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Interview mit einem Buchpiraten

Interview mit einem Buchpiraten

Titel: Interview mit einem Buchpiraten
Autoren: SPIEGELBEST
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Ist Christian Kracht ein Buchpirat?
    MONTAG, 5. MÄRZ 2012

    Ich sage mal so, Christian Kracht ist kein Scanner wie ich, der ein technisches Ding in der Ecke stehen hat. Aber er ist ein Buchpirat mit dem Kopf. Er hat von Marc Buhls Buch auf vergleichbare Weise eine Kopie gefertigt. Er benutzt sein Gedächtnis, ich ein technisches Gerät.

    Das ist wohl trotzdem ein Unterschied?

    Der Unterschied ist, dass er einen Verlag an seiner Seite hat, der ihn rechtemäßig absichert. Guttenberg ist zu viel Fränkischer Landadel und zu wenig Internet, sonst wäre ihm auch keiner auf die Schliche gekommen.

    Guttenberg?

    Christian Kracht hat das Buch geschrieben und dann ist das Verlagsteam rückwärts vorgegangen. Die haben selbst die Identitätssuche gemacht, ehe es andere tun. Dann haben sie umgeschrieben. Deshalb hat Marc Buhl auch keine Chance in einem Prozess.

    Die Vorwürfe sind alle recht vage.

    Ist logisch. Das ergibt sich aus der Sache. Eine geniale Idee, über einen bestimmten Menschen herausgesondert zu schreiben, haben selbst die besten Schriftsteller nur wenige Male im Leben. Wenn jemand ihm diesen Einfall stiehlt, hat er ihm eigentlich sein Lebenswerk genommen.

    Der Imageschaden für den Verlag ist trotzdem da?

    Ja, aber die haben einfach gedacht, nur weil sie die Kachelmann-Anwälte beschäftigen, wird sich der finanziell klamme Eichborn-Verlag und der kleine Marc Buhl nicht trauen gegen sie vorzugehen. Die Verlagsmanager vertrauen einfach auf ihre Geldmacht. Der tatsächliche Autor hatte auch nur eine Chance, weil sich der Spiegel kritisch mit Kracht auseinandergesetzt hat. Das ist ein mächtiger Verbündeter, mit dem Kiepenheuer & Witsch nicht gerechnet haben.

    Sonst wären sie damit durchgekommen?

    Ich vermute mal ja. Nimm nur mal das Titelbild.

         

    Natürlich ist das nicht identisch in dem Sinne: "Finde zehn Unterschiede!" Kein Layouter wird einen Prozess gegen deren Kachelmann-Anwälte wagen. Das ist nicht kopiert im oberflächlichen Sinn. Die Verlagsleute saugen einfach den Inhalt aus und lassen die prozessrelevante Hülle beim Rechteinhaber liegen. Wohlgemerkt, das Buch Katzentisch ist ein aktueller Titel. Die beklauen jeden, der ihnen über den Weg läuft.

    Das macht sie nicht zu Buchpiraten?

    Im engeren Sinne nicht. Aber für den geistigen Besitz eines Autoren stellen nicht nur die Piraten, sondern auch die Raubritter eine Gefahr dar.

Christian Kracht - 'Popliterat' oder Plagiator
    MITTWOCH, 7. MÄRZ 2012

       

    Nachdem wir gestern über die Ähnlichkeit des Covers geredet haben, kommt heute  ein Artikel in der  FAZ zu einem ähnlichen Befund .

    Genau. Ein paar Knochen im Vordergrund wegzuretuschieren, genügt vermutlich juristisch. Ein Verlag wie Kiepenheuer & Witsch aber kann einen Prozess gewinnen und trotzdem seine guten Ruf verlieren. So ist das eben.

    Christian Kracht  hat sich überall bedient. Er nennt das 'Pop-Literatur'.

    Ich geh morgen darauf ein, wenn ich die Bücher beide gelesen habe. Heute will ich nur feststellen, dass das Thema in der Luft liegt.

    Welches Thema?

    Die Grenzen, wo eine Verletzung des Copyrights beginnt, verschwimmen immer mehr. Ein Beispiel gefällig?

    Würde hilfreich sein ...

    Nimm mal Bookrix. Das ist eine riesige Plattform für junge Autoren. Dort gibt es immer wieder Autoren, die ein erfolgreiches Buch als Schreibvorlage benutzen. Die ursprünglichen Autoren haben erhebliche Mühe, ihre Rechte durchzusetzen.

    Diese Plagiate werden doch sicherlich im Verdachtsfall gelöscht.

    Christian Kracht lässt sich von der Promikanzlei Johann Schwenn vertreten. Das steht jedem frei. Ist derselbe Text mit Anwalt 'Popliteratur' und ohne Anwalt eine Copyrightverletzung? Ganz klar, die Grenzziehung wird immer schwieriger.

    Das sind aber sicherlich Ausnahmen. Für mich ist immer noch klar, was Plagiat ist und was nicht.

    Nimm mal die Unterhaltungsliteratur. Bei den Vampirmädels wird gnadenlos abgeschrieben. Die Tolkien-Revival-Revivals, die Pathologinnen-Geschwader - überall hast du diese Erscheinung. Das Internet erlaubt die Suche in einem gewaltigen Fundus. Das Ergebnis dieser Suche gehört - eingestanden oder nicht - allen. So wird es gesehen - nicht nur von uns Piraten, auch von den Verlagen.

    Das kann dir als Scanner ja nur recht sein, vermute ich?

    Nun, um das gleich zu sagen, fürs erste werde ich weiter im Verborgenen scannen. Auch die Verlage, die sich fremde Texte aneignen, arbeiten im Verborgenen. Die wollen genausowenig erwischt
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