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Die Geliebte des Kosaken

Die Geliebte des Kosaken

Titel: Die Geliebte des Kosaken
Autoren: Megan McFadden
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zwei Wachen mit im Raum standen.
    „Andrej Semjonitsch“, sagte er und betrachtete sein Gegenüber unverwandt, „ich habe von dir gehört. Du warst einer der tapfersten Offiziere Seiner Majestät, bis dir leider ein gewisses – nun, sagen wir – delikates Missgeschick passierte. Schade um einen Burschen wie dich. Wirklich schade.“
    Andrej hielt es nicht für nötig zu antworten. Stattdessen studierte er die undurchdringliche Miene des Kommandanten und versuchte herauszufinden, was er wohl vorhatte.
    „Auf Goldschmuggel steht die Todesstrafe“, fuhr Kaschubow fort, „ein schmähliches Ende für einen so tüchtigen Mann wie dich.“
    „Goldschmuggel?“, rief Andrej in gut gespieltem Erstaunen. Kaschubows schmalen Mund kräuselte ein noch schmäleres Lächeln, und Andrej begriff, dass er sich keine Mühe zu geben brauchte.
    „Seit einiger Zeit wird heimlich Gold aus Sibirien über den Ural die Wolga hinab zum Kaspischen Meer transportiert und dort nach Persien verkauft. Ein gutes Geschäft für die Schmuggler, wenn auch nicht ungefährlich. Und ein großer Verlust für Seine Majestät den Zaren!“
    „Damit habe ich nichts zu tun!“
    Kaschubow lehnte sich in seinem Stuhl zurück und sah Andrej unter halb gesenkten Lidern spöttisch an. „Wir haben die sichere Information, dass du mit Oleg Petrow in Verbindung stehst. Der Ärmste ist in Perm eingekerkert, da er so ungeschickt war, sich von unseren Leuten mit einer Ladung Gold erwischen zu lassen.“
    Andrej schwieg. Dieses Mädchen hatte bereits geplaudert – zum Teufel mit ihr. Er hatte ja gewusst, dass sie ihm Unglück bringen würde.
    „Du siehst also, der Galgen ist dir so gut wie sicher, mein Freund. Es sei denn …“ Der Blick des Kommandanten wurde lauernd, er hatte die letzten Worte leise gesprochen, fast geflüstert, und Andrej spürte, wie sein Pulsschlag rascher wurde. Konnte es sein, dass man …? Oder war es nur eine boshafte Falle, um ihn zu einem Geständnis zu bringen? „Das Gold wäre Seiner Majestät hochwillkommen, um drückende Staatsschulden auszugleichen“, sagte Kaschubow und verschob scheinbar zerstreut den Briefbeschwerer von einer Seite des Tisches zur anderen. „Leider ging es während des Überfalls der Kosaken verloren und blieb seitdem unauffindbar.“
    Andrej sog unhörbar, aber tief die Luft ein. Er hatte begriffen. Es war ein schändlicher Handel, der ihm da angeboten wurde, gleichzeitig jedoch seine einzige Chance, aus dieser verfluchten Festung lebend wieder herauszukommen.
    Kaschubow stand von seinem Stuhl auf und trat dicht an Andrej heran. Er reichte ihm bis knapp an die Schulter und wirkte fast zierlich gegen den großen, kräftigen Mann, den er in diesem Moment vollkommen in der Hand hatte. „Unser Herrscher und Zar Nikolaus braucht tapfere Männer in den Reihen seiner Offiziere. Dafür ist er bereit, Vergangenes zu vergessen und mutige Taten zu belohnen.“ Andrej zögerte. Immer noch fürchtete er, in eine Falle zu tappen. Dieser Kaschubow war ein gerissener Fuchs. „Du schaffst das Gold herbei und übergibst es Seiner Majestät dem Zaren. Dafür bist du von allen Anschuldigungen frei und erhältst deinen Offiziersrang zurück. Ansonsten bleibst du hier in der Festung bis zum Jüngsten Tag.“
    Andrej begriff, dass er keine Wahl hatte. Kerker hier – der Galgen dort. Eine Entscheidung zwischen Tod und Teufel. „Welche Sicherheit habe ich?“, fragte er schließlich mit heiserer Stimme. Es war ein Eingeständnis, und Kaschubow konnte sich eines zufriedenen Grinsens nicht erwehren. Er ging zum Schreibtisch, griff nach der Schnupftabakdose und öffnete sie, um sich für sein Verhandlungsgeschick mit einer Prise zu belohnen.
    „Mein Wort und die sofortige Freilassung“, näselte er und nieste dann kräftig in ein spitzenbesetztes, weißes Taschentuch.
    Andrej wusste, dass das Wort dieses Menschen so gut wie nichts wert war. Die sofortige Freilassung allerdings war nicht mit Gold aufzuwiegen. „Einverstanden.“
    „Ich wusste, dass ich einem klugen Mann gegenüberstehe“, sagte Kaschubow zufrieden und betrachtete eingehend den Inhalt seines Taschentuches, bevor er sich eine zweite Prise gönnte.
    Andrej fand sein Haus in völligem Chaos vor. Verängstigt und ratlos hockten die Diener in der Küche zwischen zerbrochenem Geschirr und aufgeschlitzten Mehlsäcken, man hatte sogar die Vorräte konfisziert und die Feuerstelle durchwühlt. Es war früh am Morgen, er gab einige kurze Anweisungen, das
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