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Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt
Autoren: Harry Hoff
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welche Cumberland teils schon begangen, teils noch beabsichtigt hatte. Gruths rätselhafte Erfolge wuchsen von Tag zu Tag.
    Kein Mensch ahnte, wie er zu diesen Erfolgen kam – wohl oder übel mußte man seiner Versicherung Glauben schenken, daß er auf einmal ganz fabelhafte telepathische Fähigkeiten bei sich entdeckt habe – soweit es ihm nicht gelang, für seine erfolgreiche Aufklärungsarbeit eine andere natürliche Erklärung zu finden.
    Wilbur, auf die Schwingungen Orville Burns abgestimmt, hatte feststellen können, daß der junge Mann wirklich alle Anstalten traf, um nach Brasilien auszuwandern. Orville hatte sich sogar schon eine Fahrkarte ausschreiben lassen. Als Reisegeld diente ihm der Erlös für den Verkauf seines Wagens, der ein Geschenk seiner Tante war, die er so freundlich und schmerzlos hatte beseitigen wollen.
    Wilbur rief in der Villa Concordia an, um Gloria das Vernommene mitzuteilen. Sie hatte darum gebeten, den Vetter gelegentlich weiterhin zu beobachten und ihr von seinen Handlungen Kenntnis zu geben.
    George stand neben Wilbur am Telefon und vernahm, was der Bruder sprach. Was bedeutete dieses verhaltene Schwingen in Wilburs Stimme? Warum lief er rot an? Und warum hatte er vorher nicht gleich gesagt, daß er mit Gloria sprechen wollte?
    Aber natürlich, das war ja nicht ausgemacht, daß man das erst dem anderen kundgeben sollte. Er, George, hätte ja ebensogut – Himmelherrgott ja, was hätte er denn –? Warum beobachtete er den Bruder jetzt überhaupt so genau?
    »Und wann werden Sie uns wieder einmal die Ehre geben?« fragte Wilbur in diesem Augenblick, während er gespannt auf die Antwort lauschte. Diese Antwort mußte befriedigend klingen; denn ein verklärtes Lächeln spielte um Wilburs weichen Mund.
    George nahm ihm den Hörer fort und meldete sich nun seinerseits.
    »Also wann kommen Sie, Gloria? Hier spricht George.«
    »Morgen nachmittag, wenn es recht ist. Vielleicht um fünfzehn Uhr.«
    »Selbstverständlich«, erklärte George, »sehr recht sogar.«
    Wilbur gab seinem Bruder einen Stoß in die Rippen. »Warum mischst du dich eigentlich ein?«
    George verabschiedete sich von dem jungen Mädchen, legte den Hörer auf und wandte sich Wilbur zu. »Einmischen? Lächerlich! Schließlich ist es ja gleichgültig, wer von uns beiden spricht. Bisher wenigstens sind wir immer in allem einig gewesen.«
    Wilbur betrachtete seine Fingernägel. Um seinen Mund glitt ein ernster Zug. »Jetzt aber«, meinte er düster, »scheint es auf einmal anders zu sein.«
    Die Brüder maßen sich mit abschätzenden, lauernden Blicken. Niemals hatten Unstimmigkeiten zwischen ihnen bestanden. Von jeher hatte Einigkeit zwischen ihnen geherrscht. Doch jetzt, plötzlich, war es, als ob eine Spannung aufkommen wollte, die ihrer gemeinsamen Arbeit bestimmt nicht förderlich war.
    Beide wurden zugleich von demselben Gedanken erfaßt. Was hätten sie darum gegeben, wenn es schon möglich wäre, die Einstellung ihrer Apparatur auf bestimmte Personen zu lenken und nun einander selbst zu belauschen! Auch auf Gloria würden sie sich jetzt eingestellt haben. Bestimmt. Aber so ging das leider noch nicht. Die Lösung dieses Problems mußte erst noch gefunden werden. Daran arbeiteten sie nun schon Tag und Nacht. Die seltsamsten Ideen tauchten auf und wurden wieder verworfen. Ob die Schwingungslänge vom Alter, vom Geschlecht, von der Entfernung abhängig war? Vielleicht sogar von der körperlichen und geistigen Konstitution jedes einzelnen?
    Die verschiedenen Aufzeichnungen boten Vergleichsmaterial. Besaß man doch schon die Schwingungsdaten von über achthundert Amerikanern, Männern und Frauen. Doch nur bei wenigen konnte man Angaben über das Alter machen. Überhaupt war es nicht einfach, stets gleich dahinterzukommen, wen man eigentlich vor sich hatte. Oft mußte man lange lauschen, bevor man etwas Persönliches über den betreffenden Menschen erfuhr. Am einfachsten waren solche Ermittlungen, wenn der Belauschte gerade mit jemandem sprach und Namen genannt wurden. Auch was der andere sagte, hörte man immer mit, da ja auch seine Gedanken von dem Belauschten aufgenommen und gedanklich erfaßt werden mußten. Durch diese Tatsache wurde, wie Wilbur behauptete, die Bedeutung der Erfindung gewaltig erhöht.
    Jedenfalls glaubten die Brüder bald einige Anhaltspunkte dafür gefunden zu haben, daß bei der Einstellung eines bestimmten Schwingungsbereichs auch Personen einer bestimmten Altersklasse erfaßt werden konnten.
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