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Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)

Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)

Titel: Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)
Autoren: Leslie Parrish
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neunziger Jahren mit Erfolg bei Hunden und Katzen eingesetzt wurden, so hatten die Befürworter argumentiert, warum sollten sie dann nicht auch für Menschen taugen?
    Vielleicht hätte es mehr Widerspruch gegeben, wenn der Durchschnittsbürger gewusst hätte, dass Vater Staat den Datenchip im Arm für wesentlich mehr als nur für Namen und Personalien nutzen würde. Zum Beispiel wurde darauf abgespeichert, wo man Urlaub machte, denn der Chip ersetzte seit zwei Jahren den Pass. Oder wie viel Geld man verdiente, denn die kleinen Datenträger wurden routinemäßig zur Identifikation von Kunden bei finanziellen Transaktionen verwendet. Sogar wie oft man während der Arbeitszeit aufs Klo ging, hielt der Chip fest, also reine Körperfunktionen.
    Nein, die Implantate waren nicht perfekt. Doch im Großen und Ganzen schätzte Ronnie die fiesen kleinen Dinger, weil sie die Arbeit der Polizei ohne Frage erleichterten. Allerdings musste sie zugeben, dass es in diesem Fall weniger leicht gewesen war, den Chip des Opfers zu lesen, denn einen rechten Oberarm konnte sie hier nicht so ohne Weiteres erkennen.
    Was für eine Sauerei.
    »Haben Sie einen kompletten Datenausdruck angefordert?«, fragte sie, während sie sich zu erinnern versuchte, ob der junge Special Agent sich als Bailey oder als Boyle vorgestellt hatte. Sie hatte ihm kaum einen Blick geschenkt, als er sie und Daniels unten an der Treppe begrüßt und dann in diese Todeskammer geführt hatte. Allein der Aufenthalt im zweiten Untergeschoss des im Bau befindlichen neuen Weißen Hauses war schon verwirrend, auch ohne den Mordfall, in dem sie ermitteln sollten.
    »Ja, selbstverständlich.« Der junge Mann erstarrte in Abwehrhaltung, wie ein Stachelschwein, das sich sträubte. Oder wie ein Beamter der Bundespolizei, der bloße D. C. P. D.-Bullen auf sein Terrain lassen musste. Ha, dabei hatte man damals, vor dem Anschlag, die Leute von der uniformierten Abteilung doch nur für einen privaten Sicherheitsdienst für das Weiße Haus gehalten.
    Und jetzt sollten sämtliche Gesetzeshüter zu einer großen glücklichen Familie gehören, denn man hatte sie alle unter dem Dach einer neuen Oberbehörde zusammengepfercht. Doch angesichts seiner fest zusammengepressten Lippen kam Ronnie der Verdacht, dass Bailey-Boyle die entsprechende Mitteilung nicht erhalten hatte und über die Situation nicht glücklich war.
    Tja, da hatte er Pech gehabt. Ronnie vermutete, dass die arme Frau, die da zerstückelt vor ihnen lag, kein Verständnis dafür haben würde, dass irgendein blöder Behördenarsch die Ermittlungen in ihrem Mordfall bremste, bloß weil er sein Territorium verteidigen wollte.
    »Also, äh, Agent Boyle, wo könnte dieser Datenausdruck denn sein?« Ronnie sprach langsam. Ihr Ärger wuchs, weil sie ihm jetzt einen eigentlich routinemäßigen Lagebericht aus der Nase ziehen musste. Er war praktisch noch ein Kind, so jung und grün, dass sie fast das Waschmittel riechen konnte, mit dem auf der Akademie in Glynco seine Uniform gewaschen worden war. Stumm stand er im Weg herum, anstatt zur Sache zu kommen, wie jeder Streifenpolizist es innerhalb von zehn Sekunden nach ihrem Eintreffen am Tatort getan hätte.
    »Bailey.« Er presste die Zähne noch fester zusammen. »Die Daten werden gerade runtergeladen. In ein paar Minuten ist alles fertig und ausgedruckt.« Nach einem Räuspern fügte er hinzu: »Der Chip war ein bisschen … verbogen. Und schmutzig. Er musste gesäubert werden – mit der drahtlosen Verbindung hat es anfangs gar nicht geklappt.«
    Ronnie erinnerte sich, dass ihr Chef ihr immer predigte, sie solle nett zu den Leuten sein, sonst liefe sie Gefahr, jemanden zu verschrecken, von dem sie sich auch nettes Verhalten wünschte. Also entspannte sie sich und versuchte es noch einmal, jetzt mit der altmodischen Kameraderie unter Gesetzeshütern. »Ziemlich scheußlich, was?«
    Bailey, der schätzungsweise Anfang bis Mitte zwanzig war, riss den Kopf hoch und senkte ihn rasch wieder. Ein Nicken. In seinen Augen blitzte etwas auf – Nervosität, vielleicht sogar Panik. Offenbar gelang es ihm nur unter größter Willensanstrengung, die Fassung zu bewahren.
    Also spielte er mit seiner Steifheit und seinem Gehabe vielleicht nicht einfach nur den Platzhirsch. Vielleicht war der Junge einfach zu unerfahren und grün und konnte mit so einem Tatort nicht umgehen, ohne etwas zu empfinden … irgendetwas. Jedem Neuling musste das so gehen.
    Ronnie korrigierte ihren Gedanken rasch –
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