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Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming

Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming

Titel: Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming
Autoren: John Niven
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Zeug, das es bei Seinem Aufbruch noch nicht gab. Emsige kleine Kreaturen. Als Er sich über Videospiele informiert, genießt Er die Daddelei als willkommene Abwechslung: Fassungslos darüber, dass sie nach Donkey Kong ein Vierteljahrhundert gebraucht haben, um Halo 3 zu entwickeln, spielt Er Letzteres in sieben Minuten durch.
    Gott steht auf, streckt sich und begutachtet mit einem kritischen Blick die haushohen Kartontürme sowie die auf dem Bildschirm Seines neuen Laptops blinkenden Ordner. »Jeannie«, fragt Er dann, »wird mir das Kummer bereiten?«
    »Nun, ich würde sagen, das ist eine berechtigte Annahme, Herr.«
    Gott macht ein paar Schritte, stellt Seinen Kaffeebecher auf einem Pappkarton ab und greift willkürlich nach einer Akte. Sie ist mit 18. JAHRHUNDERT: SKLAVENHANDEL beschriftet. Häh? Sklaverei war Gott ein Begriff, bedauerlicherweise. Diese barbarischen Pharaonen waren ganz verrückt danach gewesen. Aber Sklaven handel ? »Was zur Hölle ist ›Sklavenhandel‹?«, fragt Gott und öffnet stirnrunzelnd die Akte.
    »Ich denke, es wird das Beste sein, wenn wir Euch etwas Zeit geben, das alles durchzuarbeiten«, sagt Jeannie.

2
    E RLAUBEN SIE MIR AN DIESER STELLE EINE KURZE ANMERKUNG zum Unterschied zwischen himmlischer Zeit und irdischer Zeit. Die Zeit vergeht zwar auch in der Ewigkeit, aber langsamer. Sehr, sehr viel langsamer. Ein Tag im Himmel verstreicht ungefähr mit der Geschwindigkeit von 57 Erdenjahre. Seinen ersten und - bis letzte Woche - einzigen Urlaub machte Gott vor 4,6 Milliarden Jahren, in der Erdurzeit. Damals gab es noch keinen Sauerstoff, und die Erde war kaum mehr als eine flüssige Kugel, so frisch, dass sie noch dampfte. Der Urknall lag höchstens zehn Milliarden Jährchen zurück und war, wie konnte es auch anders sein, weiter nichts als ein blödes Missgeschick gewesen. Gott liebt es, sich morgens zur Entspannung einen durchzuziehen, aber mitunter bereut Er die Resultate. Hammerhaie? Schnabeltiere? Der Pavianarsch? Ganz ehrlich, wer würde den nicht zurückstutzen wollen? Bis zur Entstehung der Ozeane sollte es noch Tausende von Jahren dauern. Da kann man sich doch wohl mal eine kleine Auszeit nehmen, nicht wahr?
    Als Gott diesmal Seinen einwöchigen Urlaub antrat, schrieb man auf der Erde gerade das Jahr 1609, es war die Hochzeit der Renaissance, eine Epoche, die ihm enorme Freude bereitete. Das Zeitalter von Kopernikus, Michelangelo, da Vinci. Was gibt’s daran auszusetzen? Als Er aufbrach, sich die
Angelkiste unter den Arm klemmte und unbeschwert den Schlapphut aufs Haupt setzte, wurde in London gerade King Lear uraufgeführt, während Bacon auf der anderen Seite der Stadt an da Sapientia Veterum Liber arbeitete. El Greco malte, mit konzentriert an die Oberlippe gepresster Zunge und zitterndem Pinsel, Das fünfte Siegel der Apokalypse. Durch den Prototyp seines Teleskops blinzelnd, fiel Galileos Blick zum ersten Mal auf die vier Mondtrabanten des Jupiters. Monteverdi hatte gerade die Komposition von L’Orfeo vollendet. Ein idealer Zeitpunkt, um angeln zu gehen, wie Gott befand.
    Als Er gut erholt und mit einem Bündel Forellen unter dem Arm von Seinem Trip in die entlegene himmlische Provinz zurückkehrte, waren ziemlich genau vierhundert Jahre verstrichen. Auf der Erde schrieb man nun das Jahr 2011. Wie wir wissen, waren die letzten vier Jahrhunderte nicht gerade ereignisarm verlaufen ...
    Gott liest schnell. Schneller als jeder andere. Er ist imstande, Tausende dicht beschriebener Dokumente beinahe simultan zu erfassen, während Er sich gleichzeitig Videos und DVDs ansieht und sich durch die Ordner auf Seinem Rechner klickt, die die Informationen über den jüngsten Abschnitt jener Zeit enthalten, die Er verpasst hat. Gott braucht den ganzen Morgen und einen Teil der Mittagspause, um sich auf den neuesten Stand zu bringen. Rasend schnell erweitert Er Sein geografisches Wissen um eine Sturzflut unheilvoller Orte: Auschwitz, Buchenwald, Bergen-Belsen, Guantanamo, Belfast, Kambodscha, Vietnam, Flandern, Ypern, Nagasaki, Hiroshima, Ruanda, Bosnien. Von Zeit zu Zeit schrecken Jeannie, Lance und Seb hinter ihren Schreibtischen auf, wenn sie Sein gedämpftes Heulen und Schreien vernehmen.
    Als Er sich durch das 20. Jahrhundert arbeitet – wobei Er regelmäßig innehalten muss, um sich zu übergeben –, erfährt Gott von befremdlichen, völlig neuartigen Konzepten,
von Kapitalismus und Kommunismus. Von nuklearer Abschreckung und dem Gleichgewicht des Schreckens. Vom
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