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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs
Autoren: Stefan Blankertz
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Name ist mir geläufig. Er heißt Ragnar. Ich schäme mich, dass ich nicht stark genug bin, um ihn davon abzuhalten, in mich zu fahren.«
    »Du kennst Ragnar gut.« Das Gespräch zwischen der Heilerin und dem König nahm nun das Merkmal einer Unterhaltung unter gleichrangigen Vertrauten an.
    »Ja, er kommt immer, wenn ich einen Sieg errungen habe, auf den ich stolz sein kann. Dann kommt Ragnar und lacht. Er lacht mich aus, weil ich überheblich bin und nicht demütig vor Gott.« Der König sagte dies ganz ruhig.
    »Ragnar kommt von Gott?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe Angst.«
    »Hast du Ragnar schon einmal befragt?«
    »Befragt?«
    »Frage ihn. Sage: Ragnar, wer bist du? Woher kommst du? Und was willst du von mir?«
    »Wer ist Ragnar? Woher kommt er? Was will er von mir?«
    »Frage ihn. Sprich ihn an. Ich kann dir die Fragen nicht beantworten, nur er.«
    »Ragnar, wer bist du? Woher kommst du? Und was willst du um Gottes willen von mir?«
    »Was sagt Ragnar?«
    Durch eine schrille Stimme, überreizt, wie wir sie vom König nicht kannten, vernahmen wir erschaudernd dies:
    »Blut will ich, das Blut deiner Schutzbefohlenen, viel Blut, sehr viel Blut. Und dann werde ich dein Blut nehmen, wenn du uns nicht mehr genug Blut gibst.«
    Noch heute sucht mich, besonders des Nachts, diese Stimme bisweilen heim und jagt mir den Schrecken durch Mark und Bein. Die Heilerin aber wich nicht zurück und ließ sich nicht beeindrucken wie wir anderen, sondern sprach ganz ruhig:
    »Wilhelm, sage Ragnar, dass du dich nicht zufriedengibst mit Geschwätz. Er muss sich dir offenbaren, sagen, warum er dein Blut will.«
    Wieder hörten wir alle, die wir hier versammelt waren, diese schreckliche schrille Stimme, die den ganzen Raum erfüllte und von sehr weit weg zu kommen schien.
    »Nie sollst du dich deiner Siege freuen können an der Seite einer kalten Königin, die du dir nicht selbst zur Frau erwählt hast.«
    »Ragnar hat dir noch mehr zu sagen, Wilhelm.«
    »Dein Schmerz soll sich steigern an der Seite einer schönen Dame, der du nie die Ehre wirst geben können, Königin zu werden, so sehr sie auch die Königin deines Herzens ist.«
    »Frage Ragnar, ob er denn ein Abgesandter des Herrn sei«, forderte die Heilerin.
    »Gott verachtet dich für deine Sünden, damit bist du dann nämlich das Brot des Teufels, meines Herrn, dem ich diene.«
    »Nun ist es genug. Wir wissen, was wir wissen müssen«, sagte die Heilerin etwas lauter und rüttelte den König ein wenig. Der König schlug die Augen auf, und im gleichen Augenblick wurde es taghell im Raume. Wilhelm konnte auf seine Konkubine schauen, die Tränen der Rührung in den Augen hatte, wie alle, die versammelt waren. Der König nämlich blinzelte und sagte in seiner vertrauten Stimme: »Er ist weg. Ragnar, der schwarze Teufel, ist weg und wird nicht wiederkommen.«
    In vollem Lichterglanz aber erstrahlte Magdalena, die Heilerin, die sich aufgerichtet hatte. Sie hob die Arme und drehte die Handflächen nach außen. Aus den Wundmalen Christi schlugen Feuerzungen, die jedoch nichts aufzehrten. Zurück blieb ihre versengte Haut, die jedoch wundervoll nach Weihrauch duftete.
    Seine Unwürden bekreuzigte sich und sagte: »Es ist ein Wunder geschehen, wie es die Sterne vorausgekündet haben. Ich bezeuge das. Unser hochgeehrter, uns besonders verbundener König, Wilhelm, dessen demütiger Diener zu sein er uns gnädig gestattet, wir glauben, es ist der Wille des Höchsten, dass wir Eure Ehe aufheben im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dem Barmherzigen, der für unsere Sünden gestorben ist, auch die, die wir noch begehen werden. Die Königin ist in Köln ohnehin nicht beliebt. Ihr aber wisst, auf was Ihr verzichtet!«
    Meine hohe Herrin beachtete das abergläubische Gerede von seinen Unwürden, dem Erzbischofe und Fürsten von Köln, nicht, sondern befahl mir, dem König und seiner Herzensdame ein heißes Bad zu bereiten. Sie schickte mich zu ihrer Freundin, der Krohn-Apothekerin, jenes Kraut zu holen, welches sie als »verkehrten Dill« bezeichnet. Dies sollte ich dann in das erhitzte Badewasser werfen. Ich tat, wie sie mir befohlen hatte, und die Heiligkeit meiner hohen Herrin wurde uns offenbar.

Am Tage nach diesem Wunder redete die ganze Stadt davon. Ob auf dem Heumarkt, auf dem Neumarkt, auf der Dombaustelle, ob in den Gassen der Hufschmiede, der Zimmerleute, der Tuchmacher oder der Bäckermeister, ob in der Schwalbengasse, der Judengasse oder bei den Ratsherren, überall sagte man,
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