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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs
Autoren: Stefan Blankertz
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der König sei durch seine Konkubine zum Manne und durch die Konkubine des Erzbischofs zum Helden gemacht worden.
    So sprach auch Ursula, die Frau des Fleischhauers Peter, meine hohe Herrin an, als diese zur Non in die Krohn-Apotheke eingetreten war, um ihre Freundin zu besuchen. Die besagte Apotheke befand sich in der Nachbarschaft des Dominikanerklosters, aus dessen Garten diejenige Medizin stammte, die nicht aus fernen Ländern hergeschafft werden musste.
    Die Krohn-Apothekerin war eine glühende Anhängerin der Heilerin Hildegard von Bingen und man konnte bei ihr alles bekommen, was diese als Arznei gepriesen hatte, um einen Menschen von Krankheit zu befreien, wenn Gott ihn gesund machen und nicht sterben lassen will: Salbe aus Bärenfett mit Asche vom Weizen- und vom Kornstroh gegen Haarausfall; eine Mischung aus Käsekraut, Salbei und Olivenöl für Umschläge bei Kopfschmerzen; Puder von Kalmus, Fenchel und Muskatnuss gegen Lungenleiden; eine Tinktur aus Wermut, Eisenkraut, Wein und Zucker gegen Zahnschmerzen; verschiedene Fleischspeisen, die getreu der Rezeptur der Heiligen so zubereitet werden, dass deren Genuss entweder der Zeugungsunfähigkeit des Mannes oder der Unfruchtbarkeit der Frau entgegenwirkt; ein Brennnessel-Olivenöl zum Einreiben bei Vergesslichkeit und vieles mehr. Berühmt waren auch ihre nach einem Hildegard-Rezept gebackenen Gicht-Kuchen, die allerdings, so hörte ich, nicht so viel Gold enthielten wie angegeben. Es gab hier auch den »verkehrten Dill«, das Wundermittel gegen die »Sünde der Gefühllosigkeit«, das die Apothekerin besonders an die Badehäuser lieferte.
    Ursula, ihrer Geschwätzigkeit wegen weithin gefürchtet, sagte ohne Umschweife: »Ihr habt ein Wunder gewirkt.«
    Die hohe Herrin antwortete abweisend: »Wir müssen unsere Kräfte einsetzen, unterschiedslos bei allen Menschen.«
    »Und umso besser, je höher der Herr«, schnatterte die Fleischhauer-Frau leichthin weiter. »Doch in diesem Falle, da Ihr den König selbst geheilt habt, ist Euer Verdienst zweifellos am größten.«
    »Oder am geringsten. Denn es steht geschrieben: Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass ein Machthaber eingeht ins Himmelreich.« Magdalena ließ keine Anzeichen erkennen, die Unterhaltung fortzusetzen, war aber höflich genug, aufrichtig zu antworten.
    »Davon habe ich gehört«, sagte Ursula mit verschwörerisch gesenkter Stimme. »Es gibt Mönche, die die evangelische Armut predigen, Franziskaner oder Dominikaner sind es. Ihre Predigten stützen sich auf diesen Satz aus der heiligen Schrift. Der ehrwürdige Vater und Herr Erzbischof sagt, sie seien Ketzer. Seid Ihr Anhänger von diesen – Leuten?«
    Bevor meine Herrin antworten konnte, wurden wir von einem hochgewachsenen Fremden abgelenkt. Der Fremde war ein morgenländisch aussehender Herr mit ebenmäßigen, dunklen Gesichtszügen, eingehüllt in vornehmem Tuche. Sein großer, gebieterischer Mund und das energische Kinn bildeten einen eigenartigen Gegensatz zu der ulkig gebogenen Nase zwischen den spitzbübischen, wie zwei falsche Edelsteine blitzenden Augen. Er sagte, indem er sich mit einer beinahe ungelenk wirkenden Verbeugung meiner hohen Herrin zuwandte: »Meint auch Ihr, dass Franziskaner und Dominikaner sich gleichen?«
    »Wer seid Ihr?«
    »Das offenbare ich Euch, wenn Ihr mir erst meine Frage beantwortet habt.« Der Versuch, formvollendete Höflichkeit zu wahren, paarte sich im Gebaren dieses Fremden mit einem unbedingten Verlangen nach Gehorsam. Er wirkte auf mich anziehend, aber doch auch gewissermaßen unheimlich und furchterregend, ohne dass ich sagen konnte, warum. Hatte uns der langsame Gisbert nicht vor umhervagabundierenden morgenländischen Teufeln gewarnt? Nicht, dass das vor uns stehende Mannsbild ein Vorbote war! Vielleicht der, von dem der langsame Gisbert gesagt hatte, er verstünde sich auf ein »halbwegs gutes Benehmen«. Das konnte aber nicht sein. Der Fremde hier verstand sich auf ein untadeliges Benehmen. Dahinter allerdings schien sich etwas zu verbergen, meiner Einschätzung nach jedoch eher Spitzbübigkeit als Mordlust.
    »Beide predigen evangelische Armut , wenn ich mich recht entsinne. Unser ehrwürdiger Vater und Herr Erzbischof mag sie nicht und hat in Rom beim heiligen Vater eine Beschwerde gegen sie vorgebracht. Der Papst hat sich nicht beeinflussen lassen. Das bewirkt seine Kraft, die Gott ihm gegeben hat, um gerecht zu sein. Wie unterscheidet Ihr sie denn?«
    »Die einen, die sich nach dem
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