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Die Geliebte des Kosaken

Die Geliebte des Kosaken

Titel: Die Geliebte des Kosaken
Autoren: Megan McFadden
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beobachten? Sie zögerte mit der Antwort, denn die Erinnerung an ihr Zusammentreffen mit Dorogin war ihr peinlich. Doch Berjows strenger Blick schüchterte sie ein, so dass sie sich entschloss, die Wahrheit zu sagen.
    „Ich habe seit zwei Monaten keine Post mehr von Oleg erhalten und hoffte, von Dorogin etwas zu erfahren“, gestand sie beschämt.
    „Warum von ihm?“
    „Oleg erwähnte Dorogin in einem Brief …“
    „Was hat er über ihn geschrieben?“
    Natalja spürte, wie sie trotz allem ärgerlich wurde. Warum fragte er sie aus wie eine Schülerin? Mit welchem Recht?
    „Er erwähnte, dass er einige angenehme Abende mit Dorogin verbracht habe. Genaueres hat er nicht geschildert“, sagte sie und hob das Kinn. „Darf ich fragen, weshalb diese Dinge für Sie so wichtig sind, dass Sie mich deshalb spät am Abend aufsuchen, Fürst?“
    Wieder huschte ein kurzes Lächeln über sein Gesicht, das sich jedoch schnell verflüchtigte. Er erhob sich und trat ans Fenster, wobei er ihr den Rücken zuwendete. „Sie werden morgen früh wieder zurück nach Wologdje reisen, Natalja“, erklärte er in ruhigem Ton, ihre Frage überhörend, „und anschließend wird Ihre Großmutter die Auflösung der Verlobung bekanntgeben.“
    Sie fuhr von ihrem Sessel empor, fassungslos, von Entsetzen gepackt. „Das … das ist nicht Ihr Ernst, Ossip Arkadjewitsch!“
    „Mein voller Ernst, Natalja. Es ist die einzige Möglichkeit, wie Sie aus dieser unseligen Geschichte einigermaßen unbeschadet herauskommen.“
    Sie erzitterte, während gleichzeitig der Zorn in ihr aufstieg. „Was für eine Geschichte? Warum reden Sie ständig in Rätseln, Ossip Arkadjewitsch? Ich bin kein Kind mehr und will die Wahrheit hören!“
    Er wandte sich abrupt wieder um, sein Mund wurde schmal, und seine Züge zeigten keine Regung. „Oleg Pawlowitsch hat sich eines todeswürdigen Verbrechens gegen den Zaren schuldig gemacht, Natalja. Das muss Ihnen genügen. Je eher Sie Oleg vergessen, desto besser.“
    Sie starrte ihn an, zu keiner Regung fähig, so unfassbar war diese Mitteilung, so undenkbar ihr Inhalt. Als die Empörung schließlich mit aller Macht aus ihr herausbrach, stand Berjow schon an der Tür.
    „Lügner! Infame, boshafte Lüge!“, rief sie, während die Tränen schon in ihren Augen glitzerten. „Man hat ihn verleumdet – Oleg ist kein Verbrecher, das wissen Sie so gut wie ich. Oleg ist Offizier des Zaren, ein Ehrenmann, ein …“
    Er verbeugte sich leicht, öffnete die Tür und überließ sie ihrer Verzweiflung.

Kapitel 2
    Andrej Dorogin goss sich den Rest aus der Karaffe ins Glas und kippte den teuren Rotwein in einem Zug hinunter. Seine Laune war ausgesprochen schlecht, was vor allem mit dem überraschenden Besuch dieser hübschen, aber höchst gefährlichen Person zu tun hatte. Natalja Galugina würde ihm vermutlich noch Ärger bescheren, sie war genau die Sorte Frau, die ebenso blauäugig wie hartnäckig ihr Ziel verfolgte, so unsinnig es auch sein mochte. Er schüttelte ärgerlich den Kopf – warum hatte er sich von diesem Oleg Petrow beschwatzen lassen? Andrej hatte Mitleid mit ihm gehabt, hatte ihm helfen wollen und dabei alle Menschenkenntnis außer Acht gelassen. Jetzt musste er dafür die Zeche zahlen.
    Auch der Rest des Abends war keineswegs nach seinen Wünschen verlaufen. Die bestellte Dame war eine mollige Schwarzhaarige gewesen, die ihn mit ihrer Dreistigkeit und Schwatzhaftigkeit fast zur Verzweiflung gebracht hatte. Er hatte die Zeremonie aus diesem Grund stark abgekürzt, ihr kaum Zeit zum Essen gelassen und sie dann ins Schlafzimmer bugsiert. Dabei hatte er wenig Vergnügen empfunden, eher Widerwillen und eine seltsame, ihm bisher unbekannte Scham. Das Leben, das er führte, widerte ihn plötzlich an. Diese protzige Einrichtung, die er aus Frankreich hatte kommen lassen, das große Haus, welches er nach seinen Wünschen hatte umbauen lassen, die teuren Kleider, in denen er sich eigentlich nicht besonders wohl fühlte. Wozu das alles? Jene Kreise, zu denen ihm der Zutritt seit seiner Geburt verwehrt war, hatten ihn auch jetzt nicht beachtet. Er konnte noch so viel Geld anhäufen – er blieb für die Leute dennoch immer das, was er war: ein Kosakenbastard.
    Er hatte den Befehl gegeben, zu packen. Es war nicht angeraten, sich länger in St. Petersburg aufzuhalten, der Boden wurde allmählich zu heiß. Als jetzt draußen vor dem Haus das Geräusch von Pferdehufen zu hören war, erhob er sich in der Annahme, der Kutscher
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