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0,1 % - Das Imperium der Milliardäre

0,1 % - Das Imperium der Milliardäre

Titel: 0,1 % - Das Imperium der Milliardäre
Autoren: Hans-Jürgen Krysmanski
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Vorwort
    Auf der Frankfurter Buchmesse 2010 sprachen wir über den Plan, ein Buch über Deutschlands »äußerst öffentlichkeitsscheue und der breiten Masse kaum bekannte Milliardäre« ( Financial Times Deutschland ) herauszubringen. Der zunächst angedachte Titel »Wie Milliardäre den Kapitalismus überwinden« schien das gehörige Quentchen an Ironie zu enthalten, das einem solchen Thema angemessen war, von dem Carl Schmitt einst sagte, kein Soziologe wage sich dran. Und ich hatte ja schon ein einschlägiges Buch geschrieben, das sich vor allem auf die Geschichte der amerikanischen Reichtumsforschung konzentrierte. 1 Eine Beschränkung allerdings allein auf Deutschland war auch bei dem neuen Projekt nicht sinnvoll, denn diese Schicht der Superreichen, die ja weltweit nur wenige tausend Personen und Familien umfasst, ist ein globales, ein, wenn man so will, kosmopolitisches Phänomen.
    Wir, das heißt Verleger, Verlagslektorin und ich, sprachen also über dieses Buch, amüsierten uns und optierten schließlich – eingedenk der neuen Protestbewegungen Occupy Wall Street und 99 Prozent – für den Haupttitel 0,1 Prozent . Ich begann, meine Materialberge zu sichten, Neues zu sammeln und erste Skizzen zu schreiben. Es war die Zeit, in welcher in den USA der Vorwahlkampf innerhalb der Republikanischen Partei um die Präsidentschaftskandidatur an Fahrt auf- und ungeahnte Schärfe annahm. Die großen amerikanischen Blätter der Ost- und Westküste titelten bald »Big backing for Romney from the wealthy few«, »A Big Check, and Gingrich Gets a Big Lift« und so fort. Je mehr man sich in diese Welt des hemmungslosen Stimmenkaufs vertiefte, je ominöser bei uns die Auseinandersetzungen um den kleinen Nebenschauplatz Schloss Bellevue undin Europa um den großen Eurogoldrausch wurden, desto mehr verdüsterte sich meine Stimmung.
    Der Mut, dieses Buch zu schreiben, verließ mich fast nach der folgenden Episode. Das Thema Superreiche hatte ja in der Krise der Finanzmärkte endlich auch die Mainstream-Medien erreicht, altkonservative Zeitungen nahmen sich der unverkennbaren »plutokratischen« Tendenzen in unserer Gesellschaft an und lobten nicht nur Marx, sondern sogar den Anarchismus. Und so bekam auch ich – wegen meines früheren Buches – des öfteren Interviewanfragen. Ich wollte mir aber den Kopf frei halten und sagte deshalb nur bei ein, zwei Gelegenheiten zu. Und wenn ich mich schon darauf einließ, wollte ich wenigstens die Wogen testen und mit der einen oder anderen These auch übertreiben und provozieren.
    Ein willkommener Anlass war die inzwischen jährlich erscheinende Sonderausgabe des Manager Magazins »Die 500 reichsten Deutschen«. Hinter dieser Publikation stecken eine gewaltige Fleißarbeit der Redaktion und sicher auch eine brisante Datenbank. Doch öffentlich diskutiert werden die Erkenntnisse kaum – und schon gar nicht vertieft. Man war noch nicht einmal, soweit ich sah, auf die Idee gekommen, die Vermögensbestände der 500 reichsten Deutschen zu addieren. Ich tat das also und »errechnete« eine Summe von 3,3 Billionen, also 3 300 Milliarden Euro. Das war natürlich, bezogen allein auf die 500 Reichsten, um den Faktor zehn zu hoch. Diese (im ganzen Kontext meiner Argumentation durchaus nebensächliche) Aussage »500 haben 3 300« floss in zwei Interviews und von da in zahlreiche Blogs und Foren.
    Was dann geschah, drohte mir meine Unbefangenheit auch gegenüber dem ganz allgemeinen Thema gänzlich zu nehmen. Zunächst einmal merkte kaum jemand, dass diese Zahl nicht stimmen konnte. Dann kamen Fixierungen auf dieses Detail und da und dort Aggressionen. Und auf einmal spürte ich, welche ungeheuren Macht- und Herrschaftsenergien eine leichtfertige Provokation hervorrufen kann und welche – sagen wir einmal – Selbstverteidigungskräfte in diesem Macht- und Herrschaftssystem stecken. Wagemut also war angesagt. Jetzt erst recht weiterzuschreiben war die einzige Lösung – und das zugleich mit der Lockerheit und dem Vergnügen,die allein uns jene Unabhängigkeit und innere Freiheit sichern, die zu den Errungenschaften unserer Epoche gehören. Beharren wir also auf unserer subjektiven Souveränität, die durch Geldmacht in Gefahr ist, und machen wir uns auf gelegentlich unterhaltsame Weise kundiger über das 0,1 Prozent der Menschheit, das den Prozess der Globalisierung und die Welt der Postmoderne zu usurpieren droht.
    Dieses Buch ist Teil eines offenen Projekts, keine abgeschlossene Analyse oder
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