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Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming

Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming

Titel: Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming
Autoren: John Niven
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1
»DA KOMMT GOTT - TUT SO, ALS WÄRT IHR BESCHÄFTIGT!«
    D AS STEHT AUF DEM ZERFLEDDERTEN AUFKLEBER, DER an dem Metallschrank neben dem Wasserspender klebt. Aber heute ist es kein Witz: Gott kommt wirklich, und die Leute geben sich auch alle Mühe, beschäftigt zu wirken. Raphael und Michael lungern vor der blubbernden Glaskuppel herum. Indem sie geschäftig mit Papieren hantieren, bedienen sie sich eines uralten Büro-Tricks, der in grauer Vorzeit konzipiert wurde, um dem unterbeschäftigten Angestellten einen Anstrich von Zielstrebigkeit zu geben. Im Unterschied zum zwanglosen Geplauder, das die beiden Engel noch letzte Woche hier am Wasserspender so genossen haben, ist ihre Unterhaltung abgehackt und hastig, ihr Ton klingt gedämpft, begleitet von nervösen Blicken den Flur hinab.
    »Wann kommt der Alte zurück?«, fragt Raphael.
    »Muss jeden Moment so weit sein. Jeannie sagte was von ›später Morgen‹«, erwidert Michael, ohne seinen Freund anzusehen. Er konzentriert sich auf den Spender, betätigt den Hebel fürs Wasser, woraufhin eine große Blase gluckernd in dem Behälter aufsteigt.
    »Mist. Glaubst du, dass Er angepisst sein wird?«

    »Angepisst?« Michael denkt darüber nach und nippt an seinem Wasser, während er seinen Blick durch das Zentralbüro schweifen lässt.
    Das Zentralbüro im Himmel sieht aus wie jedes andere Großraumbüro auch: hüfthohe Trennwände, Schreibtische mit Ablagekörben darauf, Telefone, Papierkörbe, Fotokopierer und Regale voller Akten. Doch es gibt auch Unterschiede: Im Himmel finden sich natürlich keine Neonröhren. Vielmehr ist alles von reinstem himmlischem Licht überzogen, durchflutet, durchdrungen - wie immer man es nennen will. Dem jungfräulichen Licht eines perfekten Morgens im Mai. Auch wenn heute aus naheliegenden Gründen eine gewisse unterschwellige Unruhe zu verspüren ist, herrscht dort gewöhnlich eine freudige, konzentrierte, enthusiastische Arbeitsatmosphäre, denn im Zentralbüro des Himmels ist es — wie könnte es anders sein - immer Freitagnachmittag. Noch so ein kleiner Unterschied: Die Bienenwaben aus Trennwänden und Schreibtischen reichen, so weit das Auge sieht; umgeben von watteartigen Wolkenfetzen erstrecken sie sich bis zum Horizont. Manch einen mag es vielleicht überraschen, zu erfahren, dass im Himmel gearbeitet wird, aber das war eine von Gottes genialsten Direktiven - und geniale Direktiven sind Gott alles andere als fremd. »Die Leute wollen arbeiten«, hatte Er zu Petrus gesagt. »Scheiße, die Leute müssen sogar arbeiten. Schau dir die Langzeitarbeitslosen an. Oder diese steinreichen Nichtstuer. Sehen die für dich vielleicht glücklich aus?« Weshalb jeder im Himmel, der einen Job will — und das sind die meisten -, auch einen bekommt.
    Michael trinkt den Becher leer und schließt verzückt die Augen, als die letzten Tropfen seine Kehle hinunterrinnen. Das Wasser im Himmel ... nun, Sie können es sich ja vorstellen.
    »Angepisst?«, wiederholt Michael. »Scheiße, Er wird ausrasten .«

    Selbst Jeannie, Gottes persönliche Assistentin, die sonst durch nichts zu erschüttern ist und normalerweise wie ein Schachgroßmeister fünfzehn oder zwanzig Züge vorausplant, selbst Jeannie ist heute Morgen ein klein wenig gereizt. Sie ist Anfang vierzig, war früher wahnsinnig attraktiv, jetzt nur noch sehr. »Nein, Seb«, herrscht sie einen ihrer beiden Assistenten an, »Er will es chronologisch. Stell diese Kisten da vorn hin.« Jeannie bereitet in Gottes Vorzimmer eine Rückschau der letzten gut vierhundert Jahre auf Erden vor. Da kommt eine Menge Zeug zusammen: Kartons mit Akten, Papieren und DVDs stapeln sich auf einer endlos langen Trolley-Schlange. Allein die Wagen voller CDs reihen sich meilenweit aneinander: Aufnahmen des gesamten irdischen Musik-Outputs aus vier Jahrhunderten.
    Sebastian zankt sich mit Lance, Jeannies anderem Assistenten. »Nein, du dumme Kuh! Die da gehören zu denen da drüben, wenn ...«
    »Ach du meine Güte, jetzt hör sich mal einer die an!«, erwidert Lance, eine Hand auf die Brust gepresst. Es ist schwer zu sagen, wer von beiden tuntiger ist.
    Als es darum ging, Personal fürs Allerheiligste zu rekrutieren, hatte Jeannie eines sehr schnell begriffen. Etwas, das sie auf Erden anscheinend falsch verstanden haben: Gott liebt Schwuchteln.
    »Weil, Dummerchen, Jeannie nämlich gesagt hat, es soll chronologisch sein!« «
    »Ach komm, sei lieb! «, sagt Lance und bedeutet ihm mit einem affektierten Winken, sich
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