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Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Titel: Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules
Autoren: Agatha Christie
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nach Bloomsbury Road Square 38.
    Die Nummern 38, 39 und 40 bildeten zusammen das Hotel Balaclava. Poirot ging die Stufen hoch und stieß die Tür auf. Drinnen empfing ihn Dämmerung und ein Geruch von gekochtem Kohl und Frühstücksheringen. Zu seiner Linken stand ein Mahagonitisch mit einem Topf verwelkter Chrysanthemen. Über dem Tisch war ein großes, mit grünem Tuch überzogenes Gestell für Briefe. Poirot starrte es einige Minuten lang nachdenklich an. Dann stieß er eine Tür zu seiner Rechten auf. Sie führte in eine Halle mit kleinen Tischen und einigen Lehnstühlen, die mit einem missfarbigen Cretonne überzogen waren. Drei alte Damen und ein grimmig dreinblickender alter Herr hoben die Köpfe und starrten den Eindringling feindselig an. Hercule Poirot errötete und zog sich zurück.
    Er ging weiter den Gang entlang und kam zu einer Treppe. Rechts von ihm zweigte ein Korridor ab, der augenscheinlich zum Speisesaal führte.
    Ein Stückchen weiter auf diesem Korridor war eine Tür mit der Aufschrift »Büro«.
    Hier klopfte Poirot an. Da er keine Antwort erhielt, öffnete er die Tür und blickte hinein. Es stand ein großer, mit Papieren bedeckter Schreibtisch in dem Raum, aber niemand war zu sehen. Er zog sich zurück, schloss die Tür wieder und drang in den Speisesaal vor.
    Ein missmutig dreinblickendes Mädchen mit einer schmutzigen Schürze schlurfte mit einem Korb voll Messer und Gabeln herum und legte sie auf die Tische.
    Hercule Poirot sagte entschuldigend:
    »Verzeihen Sie, kann ich die Direktorin sprechen?«
    Das Mädchen blickte ihn mit müden Augen an.
    Sie entgegnete:
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    Hercule Poirot sagte:
    »Es ist niemand im Büro.«
    »Ich weiß wirklich nicht, wo sie ist.«
    »Vielleicht«, sagte Poirot geduldig und beharrlich, »könnten Sie nachsehen.«
    Das Mädchen seufzte. Ihr Tag verlief freudlos genug, und jetzt legte man ihr noch diese Bürde auf. Sie sagte traurig:
    »Ich werde nachsehen, wo sie ist.«
    Poirot dankte ihr und begab sich wieder in den Vorraum; er hatte nicht den Mut, sich den stechenden Blicken der Halleninsassen auszusetzen. Er starrte zu dem grün überzogenen Briefgestell hinüber, als ein Rascheln und ein starker Veilchenduft die Ankunft der Direktorin anzeigte.
    Mrs Harte war die Liebenswürdigkeit selbst. Sie rief aus: »Ich bedaure sehr, dass ich nicht im Büro war. Sie wollen sich Zimmer ansehen?«
    Hercule Poirot murmelte:
    »Im Augenblick nicht. Ich wollte mich erkundigen, ob ein Freund von mir jüngst hier gewohnt hat. Ein Captain Curtis.«
    »Curtis«, wiederholte Mrs Harte. »Captain Curtis? Wo habe ich den Namen nur gehört?«
    Poirot kam ihr nicht zu Hilfe. Sie schüttelte ärgerlich den Kopf.
    Er fragte:
    »Ein Captain Curtis hat also nicht hier bei Ihnen gewohnt?«
    »Nein, in letzter Zeit bestimmt nicht. Und doch kommt mir der Name bekannt vor. Können Sie mir Ihren Freund irgendwie beschreiben?«
    »Das«, sagte Hercule Poirot, »wäre schwierig.« Er fuhr fort: »Ich vermute, es kommt manchmal vor, dass Briefe für Leute ankommen, auch wenn tatsächlich niemand dieses Namens hier wohnt?«
    »Das kommt natürlich vor.«
    »Was fangen Sie mit solchen Briefen an?«
    »Nun, wir behalten sie eine Weile hier. Das bedeutet wahrscheinlich, dass die fragliche Person bald ankommen wird, wissen Sie. Natürlich, wenn Bücher oder Pakete längere Zeit hier liegen bleiben, werden sie der Post zurückgestellt.«
    Hercule Poirot nickte nachdenklich. Er sagte:
    »Ich verstehe.« Und fügte dann hinzu: »Ich habe nämlich meinem Freund einen Brief hierher geschrieben.«
    Mrs Hartes Gesicht hellte sich auf.
    »Das erklärt die Sache. Ich muss den Namen auf einem Briefumschlag gelesen haben. Aber wir haben so viele ehemalige Offiziere, die hier wohnen oder auf der Durchreise sind. – Lassen Sie mich einmal nachsehen.«
    Sie blickte auf das Gestell.
    Hercule Poirot sagte:
    »Er ist nicht mehr da.«
    »Ich denke, er muss dem Briefträger zurückgegeben worden sein. Es tut mir so Leid. Nichts Wichtiges hoffentlich.«
    Als er zur Tür ging, verfolgte ihn Mrs Harte in einer Wolke ihres durchdringenden Parfums.
    »Wenn Ihr Freund kommen sollte – «
    »Es ist höchst unwahrscheinlich. Ich muss mich geirrt haben…«
    »Unsere Preise«, sagte Mrs Harte, »sind sehr günstig. Der schwarze Kaffee nach Tisch ist mit inbegriffen. Ich hätte Ihnen gerne ein oder zwei unserer Wohnschlafzimmer gezeigt…«
    Hercule Poirot entkam nur mit Müh.
     
    Mrs
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