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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik
Autoren: Noah Gordon
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eventuell verminderten Lebenserwartung. »Ich habe Nieren wie ein Roß«, sagte er. »Ich werde mit einer genauso lange auskommen wie mit beiden.«
    Kender und Miriam Parkhurst sprachen unter vier Augen mit ihm und gaben ihm jede Gelegenheit, das Angebot ehrenhaft zurückzuziehen.
    »Wollen Sie es wirklich tun?« fragte Kender zum drittenmal. »Im allgemeinen ist der Spender ein Verwandter.«
    »Er ist mein angeheirateter Onkel«, sagte Meomartino.
    Kender schnaubte, Rafe aber lächelte. Er wußte, daß sie mit ihren Argumenten am Ende waren. Ihr Gewissen war beruhigt, und sie würden sich gierig auf seine Niere stürzen.
    Kender bestätigte es. »Ein nicht verwandter lebender Spender ist viel besser als eine Leiche«, sagte er. »Wir werden Tests machen müssen.« Er sah Rafe an. »Was das Chirurgische dabei betrifft, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Einen lebendigen Spender hat noch nie jemand verloren.«
    »Ich mache mir keine Sorgen«, sagte Rafe. »Ich habe nur eine Bedingung. Er darf nicht wissen, von wem die Niere stammt.«
    Die arme Miriam sah verwirrt aus.
    »Er würde sie nicht annehmen. Wir mögen einander nicht.«
    »Ich sage ihm, daß der Spender keine Publicity will«, sagte Kender.
    »Nehmen wir an, er will sie trotzdem nicht annehmen«, sagte Miriam.
    »Dann wiederholen Sie einfach Ihre Rede über das geniale Werk, das es zu vollenden gilt«, sagte Meomartino.
    »Dann nimmt er sie.«
    »Wir werden diesmal Anti-Lymphocytenserum nehmen«, sagte Kender. »Adam Silverstone hat die Dosis ausgearbeitet.«
    Das einzige mögliche Hindernis stellte sich als nicht vorhanden heraus, als man Gewebeproben von ihm und dem alten Mann verglich und fand, daß sie durchaus miteinander verträglich waren. In einer, wie es ihm schien, erschreckend kurzen Zeit lag er im OP 3 auf dem Rücken: es war ein seltsames Gefühl, jetzt selbst in diesem Haus auf dem Operationstisch zu liegen und von Norman Pomerantz freundlich und schmerzlos anästhesiert zu werden.
    »Rafe«, sagte Pomerantz zu ihm, und die Worte kollerten in seine Ohren.
    »Rafe? Kannst du mich hören, Freundchen?« Natürlich kann ich dich hören, versuchte er zu sagen.
    Er sah, wie sich Kender dem Tisch näherte, hinter ihm Silverstone.
    Schneide gut, mein Feind, dachte er.
    Ausnahmsweise zufrieden, einmal andere arbeiten zu lassen, schloß er die Augen und schlief ein.
     
    Die Rekonvaleszenz war eine langsam dahinschleichende Unwirklichkeit.
    Liz’ Abwesenheit fiel auf, und die Leute schienen langsam zu begreifen, daß ihre Ehe gescheitert war.
    Die Flut von Besuchern versickerte zu einem Geriesel, als die Zeit verging und sich die Sensation legte. Miriam Parkhurst schenkte ihm einen kleinen trockenen Kuß und einen Korb mit Obst, der viel zu groß war. Im Lauf der Tage wurden die Bananen schwarz, und die Pfirsiche und Orangen entwickelten eine schleichende weiße Fäulnis und verbreiteten einen Geruch, der ihn zwang, alles außer den Äpfeln wegzuwerfen.
    Seine Niere funktionierte in dem Alten großartig. Rafe fragte absichtlich nie danach, aber man hielt ihn über Harland Longwoods Fortschritt auf dem Laufenden.
    Das Fernsehen bot zeitweilige Ablenkung. Eines Tages blätterte er im Fernsehprogramm, als Joan Anderson mit Eiswasser in sein Zimmer kam. »Ist das Spiel heute auch im Fernsehen oder nur im Rundfunk?« fragte er.
    »Fernsehen. Wissen Sie schon von Adam Silverstone?«
    »Was ist mit ihm?«
    »Er ist an die Fakultät ernannt worden.«
    »Nein, wußte ich noch nicht.«
    »Dozent für Chirurgie.«
    »Fein. Auf welchem Kanal ist das Spiel?«
    »Fünf.«
    »Stellen Sie es mir ein? Seien Sie ein Schatz!«, sagte er.
     
    Oft lag er einfach nur da und dachte nach. Eines Nachmittags sah er eine Annonce im Massachusetts Physician, und er las sie mehrmals mit zunehmendem Interesse, bis die Idee in ihm Wurzel faßte.
    Am Tag seiner Entlassung aus dem Krankenhaus nahm er ein Taxi zum Federal Building und führte dort ein sehr langes Gespräch mit einem Repräsentanten der Behörde für Internationale Entwicklungshilfe, nach dessen Beendigung er die Dokumente für achtzehn Monate Dienst als Zivilchirurg unterzeichnete.
    Auf dem Weg zu der leeren Wohnung hielt er bei einem Juweliergeschäft an und kaufte eine rotsamtene Schachtel, nicht unähnlich derjenigen, in der sein Vater die Uhr aufbewahrt hatte, als Rafe noch ein kleiner Junge war. Als er heimkam, setzte er sich in seinem stillen Arbeitszimmer nieder, nahm Feder und Papier, und entschloß sich
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