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Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Titel: Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules
Autoren: Agatha Christie
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setzte sich mit Augustus auf den Knien nieder. Er sagte:
    »Also habe ich den Nemeischen Löwen gefangen. Meine Aufgabe ist vollbracht.«
    Amy Carnaby fragte mit rauer, harter Stimme:
    »Wissen Sie wirklich alles?«
    Poirot nickte.
    »Ich glaube schon. Sie haben dieses Geschäft mit Hilfe von Augustus organisiert. Sie haben den Hund Ihrer Dame wie gewöhnlich ausgeführt, haben ihn hierhergebracht und gingen mit Augustus in den Park. Der Parkwächter sah Sie wie immer mit einem Pekinesen. Das Kindermädchen, wenn wir es gefunden hätten, hätte auch bestätigt, dass Sie einen Pekinesen an der Leine hatten, als Sie mit ihm sprachen. Dann, während Sie plauderten, durchschnitten Sie die Leine, und Augustus, von Ihnen abgerichtet, machte sich eiligst davon und lief schnurstracks nach Hause. Ein paar Minuten später schlugen Sie Alarm, dass der Hund gestohlen worden sei.«
    Es entstand eine Pause. Dann richtete sich Miss Carnaby mit einer irgendwie rührenden Würde auf und gestand:
    »Ja, es stimmt alles. Ich – ich habe nichts hinzuzufügen.« Die Kranke auf dem Sofa begann leise zu weinen.
    Poirot forschte:
    »Gar nichts, Mademoiselle?«
    Miss Carnaby erwiderte:
    »Nichts. Ich war eine Diebin – und jetzt bin ich ertappt worden.«
    »Sie haben zu Ihrer eigenen Verteidigung nichts zu sagen?«
    Zwei rote Flecken erschienen plötzlich auf Miss Carnabys bleichen Wangen. Sie sagte:
    »Ich – ich bereue nicht, was ich tat. Ich glaube, dass Sie ein gütiger Mensch sind, Monsieur Poirot, und dass Sie mich vielleicht verstehen werden. Ich hatte so schreckliche Angst, wissen Sie.«
    »Angst?«
    »Ja, Angst. Ich vermute, es ist für einen Mann schwer zu verstehen. Aber, sehen Sie, ich bin keine besonders kluge Frau, ich habe keine Bildung, und ich werde alt – ich habe entsetzliche Angst vor der Zukunft. Ich konnte nichts ersparen – Emily musste gepflegt werden, wie konnte ich da etwas zurücklegen? Und wenn ich älter und weniger arbeitsfähig werde, wird mich niemand mehr haben wollen. Man braucht Jüngere, Beweglichere. Ich kenne so viele Frauen, wie ich eine bin – niemand braucht einen mehr, und man wohnt in einem Zimmer und kann sich kein Feuer leisten und keinerlei Wärme, und zum Schluss kann man nicht einmal mehr die Miete bezahlen… Gewiss, es gibt Institutionen, aber es ist nicht leicht hineinzukommen, wenn man keine einflussreichen Freunde hat, und ich habe keine. Es gibt viele in der gleichen Lage – arme Gesellschafterinnen, ungeschulte, nutzlose Frauen, mit nichts vor sich als Todesangst…«
    Ihre Stimme zitterte. Sie fuhr fort:
    »Und so haben sich einige von uns zusammengetan und – und ich hatte diesen Einfall. Eigentlich kam es mir wegen Augustus in den Sinn. Sehen Sie, für die meisten Leute sieht ein Pekinese aus wie der andere. (Genau wie es uns mit den Chinesen ergeht.) In Wirklichkeit ist das natürlich lächerlich. Niemand, der sich auskennt, könnte Augustus mit Nanki Poo oder Shan-Tung oder irgendeinem anderen Pekinesen verwechseln. Erstens ist er viel klüger und außerdem viel schöner, aber, wie gesagt, für die meisten Leute ist ein Pekinese eben nur ein Pekinese. Augustus brachte mich auf diesen Gedanken, und die Tatsache, dass so viele reiche Frauen Pekinesen haben.«
    Poirot lächelte leicht und meinte:
    »Es muss ein einträglicher Schwindel gewesen sein! Wie viele nehmen an diesen Coups teil? Oder vielleicht sollte ich lieber fragen, wie viele Operationen bereits erfolgreich durchgeführt wurden?«
    Miss Carnaby sagte einfach:
    »Shan-Tung war die sechzehnte.«
    Hercule Poirot hob die Augenbrauen.
    »Ich gratuliere. Sie müssen die Sache tatsächlich glänzend organisiert haben.«
    Emily Carnaby sagte:
    »Amy war immer ein Organisationstalent. Unser Vater – er war der Vikar von Kellington in Essex – sagte immer, dass Amy ein Organisationsgenie ist. Sie hat immer die geselligen Zusammenkünfte und die Bazars und all das organisiert.«
    Poirot sagte mit einer kleinen Verbeugung:
    »Ich stimme zu. Als Verbrecherin, Mademoiselle, sind Sie ganz erstklassig.«
    »Eine Verbrecherin. Oh, du lieber Himmel! Vermutlich bin ich es. Aber – aber ich bin mir nie so vorgekommen – «
    »Wie sind Sie sich denn vorgekommen?«
    »Natürlich haben Sie vollkommen Recht. Ich habe das Gesetz übertreten. Aber sehen Sie – wie soll ich es nur erklären? Fast alle diese Frauen, die uns anstellen, sind so unverschämt und unfreundlich. Lady Hoggin zum Beispiel nimmt kein Blatt vor den Mund in meiner
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