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0164 - Flieh, wenn der Würger kommt

0164 - Flieh, wenn der Würger kommt

Titel: 0164 - Flieh, wenn der Würger kommt
Autoren: Jason Dark
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Vor dieser Unterredung hatte sich O. P. Osborne, der Zuchthausdirektor gefürchtet. Doch es gab keinen Weg daran vorbei, er mußte mit diesem Gefangenen reden.
    Seufzend schlug er die Akte des Mannes auf. Da stand der Name. Erwin Wozny.
    Geboren in Polen, eingewandert 1970. Fünf Jahre später von der Polizei festgenommen.
    Da hatte er auch schon seinen traurigen Beinahmen bekommen.
    »Der Würger« wurde er genannt.
    Wozny, der Würger. Das war ein Fressen für die Zeitungen. Sie schlachteten den Fall aus. Wozny wurde in einem wahren Schauprozeß für alle Zeiten hinter Gittern gesteckt.
    Fünf tote Frauen gingen auf sein Konto.
    Man legte Wozny auch nicht mehr mit anderen in der Zelle zusammen, nachdem ein Versuch schiefgelaufen war. Wozny hatte durchgedreht und seinen Zellenkumpan mißhandelt. Der Mann war mit schweren Verletzungen in die Klinik gebracht worden und kam noch einmal mit dem Leben davon.
    Erwin Wozny bekam nun eine Einzelzelle. Dort vegetierte er dahin. Er führte oft Selbstgespräche in seiner Heimatsprache. Da der Direktor gern wissen wollte, was dieser Wozny so alles von sich gab, ließ er einen Gefangenen holen, der polnisch verstand und dem Direktor das Erlauschte übersetzte.
    Vom Teufel hatte Wozny gesprochen. Von der Hölle und einer fürchterlichen Rache.
    Namen wie Asmodina und Destero waren gefallen, doch damit konnten weder der Direktor noch der Übersetzer etwas anfangen.
    Wozny spinnt, hieß es allgemein.
    Und mit diesem Spinner wollte O. P. Osborne nun reden. Vielleicht hatte er sich in den letzten Monaten gebessert, man konnte Wozny ja nicht die gesamten Jahre über in eine Einzelzelle sperren. Außerdem sollte er wie die übrigen Gefangenen arbeiten.
    Es klopfte. Das Geräusch riß den Direktor aus seinen Gedanken. Dann wurde die Tür geöffnet, und das Gesicht einer ältlichen Dame erschien. Sie war Osbornes Sekretärin.
    »Der Gefangene, Sir!«
    »Lassen Sie ihn reinkommen.«
    »Mit oder ohne Bewachung?«
    Osborne überlegte, entschied sich dann vertrauensvoll und erwiderte: »Ohne Bewachung. Die Leute können ja draußen solange warten.«
    »Geht in Ordnung, Sir.«
    Die Sekretärin schloß die Tür nicht völlig, so daß der Zuchthausdirektor durch den Spalt schauen konnte. Er sah die Bewegung im Vorzimmer, dann wurde die Tür wieder geöffnet.
    O. P. Osborne stand auf. Das tat er immer, wenn ein Gefangener kam, obwohl er es gar nicht nötig hatte. Doch Osborne wollte demonstrieren, daß auch die Gefangenen Menschen waren.
    Obwohl der Zuchthausdirektor ein ungutes Gefühl, hatte, ließ er sich nichts anmerken. Er lächelte sogar und sagte: »Ich freue mich, daß Sie gekommen sind und zu meiner Einladung nicht nein gesagt haben.«
    Wozny nickte nur.
    »Nehmen Sie Platz.«
    Der Gefangene schüttelte den Kopf. Er wollte stehenbleiben.
    Ziemlich stur, der Bursche, dachte Osborne und schaute sich Erwin Wozny genauer an.
    Er kannte eigentlich mehr vom Bild. Auf den Fotos hatte Wozny schon schlimm ausgesehen. Seine Gestalt konnte man ruhig mit der eines Menschenaffen vergleichen. Gedrungen, breitschultrig, aber auch gleichzeitig geschmeidig. Vielleicht waren die Beine etwas zu kurz, dafür wuchsen die Arme länger. Hinzu kamen die Pranken des Mannes, die Würgehände, unter deren Druck bereits zahlreiche Menschen ihr Leben gelassen hatten. Sie waren ebenfalls überaus kräftig, und auf den Fingern wuchsen schwarze Härchen. Der Kopf zeigte sich im Verhältnis zum Körper ziemlich klein. Er erinnerte mehr an eine Kugel, war sehr rund, die Ohren standen ein wenig ab, die Nase schimmerte immer etwas rötlich, der Mund wirkte wie ein fleischiger Klumpen, die Augen blickten verschlagen. Das grau gewordene Haar hatte er zu einer Bürste geschnitten, und die blaue Anstandskleidung aus derbem reißfestem Stoff zeigte kaum einen Flecken. Kein Wunder, er tat ja auch nichts.
    O. P. Osborne räusperte sich, als er den stechenden Blick des Gefangenen auf sich spürte.
    Irgendwie fühlte sich der Direktor ertappt bei seiner Seelenanalyse.
    »Sie wollen sich wirklich nicht setzen?« fragte er.
    »Nein.«
    Wozny sagte nur dieses eine Wort, doch es reichte, um zu merken, daß er sich sprachlich längst nicht akklimatisiert hatte. Er redete noch mit dem sehr harten osteuropäischen Akzent. Abermals fragte sich der Direktor, ob er keinen Fehler begangen hatte, Wozny in sein Büro zu holen, nun, das ließ sich nicht mehr ändern.
    Osborne hatte sich wieder gesetzt und schlug die Strafakte des Mannes weiter
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