Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Meerhexe

Die Meerhexe

Titel: Die Meerhexe
Autoren: Alistair MacLean
Vom Netzwerk:
Problem für ein ferngelenktes Geschütz – ich glaube, die Dinger haben heutzutage eine Reichweite von viertausend Meilen. Wenn das Geschütz beispielsweise noch zwanzig Meilen von uns entfernt wäre, könnten sie den hitzeempfindlichen Sucher einschalten. Und wir sind weiß Gott der einzige Punkt im Umkreis von hundert Meilen, der Wärme abgibt.«
    Nach einer zweiten längeren Pause fragte Lord Worth: »Haben Sie sonst noch irgendwelche ermutigenden Gedanken zu dem Thema, Commander Larsen?«
    »Einen noch, Sir. Wenn ich der Feind wäre – ich darf die Leute doch so nennen …«
    »Nennen Sie die Teufel, wie Sie wollen.«
    »Wenn ich der Feind wäre, würde ich ein U-Boot benutzen. Das müßte nicht einmal auftauchen, um sein Geschoß abzufeuern. Puff! Und aus wär's mit der Meerhexe. Keine Spur von irgendwelchen Angreifern. Man könnte das Ganze als massive Explosion auf der Meerhexe deklarieren. Auch diese Möglichkeit ist alles andere als unwahrscheinlich, Sir.«
    »Als nächstes werden Sie mir erzählen, daß sie Atom-Sprengköpfe auf die Geschosse setzen werden.«
    »Damit sie von einem Dutzend seismologischer Stationen geortet werden? Nein, das halte ich für ziemlich ausgeschlossen, Sir. Aber vielleicht will ich es auch nur nicht in Betracht ziehen. Wer möchte schon gern pulverisiert werden?«
    »Wir sehen uns morgen«, sagte Lord Worth, und der Lautsprecher verstummte.
    Larsen legte den Hörer auf und grinste breit. Unwillkürlich rechnete man damit, daß dabei gelbe Zahnstummel entblößt würden, aber statt dessen wurde der Blick von zwei Reihen makelloser, weißschimmernder Zähne gefangen genommen. Larsen wandte sich an Scoffield, seinen Adjutanten, der die Bohrungen überwachte.
    Scoffield war ein gutmütig wirkender Mann mit einem selbst für seine beachtliche Größe eindrucksvollen Bauchumfang. Aber daß der gutmütige Eindruck täuschte, davon konnten seine Untergebenen ein Lied singen. Scoffield war ein ausgesprochen harter Bursche, und es war sicherlich nicht Bescheidenheit, die ihn dazu veranlaßte, es zu verbergen. Es lag wahrscheinlich viel mehr daran, daß sein Gesicht durch jeweils zwei lange senkrechte Narben auf seinen Wangen ständig zu einem Pseudolächeln verzerrt war. Ganz offensichtlich war er ebensowenig ein Anhänger plastischer Chirurgie wie Larsen. Jetzt sah er Larsen mit verständlicher Neugier an.
    »Was sollte denn das alles?«
    »Die Abrechnung steht bevor. Wir müssen uns auf den Jüngsten Tag vorbereiten. Genauer gesagt: Seine Lordschaft wird von Feinden bedrängt.«
    Larsen erläuterte Lord Worths Anordnungen. »Er schickt morgen in aller Früh ein regelrechtes Bataillon von harten Burschen zu uns heraus, die auch mit den entsprechenden Waffen ausgerüstet sind. Nachmittags kommt dann irgendein Boot mit noch schwereren Waffen.«
    »Ich frage mich, wo er die ganzen harten Jungs und die Waffen herbekommt.«
    »Man wundert sich, aber man fragt nicht.«
    »Dieses ganze Gerede über Bomber und U-Boote und ferngelenkte Geschosse – glauben Sie denn wirklich, daß das passieren könnte?«
    »Natürlich nicht. Aber es ist schwer, eine solche Gelegenheit, die gräflichen Nerven etwas zu strapazieren, ungenutzt vorübergehen zu lassen.« Er schwieg und sagte nach kurzem Nachdenken. »Ich hoffe jedenfalls, daß ich es nicht zu glauben brauche. Kommen Sie, wir wollen uns unsere Verteidigungsmöglichkeiten ansehen.«
    »Sie haben eine Pistole, und ich habe eine. Sind das Verteidigungsmöglichkeiten?«
    »Nein, ich meinte, wir müssen uns ansehen, wo wir die Verteidigungswaffen aufbauen, wenn sie kommen. Ich nehme an, es werden großkalibrige Geschütze sein.«
    »Wenn sie kommen.«
    »Darauf können Sie Gift nehmen – schließlich organisiert der Lord die Sache.«
    »Wahrscheinlich holt er die Dinger aus seiner privaten Waffenkammer.«
    »Es würde mich nicht überraschen.«
    »Was denken Sie wirklich, Commander?«
    »Ich weiß nicht, was ich denken soll. Ich weiß nur, daß das Leben hier an Bord, wenn Lord Worth auch nur annähernd recht hat, in den nächsten Tagen bedeutend weniger monoton sein wird.«
    Die beiden Männer traten auf die Plattform hinaus, über die sich allmählich die Dämmerung senkte. Die Meerhexe war in zweihundertsiebzig Meter tiefem Wasser verankert – südlich und in sicherer Entfernung vom Fördergebiet der USA und der großen Ost-West-Wasserstraße, genau über dem größten Erdölreservoir, das bisher im Golf von Mexiko entdeckt worden war. Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher