Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt
Autoren: Harry Hoff
Vom Netzwerk:
Dieser Beobachtung ging man mit Eifer nach.
     
    Mrs. Xenia Lehman (mit einem N), von der die Zwillingsbrüder wirtschaftlich schon seit zwei Jahren betreut wurden, kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wilbur trat zu ihr und sagte: »Wir bekommen heute nachmittag hohen Besuch, Mrs. Lehman – kochen Sie einen starken Kaffee und besorgen Sie Kuchen, die schönsten Sorten. Sahne. Liköre. Hier haben Sie Geld dazu. Auch Zigaretten vergessen Sie bitte nicht!«
    Nachlässig warf er einen Zehndollarschein auf den Tisch. Bevor ihn Mrs. Xenia fragen konnte, wer denn nun eigentlich kommen werde, war Wilbur schon wieder, eine Schlagermelodie zwischen den Zähnen pfeifend, verschwunden.
    Gleich darauf erschien George. »Teuerste Hausmutter«, sagte er schmeichelnd, ihr auf die eckige Schulter klopfend, »heute erhalten wir einen hochwertigen Kaffeebesuch. Brauen Sie Ihren berühmten Mokka, besorgen Sie Kuchen, Torte, Gebäck, Konfekt. Hier ist das nötige Geld dazu.« Mit diesen Worten warf auch er einen Schein auf den Tisch.
    »Eben hat ja der Wilbur schon –« stotterte die Alte verlegen, »eben hat ja der Wilbur schon das Gleiche zu mir gesagt.«
    George zerpreßte einen Fluch zwischen den Zähnen. »Soso, – auch er? Der Wilbur?« Er kniff die Augen zusammen. Dann fügte er, ein wenig spöttisch, ein wenig verhalten, hinzu: »Na also – dann machen Sie's eben doppelt schön!«
    »Und wer, wenn ich fragen darf, wird uns die Ehre geben?« erkundigte sich die weniger schöne, als betriebsame Xenia.
    Die Brüder pflegten die recht Neugierige oftmals, allerdings stets auf harmlose Weise, zum besten zu halten. George erwiderte sanft: »Eine alte Erbtante kommt uns besuchen, fast hundert Jahre alt, fünfzehn Millionen schwer – nun begreifen Sie wohl?«
    Xenia schlug die dürren Hände über dem Kopf zusammen. George verschwand.
    Die Wirtin machte sich Gedanken darüber, woher wohl den beiden das Geld auf einmal so locker saß, mit dem sie sonst immer so sparsam waren. Bisweilen blieben sie sogar mit der Miete hängen – bis irgendwie der Betrag doch wieder einmal zusammengestottert war.
    Was wohl die beiden immer zu experimentieren hatten! Einmal hatte Wilbur von einer Erfindung gesprochen, die sie zu machen gedachten. Aber das war lange her. Da glaubten die Brüder wohl selber nicht mehr daran. Mein Gott – Erfindungen machen! Das war eine brotlose Kunst!
     
    Wenn George nicht gerade mit einem der wichtigsten Versuche beschäftigt gewesen wäre, hätte er, als er ins Laboratorium zurückkehrte, ganz gewiß eine aufreizend zynische Bemerkung gemacht. Aber er war von einer Idee wie besessen, er drehte schon wieder an Kontakten herum, beobachtete ein kompliziertes Meßinstrument, das er für wichtige Feststellungen konstruiert hatte. Vorsichtig legte er die Kontakte an seine Schläfen – es drehte sich um den Versuch, den eigenen Schwingungsgrad festzustellen. Langsam setzte er ein winziges Rad in Bewegung.
    Der schmale Zeiger des Instruments begann auszuschlagen, pendelte einen Augenblick hin und her – blieb an einer bestimmten Stelle haften.
    George erhob sich, trat an Wilbur heran, der neben ihm gerade jemanden abhörte und sagte, nur von seiner Idee besessen, alles Persönliche ausschaltend: »Bitte, Wilbur, stelle dich einmal auf Schwingung 22 389 ein!«
    Wilbur blickte verwundert auf. Er tat, wie ihm geheißen wurde. George hatte sich von den Kontakten befreit.
    Wilbur lauschte. Er fragte sich, wer wohl mit ihm jetzt gedanklich verbunden sei. Warum tat George so geheimnisvoll? Etwa Gloria?
    Plötzlich veränderten sich seine Züge. Seine Lippen bewegten sich; sie formten die Worte mit, die er vernahm:
    ›... Ich, dein Bruder George, stehe jetzt neben dir, Wilbur. Vernimmst du meine Gedanken? Dann wären wir einen großen Schritt weitergekommen ...‹
    Wilbur sprang auf. » George! « rief er, » du! Deine Schwingungszahl! Woher weißt du die?«
    Ein glückliches Lächeln verschönte Georgens Gesicht. Er deutete auf den Schwingungsmesser. »Ich machte es einmal umgekehrt«, sagte er ruhig, »statt aufzunehmen, habe ich einmal selber als Sender fungiert, habe gewissermaßen die eigenen Schwingungen festgehalten. So werden wir künftig von jedem die für uns so wichtigen Ziffern ermitteln können. Stellen wir jetzt mal die deine fest!«
    Auch bei Wilbur gelang das Experiment zur vollsten Zufriedenheit. Es schien den Brüdern von größter Bedeutung zu sein, daß die beiden Zahlen dicht beieinander lagen. Wilbur
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher