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Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)

Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)

Titel: Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)
Autoren: Leslie Parrish
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mehrmals, um ihr Hirn zu überzeugen, dass sie mit diesem Anblick umgehen konnte. Sie hatte den Obelisken zwar schon gesehen, als er wieder aufgebaut wurde, vom anderen Ufer des Potomac aus, wenn sie in Virginia ihre Mutter besuchte. Aber so nah war sie dem Monument lange nicht mehr gewesen. Seit jenem Tag nicht mehr.
    Hier … das war die Stelle, an der ihre Welt in Schutt und Asche versunken war. Für jeden US -Bürger gab es einen bestimmten Ort, der den Schmerz des 20. Oktobers symbolisierte. Das hier war ihrer.
    Doch das Denkmal war schön, das musste Ronnie zugeben. Hoch, aufrecht, inspirierend. Von amerikanischen Flaggen umgeben und seit der gestrigen Zeremonie vorn mit einer großen neuen Bronzetafel versehen, hob es sich strahlend hell vom wolkenlosen blauen Sommerhimmel ab.
    Das Bauwerk verkündete stolz, dass Monumente wieder aufgebaut werden konnten und dass Amerika sich nicht am Boden halten ließ. Der schlichte Obelisk war, ganz wie es sich die Organisatoren des patriotischen Unabhängigkeitstages gestern erhofft hatten, ein Symbol für alles, was an diesem Land gut und richtig war.
    Trotzdem hasste Ronnie ihn. Sie verabscheute ihn mit jeder Faser ihres Wesens.
    Sie musste wegschauen und konzentrierte sich stattdessen auf die Baustelle, die sichtbar wurde, als sie nach links auf die State abbog. Ein Monstrum aus Beton erhob sich aus dem brach liegenden Boden. Es war eingerüstet, und ringsherum arbeiteten Planierraupen und andere schwere Maschinen. Da es an den beiden Seiten schon höher aufragte, während in der Mitte noch wesentlich mehr Arbeit nötig war, wirkte es wie ein ungeheuer großes wildes Tier mit aufgesperrtem Maul, bereit, nach oben zuzuschnappen und alles über sich zu verschlingen, von einem niedrig fliegenden Flugzeug bis hin zu den Träumen einer ganzen Nation.
    Die Ostseite – der einzige Teil des Gebäudes, der bei den Explosionen nicht vollkommen zerstört worden war – war schon am weitesten wiederhergestellt. Der Kongress hatte entschieden, dort mit den Reparaturen und dem Wiederaufbau zu beginnen, statt die Überreste des berühmten Wahrzeichens abzureißen und ganz neu zu bauen. Es hieß, dieser Gebäudeteil solle eine Verbindung zur Vergangenheit darstellen. Ronnies persönliche Meinung war allerdings, dass es wohl zu demoralisierend gewesen wäre, wenn die Bürger den Abriss der Ruine hätten mitansehen müssen.
    Aber was auch der Grund für diese Entscheidung gewesen sein mochte, wenn das alles fertig war, würde der Ostflügel der berühmte, der historische Teil sein, nicht der Westflügel, in dem sich das Oval Office befunden hatte.
    »Tut weh, das zu sehen«, flüsterte Mark. Diesmal klang er ernst, beinahe verletzt.
    Ronnie nickte schweigend, sie verstand seine Reaktion, denn ihr ging es genauso. Selbst nach fast fünf Jahren tat es noch unvorstellbar weh, die Ruinen des Weißen Hauses zu sehen, in dem der Präsident ihres Landes ums Leben gekommen war.

2
    »Sie ist seit etwa achtzehn Stunden tot.«
    Eigentlich hätte Ronnie den jungen, unerfahren wirkenden Uniformierten des Secret Service, der mit ihnen am Tatort stand, für diese Information nicht gebraucht. Jeder Neuling bei ihnen im D. C. P.D. hätte schon am ersten Tag rausgekriegt, wie lange das Opfer tot war. Man brauchte dazu nur einmal mit einem Handscanner über den rechten Oberarm eines gesetzestreuen US -Bürgers zu fahren, und schon erhielt man die wichtigsten Daten: Name, Alter, Adresse, Strafregister, weitere Personendaten, Todeszeitpunkt – bis hin zum Namen des Hausarztes und einer Liste der Allergien.
    Sie fragte sich, ob auf dem Chip dieser Frau eine Allergie gegen große fiese Messer aufgeführt war.
    »Sie haben ihren Identi-Chip also gefunden?«
    Der Junge nickte. »Hat ein bisschen gedauert, aber wir haben ihn.«
    Ausgezeichnet. Als die Regierung vor dem 20. Oktober2017 , in dieser verrückten Zeit voller Gewalttaten, für alle Amerikaner den Erkennungschip hatte einführen wollen, war es zu Krawallen gekommen. Doch als Polizistin war Ronnie absolut dafür gewesen. Und nach dem 20. Oktober hatte es kaum noch Proteste gegeben. Alle hatten wie betäubt Schlange gestanden, um sich von einer Krankenschwester der Regierung eine Nadel, dick wie der Hals eines Kleinkindes, in den Arm schieben und den Chip implantieren zu lassen.
    Wer wollte schließlich nicht, dass seine sterblichen Überreste identifiziert wurden, wenn er vielleicht beim nächsten Anschlag ums Leben kam? Wenn die Dinger seit den
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