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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs
Autoren: Stefan Blankertz
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heiligen Dominikus nennen, sind, je ärmer an substanziellem Reichtume, umso reicher im Geiste. Die anderen«, der Fremde schüttelte sich auf eine übertriebene Weise, die ihn im Gegensatz zu seinem vornehmen Äußeren eher lächerlich erscheinen ließ. »Die anderen, deren Namen ein zweites Mal am heutigen Tage auszusprechen der Leibhaftige mich nicht versuchen kann, sind überdies auch noch arm im Geiste.«
    »Diese Frage und Euer Hass auf die eine Seite scheint Euch sehr zu beschäftigen, obgleich Ihr nicht ausseht wie einer der Unsrigen.« Magdalena hatte ihren neckischen Zug um den Mund, den die Männer an ihr so liebten.
    Der Fremde schien das jedoch nicht zu bemerken und gab gekränkt zurück: »Mein Fleisch mag dem Orient entstammen, mein Herz aber ist christlich.«
    »Nun denn, sagt, wer Ihr seid!«
    Erneut verbeugte sich der Fremde, es wirkte auf mich jedoch wieder fast so, als sei es ungeübt. »Mein Name ist Ibn Rossah, oder, wie Ihr Lateiner sagen würdet: Averom. Ich bin Gelehrter und Arzt aus Alexandria, einer Stadt mit christlichem Herzen, wie Ihr wohl wisst. Geschäfte haben mich in Euer schönes Köln geführt. Gerade zur rechten Zeit, wie ich meine, um Eure Kunst zu bewundern.«
    »Da Ihr Euch Arzt nennt, könnt Ihr wahrscheinlich viel mehr bewirken als ich mit meinen bescheidenen Kräften.« Im Gegensatze zu des Arabers Steifheit war meine hohe Herrin gelöst und fröhlich wie selten. »Ich würde mich glücklich schätzen, wenn es mir gelänge, mehr von den Schriften Eures berühmten Avicenna zu lesen.«
    »Dies ließe sich vielleicht einrichten. Dennoch solltet Ihr, ich bitte Euch um meinetwillen, Eure Fähigkeiten nicht zu niedrig einschätzen, nach dem, was ich gehört habe.«
    »Mein Lieber«, buhlte die hohe Herrin, »wollen wir unser Gespräch nicht fortführen bei einem herrlichen Weine, der für beides, Geist und körperliche Substanz, in gleicher Weise sorgt?«
    Also gingen sie vorbei an dem Platz, an dem vor drei Jahren mit dem Bau eines neuen, prachtvollen Domes nach nordfranzösischem Vorbilde begonnen worden war . (dessen Plan, wie man erzählt, der Magister Albertus im Traume von der Jungfrau Maria empfangen hatte), in Richtung auf das jüdische Viertel, wo nicht weit vom Rathaus gegenüber der Marspforte die edle Heimstatt meiner hohen Herrin lag.

Das große Portal erlaubte die Einfahrt von Kutschen, da der Erzbischof, der dieses Haus unterhielt, hier im großen Saal seine weniger amtlichen Gelage abhielt und seine hohen Gäste von nah und fern mit allem verköstigte, was es an fleischlichen Genüssen zu bieten gab. Unter dem Aufgang duldete meine hohe Herrin zahlreiche »Hausarme«, die sich, der vielen Feste mit reichen Gästen wegen, über fehlende Almosen nicht zu beklagen hatten.
    Während man es sich nun also wohl sein ließ, worauf El Arab, wie ich ihn nennen werde, nicht minder eingeschworen war als meine hohe Herrin, nachdem jener seine Förmlichkeit schneller abgelegt hatte als eine Schlange sich häutet, nahmen sie ihr Gespräch wieder auf, das sie in der Tür der Krohn-Apotheke so unvermittelt begonnen hatten. Sie benahmen sich dabei, als seien sie seit langem vertraut miteinander.
    Die hohe Herrin hatte El Arab in ein eher kleines Zimmer geführt, ihren Lieblingsraum, den sie gewöhnlich nur für sich selbst nutzte. Er lag über der Küche und wurde vom Herdfeuer gewärmt. An den Wänden hingen dicke, vornehmlich in hellem Grün gehaltene Teppiche aus weit entfernten Gegenden, die heidnische Bildnisse zeigten. Derjenige, der mich am meisten beunruhigte, aber auch anzog, offenbarte zwei völlig entblößte Körper, die auf eine mir gänzlich unerklärliche Weise ineinander verschlungen waren. Schon dieser morgenländischen Teppiche wegen war der Raum für Fremde üblicherweise nicht zugänglich.
    »Wenn Ihr so viel von mir bereits gehört habt, Averom, wisst Ihr bestimmt auch, dass ich in Sünde lebe. Stört Euch das nicht?« Meine Herrin warf ihre kastanienfarbenen Locken nach hinten und lachte, denn sie erwartete keine abschlägige Antwort.
    »Wenn es mich stören würde, wäre ich nicht stolz darauf, mich einen Christen nennen zu dürfen.« El Arab nahm einen tiefen Schluck Wein und schaute über den Rand des Kelches, um zu beobachten, wie seine Gastgeberin auf die ungewöhnliche Antwort reagieren würde.
    Diese Antwort war für sie doch noch unerwarteter, als es eine Strafpredigt wider die Pfäffinnen gewesen wäre. »Wie soll ich das verstehen?«
    »Seid Ihr denn
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