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Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt
Autoren: Harry Hoff
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war nicht mehr, wie bisher. Oder doch? Bildete er sich das nur ein? Warum war er so maßlos erregt? Der Jubel und Trubel hatte ihn nicht aus der Ruhe gebracht. So etwas war er gewöhnt.
    Wilbur führte ihn in die Wohnung. Hier war nichts anders geworden. Der Bruder hatte trotz allen Reichtums in seiner Lebensweise keine Änderung vorgenommen.
    George schritt wie im Traum. Warum erwachte er nicht? Was war das für eine unerträgliche Spannung in seinem Hirn? Er stolperte auf ein Gerät zu und wollte lauschen. Wilbur riß ihn zurück. Gloria zog ihn zur Seite. »Jetzt nicht!«
    Warum nicht? Warum wollte man ihn daran hindern? Wer wagte es, ihn zu bevormunden –?
    »George«, sagte Gloria, »nehmen Sie doch Vernunft an! Was ist denn auf einmal mit Ihnen los?«
    »Was los ist?« Er schaute wirr um sich. In seinem Blick lag ein flimmernder Glanz. Er stieß Glorias Hand zurück, packte Wilbur mit eisernem Griff an der Brust. »Das will ich von euch gerade hören, was los ist! Warum weichst du mir aus, du – du –!« Er schüttelte Wilbur so, daß er taumelte.
    Gloria warf sich zwischen die beiden. Mit einer Kraft, die sie sich selbst nicht zugetraut hätte, riß sie George von Wilbur zurück. »Rühren Sie mich nicht an, George! Sie sind ja von Sinnen!«
    Georges Züge verzerrten sich. Er begann zu zittern, seine Lippen öffneten sich, die Unterlippe hing feucht herunter. In seinen Augen lag ein glasiger Glanz. Plötzlich riß er einen Revolver aus seiner Tasche, den er in letzter Zeit immer bei sich trug. Er legte die Waffe blitzschnell auf Wilbur an, drückte los. Der Schuß krachte.
    Wilbur hatte unwillkürlich eine Schreckbewegung gemacht. Dadurch ging der Schuß fehl. George taumelte, es wurde ihm schwarz vor den Augen. Wie ein Klotz fiel er um. Bewußtlos blieb er vor einem Sessel liegen. Er hatte Schaum vor dem Mund.
    Wilburs Dienerschaft stürzte ins Zimmer, sah ihren Herrn, wachsbleich, in Glorias Armen, – sah den Bewußtlosen, trug ihn hinaus. Man telefonierte nach einem Arzt.
    Auch Wilbur war wie betäubt. Gloria strich ihm über das weiche Haar, bettete ihn in einen Sessel, kniete zu seinen Füßen.
    Da bewegten sich seine Lippen. Ein feines, glückliches Lächeln verschönte sein kluges Gesicht. »Gloria!« flüsterte er, »oh – ich wußte es ja!«
    Sie verstand ihn, auch ohne daß er noch weiter sprach. Beide erhoben sich, um nach George Umschau zu halten. Der Arzt ist gekommen und bemüht sich um den noch immer Bewußtlosen. Er schaut Wilbur fragend an. Wohl oder übel muß dieser eine Erklärung geben. Mit schonenden Worten bringt er dem Arzt bei, was geschehen ist. Er gibt den Schlüssel: »Eine Welt ist ihm zusammengebrochen!«
    Als George wieder die Augen öffnet, blickt er verständnislos. Er hat nicht mehr teil an dem, was um ihn her vor sich geht. Was er murmelt, sind irre Worte. Sein Blick ist verworren, gegenstandslos. Dann bildet er einen Satz, den man verstehen kann: »Millionen – Millionen – und doch so arm!« Ein gräßliches, rauhes und hohles Lachen begleitet den Satz. Er will aufspringen. Der Arzt hält ihn fest, spricht ihm energisch zu: »Ruhe! Ruhe!« George bäumt sich auf. Wilbur und Gloria müssen dem Doktor zu Hilfe kommen. Man hält ihn gewaltsam nieder. Der Arzt macht eine Spritze zurecht. Ein kurzer Stich in den Arm – endlich tritt Ruhe ein ...
     
    ›DIE TRAGÖDIE IM HAUSE TAFT‹ lautet die Überschrift einer Tageszeitung. Sie schildert in kurzen, taktvollen Worten, mehr andeutend, als erklärend, was sich ereignet hat.
    Die Welt ist erschüttert. Viele hatten es miterlebt, denn zahllose Menschen hatten sich gerade an diesem Tage auf die Betroffenen eingestellt. Vor dem unerbittlichen Ablauf des Schicksals schützte auch die Erfindung nicht. Klarheit, Wahrheit und Sauberkeit herrschten jetzt auf der Welt, – doch Gefühle und Leidenschaften blieben dadurch unberührt.
    Wilbur und Gloria fuhren täglich zum Sanatorium, wo George dahindämmerte, blicklos, lichtlos, verwirrt. Die besten Ärzte der Staaten bemühten sich, seinen verdunkelten Geist in die Bahn des normalen Lebens zurückzuführen. Sie glaubten, Wilbur Hoffnung machen zu dürfen, und Wilbur wußte, daß sie sich nicht etwa nur aus Rücksicht einer freundlichen Phrase bedienten. Er konnte sie ja kontrollieren.
    »Auf Grund Ihrer Erfindung«, behauptete der maßgebende Psychiater, »wird eine Heilung möglich sein.«
    Wilbur drückte Gloria die Hand. Ihre Blicke tauchten tief ineinander. Ein klares, reines
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