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Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt
Autoren: Harry Hoff
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wurde auf 22 387 ermittelt. Diese Feststellung wies auf seine Alterstheorie hin.
    Als sich die Brüder indessen bewußt wurden, daß sie nun gegenseitig auch jederzeit ihre Gedanken belauschen konnten, packte sie ein gewisses Grauen und eine große Befangenheit. Gerade jetzt! Gerade jetzt mußte es dazu kommen, da sie zum ersten mal jeder seinen eigenen Gedanken nachzugehen geneigt waren – Gedanken, von denen der andere vorläufig nichts zu wissen brauchte. Da mußte doch eine Abmachung dahingehend getroffen werden, daß sie einander nicht als Versuchsobjekte betrachten wollten – sie mußten sich einigen, sich gegenseitig unter keinen Umständen zu belauschen.
    Dieser Wunsch ging von beiden zugleich aus. Sie gaben einander die Hand darauf, wobei ein spöttisches Lächeln um ihre Lippen glitt.
     
    Als Gloria gekommen war, bemühten sich die Brüder außerordentlich lebhaft um sie. Darüber, daß sie beide in gleicher Weise das junge Mädchen verehrten, ja, es vergötterten, machte sich keiner mehr etwas vor.
    Heiter und fröhlich plaudernd griff sie nach den ihr gebotenen Süßigkeiten. »Aber so , meine Herren«, sagte sie lachend, »war das doch gar nicht gemeint! Sie verwöhnen mich geradezu!«
    » Davon kann wohl bei einer Nichte von Mrs. Kennedy kaum die Rede sein«, meinte George und schob ihr den Teller mit Kuchen hin.
    »Ich bin gekommen, um mich nach den Fortschritten Ihrer Arbeiten zu erkundigen«, sagte Gloria, »ich nehme lebhaften Anteil daran.«
    Sie wandte sich abwechselnd Wilbur und George zu, so daß keiner von ihnen Grund hatte, sich bevorzugt zu fühlen.
    »Gerade eben«, erklärte George eifrig, »sind wir einen großen Schritt weitergekommen. Befinden wir uns doch jetzt in der Lage, den Schwingungsgrad eines jeden Menschen zu messen und festzustellen.«
    »Sehen Sie«, sagte Gloria, »darüber habe ich auch bereits nachgedacht, daß dies möglich sein müßte. Sie brauchten ja schließlich den Lauschenden nur einmal nicht als Empfangenden, sondern als Sendenden anzusehen.«
    »Richtig!« rief George freudig, »gerade auf diese Weise bin ich auch dahintergekommen. Merkwürdig, daß Sie den gleichen Gedanken hatten!«
    »Gar nicht merkwürdig«, meinte Gloria, »denn gelegentlich meiner Studien habe ich mich auch mit physikalischen und elektrotechnischen Problemen befaßt.«
    »Sie haben studiert?« fragte Wilbur voller Interesse.
    Gloria lächelte. »Ja. Ich machte mein Physikum. Es war eine Liebhaberei von mir. So können Sie sich wohl jetzt auch meine Teilnahme an Ihrer Erfindung erklären. Aber nun werden Sie ja auch meine Schwingungszahl feststellen und dadurch meine Gedanken belauschen können.«
    Wilbur nickte ihr zu. »Gewiß. Und wenn Sie gestatten, werden wir später gleich einmal einen Versuch machen.«
    Gloria wehrte lebhaft ab. »Nein«, rief sie, »da kalkulieren Sie leider falsch, mein Bester! Ich wünsche von keinem Menschen belauscht zu werden. Ich würde so etwas als unerhörte Indiskretion und als einen Eingriff in meine persönlichsten Rechte betrachten.«
    Die Brüder blickten einander und dann auch das Mädchen betreten an. In dieser Sekunde erfuhren sie beide den ersten Widerstand gegen ihre Erfindung. Wirklich – die Abneigung ihrer schönen Besucherin war noch nicht einmal von der Hand zu weisen. Hatten sie nicht gerade selbst voreinander dem eigenen Belauschtwerden abgesagt? Wenn man es genau überlegte, würden sich wohl die wenigsten Menschen damit einverstanden erklären, daß man als Außenstehender in die Geheimnisse ihres Denkens drang. Wurde damit aber nicht die richtige Auswertung ihrer Arbeit nahezu unmöglich gemacht?
    George schnitt dieses Thema an. Gloria lächelte. »Nein«, meinte sie, »denken Sie doch bloß an den Fall meiner Tante, der Sie das Leben gerettet haben! Ihre Erfindung gehört sofort in die Hände der Polizei. In Privathand allerdings dürfte sie allzu leicht Unfug stiften.«
    »Ich glaube auch«, meinte Wilbur, »jedenfalls wird die Sache viel von sich reden machen und Staub aufwirbeln, wenn wir erst einmal damit vor die Öffentlichkeit treten. Deshalb überlegen wir uns das auch alles noch so genau.«
    »Für Politiker, Ärzte, Künstler und ähnliche Leute dürfte die Angelegenheit aber doch wohl von größter Wichtigkeit sein«, gab George zu bedenken, »allerdings müßte die Sache staatlich geregelt werden.«
    »Wie so viele Erfindungen«, meinte Gloria, »kann auch diese ebensogut zum Fluch wie zum Segen der Menschheit
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