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Desperado der Liebe

Titel: Desperado der Liebe
Autoren: Rebecca Brandewyne
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Prolog
    Die Entführung einer Gringo-Braut
    High Siena, Texas 1913
    Zunächst glaubten sie, es sei das Krachen von Feuerwerkskörpern.
    Ein durchaus verständlicher Irrtum, wie Araminta sich später, sehr viel später, sagen sollte, als der erste Schrecken tiefer Wut und einer Furcht gewichen war, die größer war als die vor ihrer Hochzeitsnacht, zu deren feierlichem Anlaß das Feuerwerk bestimmt war. Im ersten Moment jedoch hatte sie, ebenso wie die übrigen Gäste, die sich auf der High Sierra, der Ranch ihres Großvaters Noble Winthrop, eingefunden hatten, den kleinen Explosionen am nächtlichen Himmel kaum Beachtung geschenkt. In ihrem Kopf hatte ein dumpfer Schmerz gepocht, ihre Sinne waren wie betäubt gewesen vor Kummer und von zuviel Champagner, und doch hatte sie die ganze Zeit tapfer und höflich gelächelt - während der schier endlosen Trauungszeremonie, die im Innenhof der Ranch stattfand, unter einem weißen Baldachin zum Schutz vor der sengenden Sommersonne, und auch während des sich anschließenden üppigen Festmahls,- selbst später noch, als sich die Damen der Gesellschaft, von der Hitze vertrieben, ins kühle Haus zurückzogen und sich dort ausruhten, während die Männer den Schatten des breiten Portikus aufsuchten, wo es reichlich Drinks und Zigarren gab; und sie hatte auch den ganzen Abend über gelächelt, als es galt zu promenieren, zu tanzen und zu feiern - doch dieses Lächeln erstarrte nun auf ihrem Gesicht.
    Araminta war keine glückliche Braut; nichts wünschte sie sich in ihrer Erschöpfung mehr herbei als das Ende dieses strapaziösen Tages; sie sehnte sich nach einem heißen Bad und ihrem Bett. Und doch hielt sie den äußerlichen Schein der Ausgelassenheit aufrecht, solange es ging, um nur ja den Moment möglichst lange hinauszuzögern, wenn sie und ihr angetrauter Ehemann die Treppe zu ihrem Schlafzimmer hinaufgehen würden; denn der Gedanke an das, was ihr in dieser Nacht noch bevorstand, erfüllte sie mit Grausen. Für einen Moment erstarb ihr Lächeln, ehe sie sich wieder fing und einmal mehr ihre wahren Empfindungen verbarg, während sie innerlich inständig betete, es möge ein Wunder geschehen und sie vor der unerwünschten Zuwendung ihres Gatten bewahren. Doch als dieses Wunder dann tatsächlich geschah, so plötzlich und unerwartet, war es ein solch lähmender Schrecken für sie, wie sie ihn von ihrer Hochzeitsnacht erwartet hatte, vor der sie sich schon so lange fürchtete.
    Denn es war kein Feuerwerk, was die Nacht zerriß, sondern Gewehrfeuer und Detonationen von Granaten. Das wurde klar, als ein mexikanischer Diener ohne Warnung in den opulent geschmückten Ballsaal gestürmt kam, wo die Hochzeitsgäste von nah und fern Aufstellung für den Kotillon genommen hatten oder auf der Veranda versammelt standen, um sich das Feuerwerk anzuschauen, das in jenem Moment erstarb, als der Diener ängstlich und aufgebracht stammelnd hereinplatzte. Das Orchester, das eben noch einen Walzer angestimmt hatte, verstummte schlagartig und mißtönend, und einige der Gäste, die den erregten Diener noch nicht erblickt hatten, fragten sich verwirrt, was denn los sei. Andere wiederum - zweifellos betrunkener als der Rest - nahmen gar nicht wahr, daß etwas nicht stimmte, und taten die unwillkommene, unpassende Unterbrechung mit einem Achselzucken ab. Jemand riß einen lauten, trunkenen Scherz, worauf hier und dort Gelächter erscholl. Ein anderer verlangte lautstark, das Orchester solle weiterspielen, und dann bat Noble Winthrop mit erhobener Stimme um Aufmerksamkeit, während er sich den Weg zum Orchesterpodium bahnte. Doch noch ehe er zu Wort kam, schlug ein wahrer Kugelhagel in die Säulen vor dem Portikus ein, durchlöcherte Holz und Deckenputz und ließ die Splitter bis in den Ballsaal regnen. Schlagartig war alle Festlichkeit verflogen; Schreckensschreie ertönten, und Panik brach unter der Crème de la crème von West-Texas aus, die sich in eine wilde Meute verwandelte, die drängelte, stieß und schubste und rücksichtslos alles niedertrampelte, was sich ihnen in ihrer wilden Flucht in den Weg stellte.
    Verdutzt und ungläubig begriff Araminta nur langsam, daß sich ihre Hochzeitsnacht plötzlich in einen Alptraum ganz anderer Art verwandelte. Wie angewurzelt stand sie in der Mitte des Ballsaals - stehengelassen von ihrem ungalanten Gesprächspartner -, während rings um sie das wahre Chaos toste. Alles geschah so rasend schnell, daß sie gar nicht begriff, was überhaupt vor sich
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