Tatsache, die sie dort nicht gerade beliebt machte. Ihre Häuser lagen nur zwei Meilen von Lord Worths Besitz entfernt, wo sie, wie gesagt, oft und gern gesehene Besucher waren. Dabei war sich Lord Worth durchaus darüber klar, daß sie nicht ausschließlich seinetwegen so oft kamen. Und er wußte auch ganz genau, daß sie nicht das geringste Interesse an seinem Geld hatten, was ihn außerordentlich erstaunte, denn er hatte vorher noch nie jemanden getroffen, der nicht daran interessiert gewesen wäre. Aber dafür waren die beiden an Marina und Melinda interessiert, und zwar sehr intensiv.
    Die Tür öffnete sich, und Jenkins, der Butler – natürlich Engländer wie auch die beiden Diener –, betrat wie immer geräuschlos den Raum, kam zum Kopf der Tafel und murmelte etwas in Lord Worths Ohr, worauf dieser nickte und aufstand.
    »Entschuldigt mich, Mädchen. Meine Herren. Ich bin sicher, ihr unterhaltet euch auch ohne mich ausgezeichnet.«
    Er ging in sein Arbeitszimmer und schloß die Tür hinter sich, die den Raum vollkommen schalldicht abschloß.
    Das Arbeitszimmer konnte es an kostbarer Ausstattung durchaus mit dem Speiseraum aufnehmen: Eichenholz, Leder, ein völlig unnötig brennendes Kaminfeuer in einer Ecke, alles wie im Landhaus eines englischen Barons. Die Wände wurden von Tausenden von Büchern verdeckt, von denen Lord Worth tatsächlich eine ganze Menge gelesen hatte. Seine analphabetischen Vorfahren wären bestimmt entsetzt gewesen, denn Dekadenz hatten sie zutiefst verabscheut.
    Ein hochgewachsener, braungebrannter Mann mit einem Adlergesicht und grauen Haaren erhob sich aus dem Sessel. Die beiden Männer lächelten sich herzlich an und schüttelten sich die Hände.
    »Corral, mein lieber Freund«, sagte Lord Worth, »wie schön, Sie zu sehen. Es ist schon eine ganze Weile her seit dem letzten Mal.«
    »Ich freue mich auch, Lord Worth. In letzter Zeit hatte sich nichts getan, was Sie interessiert hätte.«
    »Aber jetzt schon?«
    »Ja, jetzt schon.«
    Mr. Corral, der jetzt vor Lord Worth stand, war besagter Corral, der als Repräsentant für die Sektion Florida an dem Treffen am Lake Tahoe teilgenommen hatte. Es hatte einige Jahre gedauert, bis er und Lord Worth zu einer für beide Teile befriedigenden Übereinkunft gekommen waren. Corral, der allgemein als Lord Worths erbittertster Feind und ätzendster Kritiker betrachtet wurde, erstattete eben diesem Lord regelmäßig Bericht über die Tätigkeit und Pläne der großen Gesellschaften. Für diesen Dienst erhielt Corral ein jährliches, steuerfreies Taschengeld von zweihunderttausend Dollar.
    Lord Worth drückte auf einen Klingelknopf. Sekunden später erschien Jenkins und brachte zwei große Brandys. Er hatte nichts mit Telepathie zu tun – jahrelange Erfahrung und geschultes Erahnen von Lord Worths Wünschen waren das ganze Geheimnis. Als er den Raum wieder verlassen hatte, setzten die beiden Männer sich hin.
    »Na«, sagte Lord Worth, »was gibt's also Neues aus dem Westen?«
    »Ich fürchte, die Cherokees sind hinter Ihnen her.«
    Lord Worth seufzte. »Irgendwann mußte das ja mal kommen. Erzählen Sie.«
    Und Corral erzählte. Er hatte
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