Die Gang: Roman (German Edition)

nieder. »Dummes Kind«, murmelte sie. »Bleib einfach bei uns und …«
    Debbie keuchte und erstarrte.
    Ächzen und Grunzen ertönte hinter ihnen.
    Dave riss den Kopf herum. Jaspers Freaks waren ganz aufgeregt, einige zeigten den Flur hinunter, andere rannten auf das Loch in der Wand zu, wieder andere zu den Resten des Irrgartens.
    »Dave.«
    Joans Stimme. Nur ein Flüstern.
    »Dave?«
    Er schaute sie an.
    Ihr entsetzter Blick aus weit aufgerissenen Augen traf seinen für einen Augenblick, dann schaute sie wieder weg. Zum anderen Ende des Flures.
    Dave folgte ihrem Blick.
    Und er sah schwarze Insektenbeine im Kerzenlicht krabbeln. Sie klammerten sich am Boden fest. Klauen kratzten über das Holz, und eine gewaltige Spinne kroch aus dem Dunkel unter der Falltür auf sie zu. Auf ihrem Rücken ritt Jasper Dunn, den Zylinder verwegen schräg auf dem Kopf, einen Revolver in jeder Hand.
    Das kann nicht sein.
    Dave fühlte sich, als hätte man ihn in den Bauch getreten.
    Er keuchte. Was für ein Bild! Die Spinne krabbelte auf ihn zu. Und oben saß Jasper wie ein verrückter Viehtreiber und schwang zwei Revolver.
    Das kann einfach nicht wahr sein.
    Dave stand auf, mit tauben, zitternden Beinen, und zog Debbie am Nacken mit sich. »Los«, sagte er. Seine Stimme klang weit weg. »Lauf.«
    Sie blieb wie erstarrt neben ihm stehen.
    Joan kam auf die Füße und zog in Zeitlupe die .38er, als Jasper beide Läufe auf sie richtete. Dave hob die Beretta. Schüsse donnerten durch den Flur. Kugeln peitschten an Daves Gesicht vorbei. Der Hut flog von Jaspers Kopf. Debbie wurde getroffen und umgerissen. Ein Auge des Monsters explodierte in rotem Nebel. Eine Kugel zerriss Jaspers rechtes Handgelenk, und einer der Revolver fiel herunter. Im selben Augenblick erwischte es ihn auch im Gesicht. Sein Kopf flog zur Seite, das Kinn halb abgerissen. Aber er blieb auf der Spinne sitzen und schoss mit dem zweiten Revolver. Das Monster war weniger als zwei Meter entfernt. Es würde sie in Sekunden erreichen.
    Dave konzentrierte seine Feuerkraft auf die Spinne. Eine Kugel streifte seinen Arm, aber er blieb stehen und drückte den Abzug. Eines der Spinnenbeine brach. Er sah, wie seine Kugeln Löcher in ihren flachen, borstigen Kopf rissen. Joan sprang nach vorn.
    »Nein!«, schrie er.
    Die Spinne schien zu stolpern. Ihre Innereien hingen auf den Boden, aber sie kam immer noch näher, die Fresswerkzeuge bewegten sich wie eine Zange auf Dave zu. Der letzte Schuss aus seiner Beretta ließ ein weiteres Auge explodieren. Er griff nach der .38er und sah, wie Joan mit dem Messer in der Hand über zwei zappelnde Spinnenbeine sprang. Sie hatte keinen Revolver mehr. Er musste leer sein.
    Jasper zielte auf ihr Gesicht. Er würde sie nicht verfehlen. Ein einfacher Schuss.
    Dave zog die .38er.
    Aber das dauerte so lange … so lange.
    Er hörte, wie der Hammer von Jaspers Revolver klickte. Ein kurzes, trockenes Geräusch.
    Kein Schuss.
    Keine Kugel mehr.
    Nun zielte Dave auf Jasper, aber er schoss nicht. Er hatte Angst, Joan zu verletzen, denn sie warf sich jetzt direkt hinter Jasper gegen den aufgeblähten Körper der Spinne. Sie sprang auf das Monstrum. Jasper drehte sich um und rammte ihr einen Ellbogen in die Seite. Sie hakte ihren Arm um sein zerrissenes Kinn und riss ihn nach hinten. Mit dem anderen Arm holte sie aus und stieß ihm das Messer in die Brust. Sie zog das Messer wieder heraus, stach nochmals zu und schleuderte ihn dann zur Seite. Er fiel von seinem Reittier, rutschte mit dem Kopf zuerst vor die Beine der Spinne.
    Die Fresszangen der Spinne griffen nach Dave.
    Sie umklammerten ihn unterhalb der Knie.
    Wie konnte das Vieh noch am Leben sein?
    Er feuerte, pumpte Kugel um Kugel in den Kopf des Monstrums, das seine Beine zusammenpresste. Er fiel auf den Rücken, auf leere Patronenhülsen. Dann hörte er Joan schreien.
    Weshalb schreit sie?, fragte er sich.
    Er hob sich auf die Ellbogen und sah, dass Joan immer noch oben auf der Spinne hockte. Mit schrillem Kampfgeschrei stach sie immer wieder auf den Rücken des Tieres ein.
    Sie schreit wegen mir.
    Er wand sich und versuchte, sich freizutreten, aber die Fresszangen zerrten an ihm. Er rutschte auf dem Boden auf die Spinne zu.
    Sie hob ihren Kopf.
    Was von ihrem Kopf übrig war. Ein abscheuliches, unförmiges Ding, mit roter und gelber Flüssigkeit besudelt, die aus den zahlreichen Wunden strömte.
    Das Scheißvieh ist mausetot, schrie Daves Verstand. Wieso kann sie das noch tun?
    Die Spinne zog ihn