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Die Gang: Roman (German Edition)

Die Gang: Roman (German Edition)

Titel: Die Gang: Roman (German Edition)
Autoren: Richard Laymon
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Meisterhafte versuchte, sein Einrad zu besteigen, sich dabei an Debbie klammerte und vorgab, die Balance zu verlieren, wenn das Rad sich unter ihm drehte und wegrollte. Er ließ sich gegen sie fallen, umarmte sie, knetete ihren Po. Schließlich hockte er unsicher auf dem hohen Sattel und schlingerte davon. Er sauste schräg über die Bühne, drehte sich und zuckte, als hätte er keine Gewalt über das Rad.
    Schließlich schien er so etwas wie eine Balance gefunden zu haben. Er wischte sich mit einem roten Halstuch die Stirn.
    Debbie wollte die Bühne verlassen, aber er sagte: »Warten Sie, warten Sie! So leicht kommen Sie nicht davon!«
    Maxwells Assistent erschien mit drei brennenden Fackeln. Eine von ihnen reichte er Debbie.
    »Ein reizendes Mädchen«, sagte Maxwell, »sie hat ein Licht für mich angezündet.«
    Er machte weiter mit den Witzen und sagte zu Debbie: »Du heizt mich wirklich an.« Dann fragte er nervös nach ihren Qualitäten als Werfer und bat sie schließlich, ihm die Fackel zuzuwerfen. »Zuwerfen, nicht auf mich werfen. Meine glühende Leidenschaft muss nicht erst entflammt werden.«
    Das Publikum reagierte nicht, und er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Dave wusste, was die Geste zu bedeuten hatte – dass das Publikum einen Witz verpasst hatte. Er hatte viele Kleinkünstler dieselbe Geste machen sehen, in all den Jahren, in denen er mit seiner Familie das Freilichttheater in Funland besuchte. Die Geste ging ihm jedes Mal auf die Nerven.
    Wir haben den Witz nicht verpasst, wollte er rufen. Es war einfach nicht witzig.
    Debbie warf Maxwell nacheinander alle drei Fackeln zu. Die dritte warf sie zu hoch. Maxwell fuhr mit seinem Einrad rückwärts und fing sie mit einer Geschicklichkeit, die Dave tatsächlich für meisterhaft hielt.
    Während er mit den Fackeln jonglierte, dankte er Debbie und schlug vor, dass sie ihn nach der Show treffen sollte, »um das Feuer zu löschen«.
    Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass ihr langes blondes Haar von einer Seite zur anderen flog. Danach drehte sie sich um und winkte dem jubelnden Publikum zu, bevor sie schnell die Treppe hinuntereilte, als wollte sie weiteren Bemerkungen Maxwells entkommen.
    Kerry lehnte sich zur Seite und zupfte an Joans Ärmel.
    »Mommy, warum gehst du nicht hin?«
    »Nein danke, Schatz.«
    »Geh doch, das wäre ein Spaß!«
    »Ich glaube nicht, dass Maxwell jetzt noch einen Trottel braucht«, sagte Joan.
    »Was ist ein Trottel?«
    »Jemand, über den man sich lustig macht.«
    »Im Übrigen«, sagte Dave, »hat Mommy so was schon gemacht. Sie war auf der Bühne mit Fred dem Zauberer. Und du auch, Kleines.«
    »Ich?«
    »Du warst in Mommys Bauch.«
    »Erinnere mich bloß nicht«, sagte Joan. »Das Schlimmste, was mir je passiert ist.«
    »Warst du ein Trottel?«
    »Ich habe mich jedenfalls wie einer gefühlt, Schatz.«
    »Ich muss zugeben«, sagte Dave, »dass der Kerl über ein erstaunliches Repertoire an schlechten Witzen verfügte.«
    »Er war sozusagen schwanger mit blöden Bemerkungen«, fügte Joan hinzu.
    Maxwell beendete seine Übung, sprang vom Einrad und verbeugte sich. Dann gab er eine Zugabe. Er ließ sich von seinem Assistenten die Augen verbinden und jonglierte nochmals mit den Fackeln. Am Ende ließ er sich auf ein Knie fallen, griff unter dem anderen Bein durch und fing die letzte Fackel, ehe sie zu Boden fiel. Dave legte die Arme um Kerry und klatschte vor ihrem Bauch. Sie hielt seine Handgelenke und half mit. Maxwell der Meisterhafte verließ die Bühne nach etlichen sehr professionellen Verbeugungen.
    Die Lichter gingen aus. Das Publikum wurde still. Dave konnte im Hintergrund die Karussellmusik, Stimmen und Lachen von der Promenade hören. Er hörte außerdem das entfernte Dröhnen der Achterbahn.
    »Ist es jetzt Zeit für Robin?«, flüsterte Kerry.
    »Ich glaube, ja«, sagte Dave.
    »Wird sie Das Schnurrland singen?«
    »Sie hat es dir doch versprochen.«
    »Hoffentlich vergisst sie es nicht.«
    Eine Stimme dröhnte aus dem Lautsprecher in die Dunkelheit. »Ladys und Gentlemen, das Funland-Freilichttheater ist stolz, Ihnen eine ganz besondere Attraktion bieten zu können. Unsere nächste Künstlerin ist gerade von ihrem letzten Engagement in der Grand Ol’Opry zurückgekehrt.«
    Dave hörte begeistertes Murmeln aus dem Publikum.
    »Sie haben vielleicht ihre Lieder im Radio gehört. Vielleicht haben Sie sie auch in der Dolly-Parton-Show letzten Monat gesehen.«
    Fangt doch endlich an, dachte Dave.
    » UNSER
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