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Die Geliebte des Kosaken

Die Geliebte des Kosaken

Titel: Die Geliebte des Kosaken
Autoren: Megan McFadden
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habe bereits angespannt und erwarte ihn. Doch ein rascher Blick aus dem Fenster belehrte ihn eines Besseren. Ein Trupp Soldaten hatte vor dem Haus angehalten, einige waren bereits von den Pferden gestiegen und ins Erdgeschoss eingedrungen.
    „Hol’s der Teufel!“
    Mit einem Sprung war er im Nebenzimmer, griff die Pistolen, die schon für die Reise bereitlagen, jedoch noch nicht geladen waren. Es war zu spät – auf der Treppe dröhnten die Tritte harter Stiefel, die junge Bedienstete kreischte vor Schreck, dann wurde die Tür des Salons aufgerissen, und er sah sich mehreren Gewehrmündungen gegenüber.
    „Andrej Semjonitsch Dorogin – Sie sind verhaftet auf Befehl Seiner Majestät des Zaren. Legen Sie die Pistolen weg – es ist zwecklos.“
    Andrej überlegte kurz, ob es Sinn machte, aus dem Fenster zu springen – aber das Risiko, dass er sich dabei den Hals brach, war groß. Außerdem war das Haus sicher längst umstellt. Es war aus – er war verloren.
    Man band ihm die Hände und stieß ihn die Treppe hinunter – überall im Haus wühlten die eifrigen Zarendiener herum, kehrten das Unterste zuoberst, verwüsteten seine Zimmer, warfen die Waren im Untergeschoss durcheinander. Als er an der Schwelle des Hauses für einen Moment stehen blieb, traf ihn ein harter Schlag mit einem Gewehrkolben in den Rücken.
    „Weitergehen. Dort hinein!“
    Eine verhängte Kutsche war vorgefahren, vier Soldaten, mit Bajonetten bewaffnet, saßen oben auf den Klappsitzen. Man packte ihn an den Armen, um ihn ins Innere der Kutsche zu zerren.
    „Nehmt eure dreckigen Finger von mir“, tobte er wütend und stemmte sich gegen seine Bewacher, „ich steige aus freien Stücken ein.“
    Der Offizier ließ sich auf nichts ein, gab den Männern einen Wink, keine Zeit zu verlieren, und man schleifte ihn in die Kutsche. Keuchend sank er auf den Sitz, der Schlag wurde zugestoßen, und im gleichen Moment setzte sich das Gefährt in Bewegung.
    Während die Kutsche, eskortiert von einer Gruppe Soldaten, über das Petersburger Kopfsteinpflaster ratterte, arbeitete sein Kopf fieberhaft. Man würde ihn auf die Festung bringen, dazu musste man über die Newa setzen – vielleicht würde sich dabei eine Gelegenheit zur Flucht bieten. Wenn nicht, blieb nur die Chance, dass ihm einer der Soldaten helfen würde. Er hatte zwei der Männer erkannt, sie waren damals in dem Regiment gewesen, das er befehligt hatte, als er noch Offizier im Dienst des Zaren war. Verflucht – warum war er nicht schneller gewesen? Warum hatte er nicht längst die Stadt verlassen? Was ihm jetzt bevorstand, war nicht schwer zu erahnen. Man würde ihn verhören, möglicherweise foltern, und wenn man aus ihm herausgepresst hatte, was man wissen wollte, würde er in irgendeinem düsteren Kerker sein Leben beschließen. Was für ein jämmerliches Ende.
    Die Umsicht des Offiziers machte seine Hoffnung zunichte. Mit verbundenen Augen, an Händen und Füßen gefesselt, schleppte man ihn wie ein Paket in ein Boot, er sah nicht einmal, wo er sich befand, hörte nur die Ruderschläge und spürte das Schwanken des Schiffes unter sich. Erst als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte, nahm man ihm die Binde von den Augen. Im matten Licht der Petersburger Nacht erblickte er die gewaltigen, düsteren Quader der Festung, in denen die helle Silhouette des Newa-Tores schimmerte wie ein prächtiger Eingang zur Unterwelt. Man führte ihn rechter Hand an der Kathedrale vorbei zu den Gebäuden der Kommandantur.
    „Der Gefangene Andrej Semjonitsch Dorogin.“
    „Bringt ihn herein.“
    Das Arbeitszimmer des Kommandanten war erstaunlich luxuriös eingerichtet, was darauf hindeutete, dass Maksim Nikolajewitsch Kaschubow ein Mann war, der das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden wusste. Ein Schreibtisch aus rötlichem Pappelholz mit Messingbeschlägen zierte den Raum, darauf erblickte Andrej einige Utensilien aus grünem Malachit sowie eine runde, schwarze Schnupftabakdose mit dem Konterfei irgendeines Generals. Der Kommandant selbst war ein kleiner Mensch mit rötlichem Backenbart, schmalen Brauen und hellen, beweglichen Augen. Seine Physiognomie erinnerte stark an einen Fuchs.
    „Nehmt ihm die Fesseln ab.“
    Man löste die Stricke an seinen Handgelenken, und er zog die fast taub gewordenen Arme nach vorn. Der Kommandant beobachtete ihn dabei, ohne eine Miene zu verziehen. Er wusste, dass eine Flucht aus der Festung so gut wie unmöglich war – man konnte großmütig sein, zumal
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