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Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)
Autoren: Peter de Jonge
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üppigen Brüste hervorquellen. »Für das Outfit haben Sie zehn Minuten gebraucht?«, fragt O’Hara, aber Kearns scheint das Eintreffen der NYPD nicht sonderlich zu beunruhigen.
    »Hab ein Nickerchen gemacht«, sagt sie und hinter ihr ist Musik zu hören.
    »Während Al Green dudelt?«
    »Ich habe Artis seit diesem einmaligen Vorfall nicht mehr gesehen«, sagt sie.
    »Diesem einmaligen, winzig kleinen Vorfall«, sagt O’Hara, »bei dem er Sie verprügelt und Ihnen ein Messer an die Kehle gehalten hat.«
    »Wie schon gesagt, ich habe ihn nicht gesehen.«
    »Wenn Sie ihn sehen, rufen Sie uns an, ja?«
    »Auf jeden Fall.«
     
    Nach Dienstschluss parkt Krekorian die schwarze Schrottlaube von Impala vor dem Reviergebäude und geht auf den Parkplatz zu seiner eigenen Schrottlaube, einem Montero. O’Hara flitzt ins Gebäude, weil sie auf die Toilette muss. Auf einem der schmutzigen Plastikstühle im Eingangsbereich sitzt zusammengesunken ein weißer Junge mit braunen Haaren. Er trägt einen grauen Kapuzenpulli und ist ungefähr so alt und schlaksig wie Axl. Als sie die Treppe wieder herunterkommt, kann sie nicht anders, als ihn anzusehen. Wie Axl wirkt er so schüchtern, als würde er lieber die ganze Nacht dort sitzen, als endlich aufzustehen und den Mann am Empfang anzusprechen.
    »Wie lange wartest du schon hier?«, fragt O’Hara.
    »Eine Stunde. Ich muss jemanden als vermisst melden.«
    »Wen?«, fragt O’Hara.
    »Francesca Pena. Sie ist 19, im zweiten Semester an der NYU, 1,75 Meter groß, kurze, schwarze Haare, etwa 54 Kilo.«
    Während O’Hara auf ihn herunterblickt, fischt der Junge das abgegriffene Foto eines sehr hübschen Teenagers mit langen pechschwarzen Haaren und unergründlichen braunen Augen heraus. »Das war, bevor sie sie abgeschnitten hat«, sagt er und berührt das Bild. »Wenn sie lächelt, kommt ihre hübsche Zahnlücke zum Vorschein.«
    »Ist das deine Freundin?«, fragt O’Hara und blickt sehnsüchtig über die Schulter des Jungen zur Tür.
    »Nicht mehr. Wir sind gute Freunde. Deshalb habe ich mir auch keine so großen Sorgen gemacht, als sie Mittwochabend nicht nach Hause kam. Wir sind ja kein Paar mehr. Das ist schon in Ordnung. Aber wir wollten Thanksgiving zusammen verbringen und ich weiß, dass sie sich darauf gefreut hat. Jetzt ist Freitag und sie geht immer noch nicht ans Telefon.«
    »Wohnt ihr zusammen?«
    »Nein, ich bin nur zu Besuch. Aus Westfield, Massachussetts. Francesca kommt auch aus Westfield.«
    Hübscher Junge, denkt O’Hara, aber von einer verhängnisvollen Offenheit, wie sie Mädchen scharenweise in die Flucht schlägt. Wahrscheinlich hat sich Pena am Mittwoch von einem fiesen Zyniker abschleppen lassen und es nicht übers Herz gebracht, ihrem Ex zu sagen, dass sie ihn Thanksgiving versetzt. Wahnsinn, wie viele Mädchen zu Beginn des Wochenendes verschwinden und Sonntagabend plötzlich wieder auftauchen. Aber O’Hara führt ihn trotzdem nach oben in das Büro der Detectives. Einerseits deshalb, weil er nicht Dolores Kearns ist und sie sich nicht vorstellen kann, dass er in zwei Tagen ebenso durch sie hindurchgucken wird, als wäre sie aus Fensterglas, andererseits aber vor allem, weil sie Axl vermisst.
    Ohne ihren Mantel auszuziehen, bittet sie ihn, an ihrem Schreibtisch Platz zu nehmen. Sie schaltet ihren Computer ein und nimmt seine Angaben auf. Name: David McLain. Alter: 19. Adresse: Windsor Court 85, Westfield, Massachusetts. Seit seiner Ankunft in der Stadt wohnte er bei Pena in der Orchard Street 78, 5B. Er gibt ihr seine und Penas Handynummern.
    »Wie lange bleibst du zu Besuch?«, fragt O’Hara.
    »Drei Wochen. An ein paar Abenden jede Woche arbeite ich als Aushilfsbarkeeper in einem Laden an der Ecke 1st Avenue und 5th namens Three of Cups.«
    »Willst du nicht auch aufs College gehen?«, fragt sie und ist sich nicht ganz sicher, warum sie wie eine Berufsberaterin mit dem Jungen spricht.
    »Doch, vielleicht. Ich hatte ganz gute Chancen auf ein Stipendium für europäischen Fußball. Aber dann wurden meine Noten schlechter.«
    McLain wirkt mit seinem verlorenen Gesichtsausdruck und der niedergedrückten Haltung beinahe ebenso mitleiderregend wie Axl, nachdem dieser von seiner ersten richtigen Freundin sitzengelassen wurde. Menschen leben sich auseinander. Das ist wahnsinnig traurig, kommt aber vor. Sechs Monate lang lief Axl genauso herum wie dieser Junge und bekam überhaupt nichts mehr von seiner Umwelt mit. Bis O’Hara nichts übrigblieb, als
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