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Die Gordum-Verschwörung

Die Gordum-Verschwörung

Titel: Die Gordum-Verschwörung
Autoren: Bernd Flessner
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aufgezogenen Leinwände, rechts die Couch. Unter einem weißen Leinentuch wartete das Bild von Gordum auf die letzten Pinselstriche. Und auf die Signatur.
    „Mona!?“
    Totenstille. Das Haus gab keine Antwort. Greven zog seine Pistole und entsicherte sie.
    „Mona!?“
    An der Wand des Flurs entlang schlich er in die Küche, dann ins Bad. Auch hier war alles an seinem Platz. Anschließend inspizierte er die übrigen Räume, zuletzt sogar den Garten und das Hühnerhaus. Von Mona fehlte jede Spur. Er sicherte seine Pistole und ließ sie unter der Jacke verschwinden. Dabei betrachtete er die Fenster. Alle waren intakt.
    Unschlüssig humpelte er zurück ins Atelier und tastete es mit professionellem Blick ab. Beim zweiten Durchgang wurde er neben dem Telefon fündig. Dort lag ein Gegenstand, der nicht in dieses Haus gehörte. Ein rotes Handy. Eines dieser kleinen neuen, deren Tasten nur noch von Insekten mühelos bedient werden konnten. Jemand musste es vergessen haben. Er nahm es auf. Es war tatsächlich neu und offensichtlich eingeschaltet. Er wollte ins Menü gehen, um den Besitzer zu ermitteln, doch das Display blieb tot. Sonst konnte er nichts Ungewöhnliches entdecken. Nichts war angerührt worden. Nur Mona war nicht da.
    Greven nahm den Telefonhörer und wählte ihre Handynummer. Es meldete sich umgehend. Er folgte der Melodie von Scott Joplins Entertainer und stieß am Sockel der Treppe auf Monas schwarze Lederhandtasche. Dort hatte sie noch nie gelegen, und noch nie hatte Mona das Haus ohne ihre Tasche verlassen. In diesem Augenblick bekam der Entertainer Gesellschaft, und zwar vom Yellow Submarine der Beatles. Greven ging zurück ins Atelier. Es war das rote Handy. Er zögerte kurz, dann drückte er die Taste.
    „Hallo?“
    „Greven?“
    „Ja.“
    „Sind Sie allein?“
    „Ja.“
    „Hier ist von der Laue. Ihre Freundin konnte mir weder den Goldgroschen noch die Karte von Harm Claasen aushändigen. Daher musste ich sie leider mitnehmen. Als Tauschobjekt. Sie verstehen?“
    „…“
    „Greven?“
    „Ja, ich habe verstanden. Voll und ganz. Kann ich sie sprechen?“
    „Greven! Er stand plötzlich vor der Tür und hat …“ Das war alles. Mehr ließ er Mona nicht sagen. Der Rest ging in einem undefinierbaren Geräusch unter.
    „Mona!?“
    „Ihr geht es bestens. Machen Sie sich keine Sorgen. Wenn Sie mir Münze und Karte überlassen, kriegen Sie sie weitgehend unbeschadet zurück. Muss ich deutlicher werden?“
    „Von der Laue, Sie haben keine Chance. Das wissen Sie so gut wie ich. Geben Sie auf und lassen Sie sie frei. Ich werde mich für Sie einsetzen, ich besorge Ihnen den besten Anwalt, aber lassen Sie sie frei.“
    „Kommt nicht in Frage. Und glauben Sie mir, ich habe eine Chance. Tun Sie jetzt, was ich sage, oder wollen Sie in Zukunft die Bilder selbst malen?“
    „Was soll ich tun?“
    „Zuerst gilt natürlich: Keine Polizei.“
    „Das wird sich nicht machen lassen.“
    „Lassen Sie diesen Quatsch. Sie wissen genau, was ich meine. Nehmen Sie die Münze, die Karte und das rote Handy. Steigen Sie in Ihr Auto und fahren nach Georgsheil. Während der Fahrt rufe ich Sie an und gebe Ihnen weitere Anweisungen. Denken Sie an Ihre Freundin. Und noch etwas, Greven. Eine schon etwas antiquierte Warnung, ich weiß, aber ich möchte sie Ihnen dennoch mit auf den Weg geben: Beleidigen Sie nicht meine Intelligenz!“
    Greven ließ das Handy sinken.
    Das flaue Gefühl war zu einer Gewissheit geronnen, die seinen Kopf für einen verzweifelten Moment in seine linke Hand sinken ließ. Aus der Leere, die er plötzlich spürte, tauchten Bilder von Mona auf. Ein Fotoalbum öffnete sich. Rasend schnell. Mona vor der Staffelei. Mona in der Toskana. Mona im Bett. Mona mit Weinglas. Mona auf der Couch. Blitzartig wechselten sich die Bilder ab. Seine Zunge tastete sich durch einen staubtrockenen Mund. Mona mit der Salbe für sein Knie. Mona mit Farbe im Gesicht. Rote Ölfarbe, über die sie lachte.
    Aus den Fotos in seinem Kopf tauchten Schuldgefühle auf, die er sofort im Zaum zu halten versuchte, gegen die er sofort Argumente vorbrachte. Er kannte ihre Gefahren, und Mona war nicht da, um ihn davor zu bewahren. Die Entführung war nicht vorhersehbar gewesen. Basta. Alles andere war Unsinn. Jetzt kam es darauf an, eine Lösung zu finden und Mona zu retten. Wenn von der Laue der Täter war, und daran bestand kaum noch ein Zweifel, dann war äußerste Vorsicht geboten. Wer drei Morde begeht, schreckt auch vor einem
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