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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs
Autoren: Stefan Blankertz
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Aufzeichnungen zu beginnen, und, so Gott es zulässt, fertigzustellen. Nicht nur mir, sondern auch Gott wäre es wohlgefälliger, wenn höhere Menschen sich dazu berufen gefühlt hätten. Wir aber leben nämlich in der Zeit, in der die Hohen Niedriges tun, und drum müssen die Niedrigen also Hohes tun.
    Diejenigen Begebenheiten im Leben der hohen Herrin, die ich offensichtlich nicht selbst bezeugen kann, ergänze ich aus den Zeugnissen von Menschen, deren Ehrenhaftigkeit mich an ihren Worten nicht zweifeln lässt.
    Ich verspreche bei meiner heiligsten Jungfrau Maria, dass ich nichts auslassen oder beschönigen werde, auch das nicht, was Magdalena an Sünden begangen hat: Denn ihre Sünden sind ihrem Menschsein geschuldet, das ihr doch nichts von ihrer Heiligkeit zu nehmen vermag.
    So spreche ich die Geschichte der seligen Magdalena von Köln, gestorben ihrer Barmherzigkeit wegen, in aller Ehrfurcht vor dem Herrn, meinem geliebten Sohne zur Nachschrift vor, so dass er sie dem höchsten Priester und unserem besonders verbundenen Vater, Herrn und Papst in Rom zur wohlgefälligen Kenntnis bringen und bei ihm in vollendeter Demut um die Heiligung ihrer Person nachsuchen kann.

    Niedergeschrieben von P. Johannes OP in Gehorsamkeit und Dankbarkeit gegenüber Hadwig, seiner Mutter, aufbewahrt für die Nachwelt im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1275. Ehre sei Ihm, der einzigartig glücklich ist, und alle Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

E R S T E S B U C H :
D I E S Ü N D E R I N

W I R S Ü N D E R

    Sünder sind wir von Beginn an, weil wir die Folge der Sünde unserer ersten Eltern in unserer Natur zu tragen haben. Darum, weil doch niemand von uns ohne Sünde ist, darf sich nämlich keiner von uns aufgerufen fühlen, über den anderen zu richten. Dies ist vielmehr allein Aufgabe unseres Herrn. Er aber ist ein gnädiger Richter, denn er ist auch unser Bruder.
    Darum bitten wir unseren heiligen Vater in Rom, dass er uns erlauben möge, als unser Hauptgebet zu sprechen:

    »Für all jenes, was ich unterließ zu denken, gleichwohl ich es hätte denken sollen.
Für all jenes, was ich unterließ zu sagen, gleichwohl ich es hätte sagen sollen.
Für all jenes, was ich unterließ zu tun, gleichwohl ich es hätte tun sollen.
Für all jenes, was ich gedacht habe, gleichwohl ich hätte unterlassen sollen, es zu denken.
Für all jenes, was ich gesagt habe, gleichwohl ich hätte unterlassen sollen, es zu sagen.
Für all jenes, was ich getan habe, gleichwohl ich hätte unterlassen sollen, es zu tun:
Für all jene Gedanken, Worte und Taten bitten wir durch dich, heilige Magdalena, um Vergebung.«

K A P I T E L I

    »Gott, was auch immer du mir gibst, ist mir zu gering.«

    Augustinus

    Es begab sich aber am Gedenktag Usuards, zwei Monate, nachdem die hohe Herrin mich im Jahre des Herrn 1252 als Magd zu sich nahm, dass der durch den Volksmund als »Pfaffenkönig« verlästerte Wilhelm II. von Holland gedachte, in seinem treuen Köln Hof zu halten. Seine Unwürden, wie ich den nannte, den alle anderen als »ehrwürdigen Vater und Herrn Erzbischof Konrad von Hochstaden« ansprachen, bot ihm nach alter Sitte Behausung. Das Fest, das dem König zu Ehren gegeben wurde, war so glanzvoll, wie es Köln nicht seinesgleichen gesehen hat. Und so nämlich gebührt es dem Sieger, obwohl vielerorts gezweifelt wurde, dass jemand, der sich kaum im Sattel halten kann, geschweige denn mit dem Schwert umzugehen versteht, es fertig gebracht haben sollte, den kräftigen Grafen Dampierre den Buckligen zu überwinden.
    Meine hohe Herrin saß würdevoll neben dem Erzbischofe, dessen Unglück ich in mir trug und das umso größer gewesen wäre, hätte sie mich nicht in ihren Haushalt aufgenommen. . (Möge Gott ihn mehr für seine als mich für meine Sünden strafen.) Auch der König hatte seine Konkubine neben sich sitzen, während die Königin dem Vernehmen nach ihre Aufgaben in Braunschweig erfüllte. Man muss aber wissen, dass seine Unwürden als ein außerordentlich schöner Mann galt, dessen Leibesfülle ebenso Zeichen seines Wohlstandes wie Träger seiner Wohlgeformtheit und seines Wohlgeruches war. Nur durch den gewitzten Putz, den meine Herrin erdacht hatte, ließ es sich vermeiden, dass ihm mehr Zuneigung zuteil wurde als dem König, was freilich nicht sehr schicklich gewesen wäre.
    Der scheue König entsprach, obgleich er sich dieses Mal mit Bart zeigte, der ihn männlicher erscheinen ließ, so überhaupt nicht der wuchtigen Gestalt des Ritters,
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