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Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)
Autoren: Peter de Jonge
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einzugreifen. An einem Freitagnachmittag, am letzten Tag vor den Sommerferien, holte sie ihn von der Schule ab und fuhr einfach drauflos. Sie tranken riesige Becher voll Limo auf ex, redeten und machten erst nach 26 Stunden im ersten Motel Halt. Fünf Tage später näherten sie sich einer Absperrung und starrten mit offenen Mündern auf den Grand Canyon. Wenn sie sich McLain jetzt so ansieht, fragt sie sich, ob sie ihn in die Arme schließen oder ihm einen Arschtritt verpassen soll.
    »Und für Francesca ist das okay, wenn du so lange bleibst? Sie hat dir kein Ultimatum gesetzt?«
    »Bis jetzt nicht. Ich helfe ja auch. Ich kaufe Lebensmittel. Ich räume auf.«
    »Wo schläfst du?«
    »Auf dem Boden im Schlafsack.«
    Treu wie Bruno, denkt O’Hara. Aber wer weiß? Vielleicht wurde er einmal zu häufig getreten.
    »Wann hast du Francesca das letzte Mal gesehen?«
    »Ungefähr um halb neun am Mittwochabend. Sie war mit Freundinnen zum Essen verabredet. Danach wollten sie noch in einem neuen schicken Laden was trinken gehen. Ich weiß aber nicht in welchem.«
    »Weißt du, wie die Freundinnen heißen?«
    »Nein. Ich habe sie nie kennengelernt. Ich bin ziemlich sicher, dass sich Francesca wegen mir schämt. Die eine ist die Tochter eines berühmten Künstlers.«
    »Was hast du gemacht, nachdem sie gegangen war?«
    »Habe für unser Thanksgiving-Dinner eingekauft.«
    »Wo hast du eingekauft?«
    »In einem 24-Stunden-Supermarkt auf der Avenue A, auf der Höhe der 4th Street.«
    »Wann bist du dorthin?«
    »Ungefähr um eins, vielleicht ein bisschen später. Ich glaube, ich habe den letzten Truthahn in ganz New York City erwischt. Am nächsten Morgen bin ich um sieben aufgestanden und habe angefangen zu kochen.«
    »Wer hat dir das Kochen beigebracht, deine Mom?«
    »Machen Sie Witze? Meine Großmutter.«
    Voll in die Nesseln gesetzt, denkt O’Hara und eine Sekunde lang hat sie ein ebenso schlechtes Gefühl wie wegen Axls Thanksgiving in der Vorstadt.
    »Hast du den Kassenzettel aufgehoben?«
    »Nein. Warum sollte ich?«

     

5
     
    Am Samstag konzentrieren O’Hara und Krekorian ihre Talente in der Verbrechensbekämpfung auf eine Handtasche im Wert von siebzehn Dollar, die am Abend zuvor in einem Dunkin’ Donuts auf der Delancey Street entwendet wurde. Als sie dort eintreffen, hat der Ladenbesitzer die Gaunerei bereits auf Video vorbereitet. Die Szene wirkt ein bisschen wie aus Oliver Twist. Das Opfer, eine Afroamerikanerin von etwa 35 Jahren, zieht sich einen Kaffee und eine Comedy-Sendung im Fernsehen rein, als die 1,50 Meter große und einhundert Kilo schwere Astrid Canozares durch die Tür watschelt. Sie schiebt einen Kinderwagen vor sich her und hat zwei hyperaktive Kinder im Schlepptau. Während die Kinder für Ablenkung sorgen, wirft Canozares die Handtasche der Frau in den Kinderwagen. Mutter, Kinder und Baby sind plötzlich gar nicht mehr hungrig und verlassen den Laden. O’Hara und Krekorian wissen, dass der Kinderwagen leer ist und die Kinder nur geliehen sind, denn sie haben Canozares in den vergangenen sechs Monaten bereits dreimal verhaftet.
    »Der Workaholic unter den fettsüchtigen Kleptomaninnen der Lower East Side«, sagt Krekorian.
    »Zweifellos«, sagt O’Hara.
    Obwohl sie wissen, wo Canozares und die Familie wohnen, die sie mit Requisiten und Extras ausstattet, brauchen sie den ganzen Abend, um sie aufzuspüren. Die Vernehmung und alle weiteren Formalitäten nehmen weitere vier Stunden in Anspruch. O’Hara und Krekorian führen die Festnahme gemeinsam durch, aber weil sie an der Reihe ist, schreibt sich O’Hara die Überstunden alleine gut, was der eigentliche Sinn der Übung ist: Aus siebzehn gestohlenen Dollar werden so zusätzliche 176 Dollar auf O’Haras nächster Gehaltsabrechnung. Es ist eine lange träge Nacht und O’Hara hat viel Zeit, über David McLain und Francesca Pena nachzudenken, wobei sie sich um den verloren wirkenden Jungen größere Sorgen macht als um das vermisste Mädchen.
     
    Am Sonntag beginnt ihre Schicht um sechzehn Uhr und im trüben Licht der Dämmerung wirkt das niedrige gedrungene Reviergebäude mit seinen Fensterschlitzen mittelalterlich. O’Hara sagt sich, dass sie die Sache frühestens am Abend ernst nehmen wird, aber als sie McLain anruft und erfährt, dass er noch immer nichts von Pena gehört hat, zieht sie ihre mit Kaffeeflecken übersäte Liste von Krankenhäusern und Notaufnahmen aus der Schublade und beginnt zu telefonieren: das Beth Israel und das St.
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