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0482 - Der Ring des Hexers

0482 - Der Ring des Hexers

Titel: 0482 - Der Ring des Hexers
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»So etwa sieht das Ding aus«, sagte die schwarzhaarige Carlotta. Sie kramte einen Kugelschreiber aus den unergründlichen Tiefen ihrer Handtasche und skizzierte das Objekt ihrer Begierde auf die Werbeseite einer Zeitung; die Agentur hatte diese Seite bis auf ein einziges riesiges Wort freigelassen und hatte dem Auftraggeber vermutlich begreiflich gemacht, daß das originell sei und nicht Verschwendung sündhaft teurer Anzeigenmillimeter. Geworben wurde für ein Insektenabwehrmittel; was Carlotta aufzeichnete; erinnerte Ted Ewigk fatal an ein Insekt.
    »Also, ich halte es für eine Totenkopfspinne«, behauptete er.
    »Ein behelmter Vampir«, hielt Nicole Duval dagegen.
    »Dann haben Vampire aber komische Helme«, fügte Professor Zamorra skeptisch hinzu. »Außerdem ist mir neu, daß für Vampire bei ihren nächtlichen Ausflügen Helmpflicht besteht. Erstens: Wer soll überwachen, daß sie sie tatsächlich tragen? Zweitens: Wo sollen sie sie kaufen, wenn doch nachts alle Geschäfte geschlossen sind?«
    »Du bist ein alberner Spinner!« bemerkte Nicole kopfschüttelnd.
    Zamorra grinste von einem Ohr zum anderen. »Spinne… äh, nein, richtiger heißt das Sprichwort doch wohl: Zamorra am Abend, erquickend und labend!«
    »Dessen wäre ich mir gar nicht so sicher«, brummte Ted Ewigk. »Man sagte mir, es hieße: Zamorra am Morgen bringt Kummer und Sorgen!«
    »Das hat dir sicher ein Vampir erzählt«, behauptete Zamorra.
    »Sagt mal, hört mir eigentlich überhaupt noch einer zu?« mischte sich Carlotta ein. »Ich finde diesen Ring oberaffengeil, und wenn du mir ein paar Lire vorstreckst, Ted… du kriegst sie auch wieder zurück!«
    »Wieviel Lire sind das denn?« erkundigte sich der Reporter.
    »Eine Million.«
    Er brauchte keine Umrechnungstabelle, um zu wissen, daß das für seine Freundin mehr als ein halbes Monatsgehalt war. Etwas heftig winkte er ab. »Ich schenke dir das verflixte Ding, wenn du meinst, daß du es unbedingt haben mußt«, sagte er.
    Für ihn spielte Geld nur eine Nebenrolle. Er hatte schon seine erste Million Deutsche Mark, nicht Lire - verdient, als er 25 war. Da gehörte er schon weltweit zu den ganz wenigen Reportern, die den Medien ihre Preise diktieren konnten und deren Meldungen namentlich gekennzeichnet waren. Eine als Ted Ewigk-Report etikettierte TV- oder Hörfunksendung oder ein Textbeitrag verkaufte sich garantiert an jeden Sender oder Verlag. Daß Ted Ewigk dafür teuflisch hart gearbeitet und jeden Tag erneut sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte, um stets die brandheißesten Knüller präsentieren zu können, wußten nur jene, die ihm horrende Summen dafür bezahlten -und immer noch damit verdienten. Inzwischen hatte Ted es schon längst nicht mehr nötig, für Geld zu arbeiten - er tat es nur noch zum Spaß, wenn ihn die Arbeitswut packte oder ihn ein Thema besonders interessierte, aber auch dann sprangen immer wieder recht große Honorare dabei heraus. Andererseits war er froh, sein Schäfchen rechtzeitig ins Trockene gebracht zu haben. Der heutige Nachrichtenstil à la CNN war ihm etwas zu flach und zu schnellebig geworden. Reine Massenware. Und das war nicht sein Stil.
    Er wohnte jetzt in einer Villa am nördlichen Stadtrand von Rom, dem »Palazzo Eternale«, wie er das Haus zwischen Ausfallstraße und Wald nannte. Er besaß zu seinem deutschen auch einen - völlig legalen - italienischen Paß auf den Namen »Teodore Eternale« und befand sich damit in bester Gesellschaft, weil sein Freund und Mitstreiter, Professor Zamorra, ebenfalls zugleich französischer wie US-Bürger war. Für »Normalsterbliche« fast unmöglich, hatten sie es beide durch Verdienste und Beziehungen geschafft, in ihrem Heimatland beim Erwerb ihres zweiten Passes nicht automatisch ausgebürgert zu werden. Und beide fühlten sich auch nicht nur als Angehörige eines oder mehrerer Staaten, sondern als Bewohner eines Planeten. Die ganze Welt war ihre Heimat.
    Kurzum, Ted Ewigk war alles andere als arm. Seine Freundin Carlotta war dagegen eher als Kirchenmaus einzustufen, nur weigerte sie sich nach wie vor standhaft, auf Teds Vorschlag einzugehen und ihrem Chef die Kündigung auf den Schreibtisch und die Sahnetorte ins Gesicht zu pflanzen. Sie liebte Ted, aber sie wollte ihre Unabhängigkeit bewahren und nicht von seinem Geld leben. Sie war der Ansicht, daß sie Ted liebte und nicht sein Geld, und deshalb finanzielle Selbstversorgerin bleiben wollte. Auch wenn ihr klar war, daß sie unterbezahlt wurde.
    Von
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