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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs
Autoren: Stefan Blankertz
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dürfen, um wen es sich bei dem hochgewachsenen Unbekannten aus dem Morgenland handelte!
    »Pfaffenkönig Wilhelm«, so berichtete der langsame Gisbert vollmundig, »hat, wie Ihr es kundgetan bekamt, seinen ärgsten Feind niedergerungen, den bei den Seinen wohlgelittenen Grafen von Dampierre, den Buckligen – verehelicht, wie Ihr durchaus wisst, mit der Gräfin Margaretha von Flandern, größte Stütze des jüngst verstorbenen Kaisers. Da Ihr es nicht glauben könnt, wie der zarte Feigling den buckligen Hünen hätte besiegen können, so werde ich es Euch hiermit beweisen. Denn ich vernahm dies von jemandem, der dabei gewesen ist. Doch möchte ich diejenigen unter Euch warnen, die Freunde des Pfaffenkönigs sind und ihn als Helden verehrt sehen wollen: Das, was ich über ihn gehört habe, gereicht ihm keineswegs zur Ehre.
    Der Pfaffenkönig war, wie es heißt, mit seinem Gefolge auf dem Wege nach Therouanne, um mit der holden Gräfin Margaretha zu verhandeln. Da stellte sich ihm der bucklige Dampierre in den Weg, stieß Verwünschungen aus und forderte einen ritterlichen Zweikampf, der zu seinen Ungunsten ausgehen sollte. Nun weiß ich aber, dass es sich so nicht zugetragen hat.
    Wie denn, fragt Ihr mich. Ich will Eure Geduld nicht auf die Probe stellen und es Euch geradewegs so berichten, wie es mir unter Eid berichtet worden ist.
    Dampierre nämlich war schon auf den Tag genau den Monat zuvor einem Haufen morgenländischer Teufel in die Hände gefallen. Gott allein weiß, wie sie sich so weit hinauf in den Norden wagen konnten, und so beschütze er uns davor, dass wir ebenso unter ihnen zu leiden haben werden. Sie misshandelten Dampierre gar fürchterlich, brachen ihm nicht nur die Nase, sondern auch die Arme, so dass der Bedauernswerte gebettelt haben wird, sie mögen ihm auch gleich das Genick brechen. Dies aber taten sie nicht, eingedenk, dass er ein wertvolles Unterpfand sei im Streite der Oberen.
    So begab sich einer von ihnen, der sich nämlich auf ein halbwegs gutes Benehmen versteht, ein hochgewachsener Araber, den seine Spießgesellen Sultan zu nennen belieben, zum Pfaffenkönig Wilhelm. Der Bucklige stand ihm nämlich schon lange im Wege bei der Überwindung seines Widersachers, unserem rechtmäßigen König Konrad IV. Gegen einen unermesslichen Schatz aus Gold und Silber übergaben die Ungläubigen den Buckligen. Jedoch nahmen sie ihm nicht das Leben, sondern setzten ihn auf einer Lichtung aus, damit der Pfaffenkönig sein vorgetäuschtes Heldenstück liefern konnte. Dergestalt also fügte es sich, dass diejenigen, die Ihr für fromm haltet, mit den Ungläubigen zusammen einen anderen Christen metzelten, eines weltlichen Zwistes wegen.
    Der Pfaffenkönig zog demnach an den mit den Unholden abgesprochenen Ort, um den Buckligen dort auf unwürdige Weise abzuschlachten. Der Unglückliche aber vermochte sich seiner gebrochenen Arme wegen des feigen Angriffs nicht zu erwehren. Der zügellose Hass des Pfaffenkönigs brachte diesen dahin, den verabscheuten Widersacher nicht mit einem Hiebe zu meucheln, sondern ihm weiteres Leid zuzufügen, bevor ihn der Tod erlöste. – Ich möchte nun nicht, dass Ihr meine Treue und Liebe zu unserem ehrwürdigen Vater und Herrn Erzbischof in Zweifel zieht, jedoch wünschte ich, wie Ihr wohl auch, dass er sich nicht beteilige an Dingen, die weder unserer Stadt noch dem Ansehen der glorreichen Kirche Jesu Christi zu dienen vermögen.«
    Dies also war, ohne dass ich es ahnen konnte, die erste Ankündigung der Prüfung, die dem Allmächtigen uns aufzuerlegen beliebte.

Gott, unser himmlischer Vater, unterscheidet die Menschen an den Zeichen ihres Herzens, nicht an ihrem Stand oder anderen äußeren Zeichen. Dass er meine Herrin nach besagter Prüfung in der Weise überhöhte, in der es ihm gefiel, mag nur den verwundern, der sich nicht erinnern will, dass die vollkommenste Anerkennung unter allen Menschen der seligen Gottesmutter Maria zuteil wurde.
    Die tiefe Frömmigkeit, die die Heilerin Magdalena von Köln uns ins Herz gelegt hat, lässt uns ihre Geschichte für die Nachwelt bewahren – eine Nachwelt, von der ich wünsche, dass sie eher in der Lage sein wird, der hohen Herrin die ihr zweifellos zustehende Ehrerbietung zuteil werden zu lassen. »Eher«, das heißt: eher als die frommen Heuchler, von denen ich in aller Demut annehmen möchte, dass sie auch unseren Bruder Jesus Christus ein weiteres Mal gekreuzigt hätten.
    Darum erdreiste ich mich als elende Sünderin, diese
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