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Die gelöschte Welt

Die gelöschte Welt

Titel: Die gelöschte Welt
Autoren: Nick Harkaway
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sind sie doch bereit, zu Ehren der Uhrwerksgilde heute eine Ausnahme zu machen und ganz besonders die zu verprügeln, die Meister Wu in seinem Haus bei lebendigem Leibe verbrannt haben. Natürlich weiß niemand genau, wer die Verantwortlichen waren, also nehmen sie einfach an, der Gegner, den sie jeweils besonders kräftig schlagen, sei der einzige Schuldige. Elisabeth Soames eilt zur Treppe, über der Leah Lubitsch steht, und einen Augenblick später regnet es unvorsichtige Mitglieder der Uhrwerksgilde. Ich sehe mich nach Gonzo um. Es ist wie in einem dieser Filme, wo hundert Schurken den Helden gleichzeitig angreifen. Die einzige Gefahr besteht darin, dass er außer Atem kommt, wenn er sie schlägt. Ich bin wie eine Flüssigkeit, ich bin wie Stahl. Ich schlage die Gegner.
    Da ist ein Kerl mit einem Stock, den er nach mir stößt. Ich gleite daran vorbei, und er versucht, die breite Seite einzusetzen. Ich rolle darunter hindurch. Er verdreht sich, ich verdrehe mich auch. Er fliegt an mir vorbei, und jetzt habe ich den Stock. Ich funkle ihn böse an. Renn weg, kleiner Mann. Ich habe hier eine Aufgabe zu erledigen, ich muss einen Freund retten. Wäre dem nicht so, so würden wir die Unterhaltung in einer Tonart fortsetzen, die dir überhaupt nicht gefiele.
    Er beschließt, gegen jemanden anders zu kämpfen. Ich schau mich um.
    Unten an der Tür sehen sich vier Ninjas, die Zaher Bey verfolgen wollten, auf einmal einem Kerl mit einem Gesicht wie eine runzlige Pflaume gegenüber, der mindestens hundertneun Jahre alt sein muss. Sie lachen ihn aus. Ronnie Cheung dreht sich auf dem Absatz um und zieht die Hosen herunter, um ihnen seinen hässlichen, faltigen Arsch zu zeigen. Die Ninjas erstarren. Es ist nicht nur die Frechheit dieser Geste; Ronnie Cheungs Arsch ist ein beeindruckender Anblick, und in der Furche scheinen unaussprechliche Geheimnisse zu lauern, borstige Schrecknisse, die man besser unerforscht lässt. Über die Schulter lächelt Ronnie die Ninjas an, zieht das linke Bein aus der Hose und versetzt dem vordersten einen Tritt an den Hals. Dann dem nächsten. Die übrigen beiden Ninjas erkennen ihren Fehler und stürmen auf ihn los. Ronnie tritt mit dem anderen Bein zu, wickelt dem kleineren Gegner seine Hose um den Kopf und zerrt ihn zu sich, dem anderen in den Weg. Dann fährt sein nacktes Bein auf den Kopf des gestürzten Ninjas herunter und zerquetscht ihn. Der vierte Ninja will weglaufen, aber Ronnie verpasst ihm einen Schlag in den Rücken. Zuckend bleibt der Ninja am Boden liegen.
    Ich beschließe, dass ich Zaher Bey einstweilen Ronnies Obhut überlassen kann, und wende mich erneut dem Kampf zu.
    Ike Thermite hat den Zweikampf gegen Humbert Pistill aufgenommen. Pistill ist undurchdringlich, Ike unberührbar. Ein Patt. Meister Wu hat offenbar auch ihn keine geheime innere Alchemie gelehrt. Einen Moment lang hatte ich so eine verrückte Hoffnung.
    Ike trifft Humbert mit einer Kombination, aber es ist ein Täuschungsmanöver, das Pistill mühelos kontert, und nun muss Ike sich schnell und ziemlich tief bücken. Er ist in hervorragender Form, aber auch er kann dies nicht ewig so durchhalten. Irgendwann wird er eine Schwäche zeigen.
    Das geschieht jetzt auch. Humbert Pistill schlägt zu, und Ike Thermite weicht zu langsam aus. Der Hieb trifft ihn, er fliegt quer durch den Raum und landet als wirrer Haufen auf dem Boden. Pistill folgt ihm und drängt sich durch die Kämpfer, die ihn umringen. Er tut so, als hätte er nur eine Gartenhecke vor sich. Ein Pantomime und ein Ninja gehen dabei zu Boden. Es ist ihm egal. Er will Ike. Schon baut er sich über ihm auf und hebt die linke Hand, während er Ikes Kopf mit der rechten festhält. Gleich wird er Handfläche gegen Faust wechseln und Ikes Kopf zerschmettern. Pistill spannt die Schultern zum Schlag.
    Jemand prügelt ihn mit einem Besenstiel. Es ist ein ganz gewöhnlicher Besenstiel. Er ist leicht und kräftig und keine besonders gefährliche Waffe. Das Holz zerbricht auf seinem Kopf wie ein Grashalm. Pistill lässt Ike los und dreht sich langsam um. So langsam wie der Zorn Gottes. Es ist beängstigend.
    Erst als ich den zersplitterten Besenstiel in meiner Hand betrachte, wird mir klar, dass ich so dumm und tapfer war, ihn anzugreifen.
    Oh, verdammt.
    Wegtauchen. Drehen. Ich bin Luft. Ich schreite, springe, latsche. Der Elvis-Gang (defensiv, beweglich) wird zum Lorenzpalastschritt (willkürliche Richtungswechsel, aus denen aber ein brauchbares Angriffsmanöver
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