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Die Gordum-Verschwörung

Die Gordum-Verschwörung

Titel: Die Gordum-Verschwörung
Autoren: Bernd Flessner
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gewesen, als von der Laue sich ausgerechnet hatte. Also fuhr er rechts ran. Doch kaum hatte er das Grün erreicht, tauchte das Yellow Submarine wieder auf.
    „Fahren Sie zum Pilsumer Leuchtturm und parken Sie den Wagen auf dem kleinen Parkplatz unterhalb des Deiches. Dann kommen Sie zu Fuß zum Turm. Allein. Und beeilen Sie sich. Ich habe nicht viel Zeit.“

25. Kapitel
     
    Der Pilsumer Leuchtturm ist eines der signifikanten Wahrzeichen Ostfrieslands, ein regionales Statussymbol, Feuerhöhe fünfzehn Meter, aber dennoch weithin sichtbar, rot-gelb gestreift, erbaut 1888, um die Oster Ems zu befeuern. Im Ersten Weltkrieg Orientierungspunkt für Zeppelinkapitäne, die ihre Bombenlast über London abgeworfen hatten und sich auf dem Rückweg nach Hage oder Wittmund befanden. 1915 stillgelegt, zuerst kriegsbedingt, dann für immer, weil die Oster Ems nicht mehr wollte, aber weiterhin im Einsatz als Touristenmagnet und Fotomotiv, mal hochglanzkitschig, mal schwarzweißkünstlerisch. Verewigt in zahllosen Büchern und auf Kalenderblättern, in Fotoalben, auf Super-8- und Videofilmen, Drehort von Otto-Filmen und seit einiger Zeit sogar Kinderbuchfigur, Lükko Leuchtturm. Ständig der Seeluft ausgesetzt, rostend, da aus Stahl, aber immer wieder restauriert und aufpoliert.
    Warum von der Laue ausgerechnet diesen Ort für die Übergabe gewählt hatte, war Greven ein Rätsel. Nach einem mühsamen Aufstieg auf die Deichkrone stand er vor dem Turm. Von hier aus hatte man einen Panoramablick über das Land auf der einen und die See auf der anderen Seite. Der Horizont schien sich am Ende der Welt zu verkriechen. Die Greetsieler Mühlen, Pilsum, Pewsum, ein Hauch Emden, Delfzijl, Inselsilhouetten im Norden, hier und da Spaziergänger auf dem Deich, doch von dem Entführer keine Spur.
    Auf dem kleinen Parkplatz standen acht Autos, Grevens inklusive, doch sie waren alle leer. Ihre Besitzer waren in die Weite ausgeschwärmt, lagen irgendwo am Deich, träumten, lasen, küssten sich, wanderten. Greven fixierte jeden, den seine Augen erwischen konnten. Mona und von der Laue suchte er vergeblich. Unterhalb des Leuchtturms lag das inzwischen restaurierte und in ein Wohnhaus umgewandelte Leuchtturmwärterhaus. Es schien verwaist zu sein.
    Ein Quietschen nötigte seinem Körper eine schnelle Drehung ab. In der Tür des Leuchtturms erschien von der Laue und winkte ihn zu sich in die stählerne Tonne. Offenbar besaß er einen Schlüssel für das historische Bauwerk. Greven ging auf die Tür zu, blieb kurz vorher stehen, klemmte die Krücke fest unter seinen Arm und zog seine Dienstwaffe.
    „Wo ist Mona?“
    Von der Laue lächelte herablassend. „Nur Geduld, mein lieber Herr Greven. Alles zu seiner Zeit. Außerdem habe ich auch so ein Ding, sehen Sie? Ein Souvenir aus dem ehemaligen Jugoslawien. Hat mir im letzten Jahr ein ehemaliger Offizier so günstig angeboten, dass ich einfach nicht Nein sagen konnte.“ Er zückte eine großkalibrige Pistole und richtete sie auf Greven. „Geben Sie mir jetzt die Münze und die Karte, die Harm Claa-sen gezeichnet hat.“
    „Wo ist Mona?“
    Von der Laue griff neben sich und reichte ihm vorsichtig ein einfaches Walkie-Talkie geringer Reichweite, wie man es in Spielwarenläden kaufen konnte.
    „Bitte.“
    „Mona?“
    Er musste einige Sekunden auf die Antwort warten. Dann hörte er Monas Stimme, schleppend, wie betäubt: „Gerd, bist du es? Wo bist du?“
    Schon hatte von der Laue das Gerät wieder an sich gerissen. „Das genügt. Sobald Sie mir die Münze und die Karte gegeben haben, sage ich Ihnen, wo Sie sie finden. Übrigens müssen Sie sie bald finden. Also los.“
    Greven fingerte die Münze, die noch immer in dem Plastiktütchen steckte, aus seiner Hosentasche und übergab sie ihm. Ein Leuchten veränderte von der Laues Gesicht bei ihrem Anblick, ließ ihn für einen Moment verharren. Er beäugte sie von allen Seiten und steckte sie in eine Westentasche.
    „Und jetzt die Karte.“
    „Warum?“
    „Das verstehen Sie sowieso nicht. Die Karte.“
    „Ich will es aber verstehen.“
    „Ich habe Ihnen den Grund schon bei Ihrem ersten Besuch verraten. Schließlich haben Sie ja danach gefragt.“
    „Dann verraten Sie mir ihn bitte noch einmal.“
    „Sie fragten mich, was passieren würde, wenn jemand Gordum finden würde. Und ich sagte Ihnen, dass dieses Ereignis eine Sensation wäre und dass die Geschichte Ostfrieslands neu geschrieben werden müsste.“
    „Das ist alles?“
    „Das ist alles.
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