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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs
Autoren: Stefan Blankertz
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den wir erwarteten, oder der Fülle der Amtswürde, die der Erzbischof ausstrahlte. Eher glich er einem fleischlosen Reh im Winter – und das, obgleich er doch mit viel Brokat umkleidet war. Bei seinem letzten Hofe in Köln war er bartlos gewesen und in Begleitung der Braunschweigerin, die sich aufführte wie seine Mutter. Diese harte Königin mit dem Blick des Habichts, deren unchristliches Benehmen uns noch gut in Erinnerung war, hatte das Gold der Krone auf ihrem Haupt grau erscheinen lassen. Da ihre Interessen dem Vernehmen nach in Braunschweig lagen, entbehrte sie des notwendigen Wohlwollens gegenüber unserem schönen Köln.
    Umso erfreuter wurde der König diesmal aufgenommen zusammen mit seiner liebreizenden Konkubine, deren Haut wie Seide glänzte und deren Kopf auch ohne Krone von einem Goldhauche umgeben zu sein schien. Ihr ganz und gar feuerrotes Gewand, dessen morgenländisches Tuch offensichtlich in Florenz genäht worden war, wollte jeder befühlen, der durch seine Nähe zu ihr die Gelegenheit dazu bekam.
    Da es um diese Jahreszeit selbst zu so früher Stunde schon dunkel war, wurde der große Festsaal des Erzbischofs, Fürst von Köln, mit sechzig Fackeln erleuchtet, während es zwei mächtige Feuer vollbrachten, die Kälte aus jedem Winkel zu vertreiben. So heiß wurde es, dass meine hohe Herrin gar ins Schwitzen geriet und ich ihr die Stirn tupfte, vorsichtig, um den Aschestaub nicht abzuwischen, mit dem sie ihre Haut stumpf gemacht hatte, damit sie nicht mehr strahle als die Konkubine des Königs. Auch mit Schmuck hatte sie sich zurückgehalten. Ich aber fand, dass Magdalena, obwohl die Konkubine des Königs durchaus, wie gesagt, eine Augenweide war, in ihrer Schlichtheit mehr Schönheit ausstrahlte als je zuvor.
    Als der Truchsess den mit teuerstem Rohrzucker gesüßten Hirschen auf den feinsten Silberschalen von ganz Köln auftragen ließ, da traten dann auch die Aachener Spielleute hervor – sie verschlangen Feuer und zerkauten Steine und trieben alle jene derben Possen, an denen sich schon viele kranke Könige gesund gelacht hatten. Schließlich sangen sie beim lieblichen Klange von Doppelflöte und Rebec ein Lied von einem, der auf den Namen Konrad von Würzburg hörte:

    Swâ tac erschînen sol zwein liuten,
die verborgen inne liebe stunde müezen tragen,
dâ mac verswînen wol ein triuten:
nie der morgen minnediebe kunde büezen klagen.
er lêret ougen weinen trîben;
sinnen wil er wünne selten borgen.
swer mêret tougen reien wîben
minnen spil, der künne schelten morgen.

    Wenn es Morgen dämmern soll den Paaren,
verborgen drinnen Liebe machten,
erstirbt wohl jedes Liebesschmachten:
Klagen kann er ihnen nicht ersparen.
Den Augen lehrt er, sich zu trüben.
Wonnen gönnt er nicht den Sinnen,
Heimlich schöne Weiber minnen,
das heißt den Morgen fluchen üben.

    Der König kraulte sich geistesabwesend seinen rotgelockten Bart und schien sich nicht angemessen an diesen so herrlich für ihn zubereiteten Speisen und den Spielen zu erfreuen, nämlich weil ihn das schwere Gemüt überfiel, wie wir es nannten. Die heftig pochenden Schmerzen im Kopfe werden, so sagte die hohe Herrin, von einem widerwärtigen Dämon verursacht, der die Menschen, die er befällt, in den Tod durch die eigene Hand treiben will, um ihre Seelen dem Teufel zuzuführen, dem der Dämon dient.
    Herzog Chlodwig, der ohne seine Gemahlin Leutsinda gekommen war . (man erzählte sich, die beiden gingen einander aus dem Wege) und der meinte, mehr jugendliche Kraft zu verströmen, als es seinen Jahren angemessen war, brachte Magdalena allerlei schöne Worte entgegen, bis sie ihn unbeeindruckt fragte, ob er denn nicht starke Schmerzen habe. Auf seine verwunderte Gebärde hin erklärte sie ihm, er müsse ihrer Beobachtung nach unter starker Gicht leiden. Er könne sich dagegen schützen, indem er in der Krohn-Apotheke auf der Gravegaze einen nach dem Rezepte der Heilerin Hildegard von Bingen gebackenen Kuchen verzehre, der Goldstaub im Wert von einem Obolus enthalte. Das Gold nämlich speichere die Sonne und dies lindere das Leiden, das der Feuchte und Kälte entspringe. Derart als alter, leidender Mann bloßgestellt, vermied Herzog Chlodwig hinfort die Gesellschaft meiner hohen Herrin.
    Tapfer überstand Wilhelm das Fest, fragte dann allerdings den Erzbischof um Rat. Dieser empfahl ihm die Kunst meiner hohen Herrin, die ihn sicherlich zu heilen verstünde; die Aussicht auf Heilung sei sehr groß, da, wie ihm sein Astrologe gesagt
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