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Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen

Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen

Titel: Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen
Autoren: Faye Kellerman
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    Außerhalb der Dienstzeit zu arbeiten hieß nichts anderes, als den gleichen Job ohne Bezahlung zu machen. Doch da sich der gemeldete Zwischenfall nur zwölf Blocks von ihm entfernt ereignet hatte und ohnehin in seinem Polizeirevier landen würde, sah Decker keinen Grund, warum er den Uniformierten nicht zuvorkommen sollte. Schon mal den Schauplatz sichern, bevor die Jungs in Blau Gelegenheit hatten, Beweismaterial zu zertrampeln, und sich so die eigene Arbeit zu erleichtern. Er nahm das Mikrophon aus der Halterung, meldete sich bei der Funkzentrale und schaltete den Computerbildschirm in seinem nicht gekennzeichneten Plymouth an. Wenige Sekunden später schlängelten sich grüne LCD-Linien über den Monitor.
    Überfall auf eine Frau – sexuelles Trauma vermutet – keine Namens- und Altersangabe. Die Meldung war von einer spanisch sprechenden Frau gekommen, die das Opfer in einem durchwühlten Schlafzimmer gefunden hatte. Sanitäter waren bereits unterwegs.
    Decker bog scharf rechts ab und steuerte auf die genannte Adresse zu.
    Im Innenraum des Plymouth roch es stark nach frisch gebackenem Brot – ein Roggenbrot mit Kümmel, zwei knusprige Zwiebelstangen, ein Dutzend mit Mohn bestreute Kaisersemmeln und diverses Blätterteiggebäck. Alles ganz frisch aus dem Ofen, so heiß, daß die Frau in der Bäckerei es nicht in eine Plastiktüte packen wollte. Deshalb steckten diese Köstlichkeiten jetzt in offenen Papiertüten, und ihr Hefearoma ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen.
    Frische Backwaren schienen Rinas einziges Gelüst während ihrer Schwangerschaft zu sein, und Decker machte es Spaß, sie zu verwöhnen. Die nächste koschere Bäckerei war zwar zwölf Meilen von ihnen entfernt, doch es war eine ruhige Strecke. Er genoß die frühmorgendliche Stille, während er auf dem Freeway durch die offene Landschaft fuhr und das imposante Lichterspektakel am östlichen Horizont beobachtete. Er war dankbar über die vierzig Minuten Einsamkeit und deshalb alles andere als erfreut gewesen, als die Durchsage in die Stille platzte. Doch der Tatort lag so nahe, daß er sie nicht ignorieren konnte. Also hatte er sein Hirn gezwungen, in den Arbeitsmodus umzuschalten.
    Er bog nach links in den Valley Canyon Drive, der mitten durch weites Ranchland führte. In der Ferne war die berühmte Valley-Canyon-Beauty-Farm zu sehen – ein zweistöckiger rosa verputzter Klotz, den man in die Ausläufer der San Gabriel Mountains gesetzt hatte. Vor den sandfarbenen Felsen wirkte das Gebäude wie ein riesiger Furunkel. Unter Deckers Kollegen hatte man den Namen der Schönheitsfarm auf VALCAN verkürzt, woraus dann schließlich VULCAN geworden war. Ein beliebter Scherz war, daß die Klientel von VULCAN heimliche Verwandte von Mr. Spock wären, die auf die Erde gebeamt wurden, um sich die Ohren richten zu lassen. Das VULCAN hatte schon mehr Stars beherbergt, als Sterne auf dem Bürgersteig des Hollywood Boulevard eingelassen waren. Es galt als eine der exklusivsten Einrichtungen dieser Art in den Vereinigten Staaten. Das und die Tatsache, daß die Beauty-Farm von der Tochter von Davida Eversong geleitet wurde, machten es zu einem nationalen Anziehungspunkt für reiche, magersüchtige Frauen, die sich zu Skeletten trimmen wollten.
    Davida Eversong war eine der selbst ernannten Grandes Dames des alten Hollywood. Gerüchten zufolge hatte sie sich in einen Bungalow auf dem Gelände der Beauty-Farm zurückgezogen. Decker hatte sie mal in einem Tante-Emma-Laden in der Gegend gesehen. Sie hatte ihr Gesicht hinter einer Sonnenbrille und einem schwarzen Turban verborgen, der sich um ihre Wangen schmiegte und unter dem Kinn zusammengebunden war. Doch gerade wegen dieses Aufzugs war sie ihm aufgefallen. Wer zog sich schon nachts so an, außer wenn man bemerkt werden wollte? Allerdings hatte nur er sie genauer betrachtet. Für die anderen Kunden im Laden war sie einfach eine der für L. A. typischen Exzentrikerinnen gewesen.
    Decker war gerade alt genug, um sich an die Endphase ihrer langen Filmkarriere zu erinnern – an die letzten drei oder vier Filme, in denen sie nur noch aufgrund früherer Verdienste eine Rolle bekommen hatte. Dann kam die Runde durch die Talk-Shows, um für ihre Autobiographie Werbung zu machen. Das Buch wurde ein Bestseller. Das war jetzt etwa fünfzehn Jahre her, und seitdem war sie nicht mehr in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten. Doch der Name Eversong beschwor immer noch Bilder von Filmdiven und dem Glamour
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