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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)
Autoren: Tobias O. Meißner
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Prolog
    »Ich selbst spiele in dieser Geschichte noch keine Rolle.«
    Die Stimme eines Kindes, wie von weit her.
    Es ist mitten in der Nacht, und das Theater ist menschenleer.
    »Zumindest nicht im ersten Buch. Im zweiten tauche ich zum ersten Mal auf, wenn auch nur als Traum. Wirklich in Erscheinung trete ich wahrscheinlich erst im vierten oder fünften Band, mit Sicherheit kann jedoch niemand das wissen.«
    Es ist ein kleines Theater, in einem Hinterhof gelegen. Ein rätselhaftes Stück mit Namen »Königin der Teilbarkeit« wird hier gegeben, und von den fünfzig Sitzen sind höchstens zehn besetzt.
    Zu dieser Stunde gibt es hier nur das Mädchen und das eigenartige, wabernde Licht, das durch drei hohe Fenster hereinweht, von den Leuchtschriftzügen einiger Lokale und dem regelmäßigen An- und Ausgehen der Zimmerlichter des Hauses.
    »Schon bald werdet ihr euch fragen: Was soll das alles? Was ist der Grund für eine Erzählung mit so viel Gewalt, so viel Entsetzlichkeit und Not? Ich kann das noch nicht erklären, nicht gleich zu Beginn. Nicht einmal die Hauptfiguren wissen zu Beginn, was sie eigentlich tun und warum. Aber sie lernen. Sie sind unter Schmerzen dabei, sinnliche und übersinnliche Erfahrungen zu sammeln. Und genau so wird es euch ergehen. ›Lohnt sich das?‹ werdet ihr fragen. Ich kann nur antworten: nicht für jeden.«
    Das Mädchen steht alleine auf der dunklen Bühne.
    Es sieht aus, als wäre es zehn oder elf Jahre alt, mit langen braunen Haaren und großen Augen. Seine Kleidung ist anders als das, was man in diesem Jahrhundert trägt, in diesem Land zu dieser Jahreszeit.
    Einen Vorhang gibt es nicht. Ein paar Requisiten stehen oder liegen noch auf der Bühne herum, unter anderem ein großer bunter Ball und verschiedene schwarze Stühle.
    »Vieles von dem, was hier verhandelt wird, ist wahr, ist zumindest bezeugt worden, und was nicht direkt wahr ist, wurde in Albträumen durchlebt. Niemand würde sich so etwas einfach nur ausdenken. Niemand, der noch nicht verloren ist.«
    In den tiefen Schatten zwischen den Sitzreihen bildet sich undeutlich ein unruhiges Publikum heraus. Menschen. Tiere. Tiermenschen. Ein fünfundzwanzigjähriger Mann in der Maske eines Fünfundsiebzigjährigen. Eine Frau, die viele Frauen ist, aber alle sind sie schön, und viele von ihnen waren Schauspielerinnen in der Frühzeit der Filmgeschichte. Hinter ihr ein Mann oder ein Ungeheuer mit einer Krone oder Hörnern. Und seitlich, abseits von den anderen, ein blasser, fiebernder Zauberkünstler, mit Farbe beschmiert und Blut.
    Die Schatten überlagern sich, löschen sich gegenseitig aus.
    Das Mädchen lächelt.
    »Ansonsten kann ich euch nichts mit auf den Weg geben. Es darf nicht zu einfach werden, das würde der Natur des Geschehens widersprechen. Ihr werdet verletzt werden, aber die meisten Verletzungen werden heilen. Ihr werdet herausgefordert werden und in dieser Herausforderung ein Spiel sehen können oder ein lebenslanges Ringen. Ihr werdet lernen müssen zu lachen, über Dinge, die eigentlich nicht zum Lachen sind. Ich empfinde Mitgefühl für euch, aber ich beneide euch auch, nun, da ihr alles noch vor euch habt.«
    Sie legt ihre Handflächen über ihre Augen und tritt so weit nach vorne an den Bühnenrand, dass ihre Zehen keinen Halt mehr haben.
    »Hier spielt man ein Spiel um die Seele der Welt,
    wo Gott ist der Teufel, ein Irrer der Held.
    Prinzessinnen werden ermordet und morden,
    das Böse und Gute sind taumelnde Horden.
    Gewalt und Gewalten umgarnen sich gierig,
    den Sieger zu finden erweist sich als schwierig.
    Es gibt einen Sinn hier und auch ein System,
    und beides zu finden ist niemals bequem.
    So lasst uns denn schaudern, mit Mut delirieren,
    die Zeit unsres Lebens in Wahn investieren,
    lasst staunen uns, kichern, erschrecken und weinen
    und weiter noch wollen auf zittrigen Beinen,
    lasst Märchen uns trinken wie Schweiß und wie Tränen
    und unsere Sicherheit trügerisch wähnen,
    lasst Wandlung und Vielfalt uns werden zum Ziel
    – denn dergestalt tut sich uns kund Hiobs Spiel.«
    Das Mädchen verbeugt sich tief und springt hinab ins Dunkel des Raums.
    Es gibt keinen Applaus.



Prognosticon 1: Der begrabene Zirkus
    a) Einsatz
    Irgendein Priester wird lachen.
    Wenn ich komme, um zu beichten.
    (Hiob M.)
    Der Arzt hieß Facundo. Facundo oder so ähnlich.
    Er hatte kein freundliches Gesicht, eigentlich überhaupt kein Gesicht, aber er war so dick und violett und ädrig, und die Gummischlaufe an der Kehle
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