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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge
Autoren: Michael Peinkofer
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setzten die Toppsegel, und die beiden Piratenbrüder, die begriffen, dass sie dem Untergang geweiht waren, wenn es ihnen nicht gelang, die Bucht zu verlassen, gingen ihnen dabei eilends zur Hand.
    O’Rorke betete einmal mehr, während Elena wie gebannt hinaus auf die See starrte. Ein immer höherer Wellenberg türmte sich dort auf, der mit beängstigender Geschwindigkeit auf die Insel zurollte. Die Prosecutor hatte die Durchfahrt bereits passiertund war außer Gefahr, aber für die Leviathan würde es eng werden.
    Sehr eng …
    »Mein Gott!«, rief Elena und schlug die Hand vor den Mund, als ihr klar wurde, dass die Welle das Schiff wie ein Stück Treibholz hochheben und gegen die Klippe schmettern würde. Die Grafentochter kam sich klein und hilflos vor angesichts der zerstörerischen Kräfte, und auch sie betete zu ihrem Schöpfer.
    Die Leviathan näherte sich der Hafenausfahrt, aber auch die Welle kam weiter heran. Fast sah es aus, als reisten auf ihrem Scheitel apokalyptische Reiter auf bleichen Totenschimmeln, so schäumte und gischtete die See, während sie sich immer höher und drohender auftürmte.
    »Allmächtiger!«, schrie Pater O’Rorke – in diesem Moment passierte das Schiff die Hafenausfahrt, nur Augenblicke, ehe die Flutwelle die Insel erreichte.
    Ein schwerer Schlag erschütterte das Schiff, als der Bug auf die aufgeworfenen Fluten traf und sie durchschnitt. Gischt spritzte zu beiden Seiten empor und ließ die Pinasse erzittern. Aber sie war bereits weit genug von der Klippe entfernt, um der gefährlichen Strömung zu entrinnen. Steil bäumte sich die Leviathan auf, als die Welle unter ihr hindurchrollte – dann war es vorbei.
    Nick und die Seinen blickten achteraus und konnten sehen, wie die Welle in den Hafen brach, an den Felsen emporgrollte und schließlich mit Urgewalt auf das traf, was noch von Port Royal übrig war.
    Straßen und Gassen wurden überflutet, die wenigen Häuser, die dem Erdbeben standgehalten hatten, einfach fortgerissen. Die einstige Perle der Karibik, die zunächst Henry Morgan und dann Bricassart als Schlupfwinkel gedient hatte, versank unwiederbringlich in den Fluten. Nichts mehr würde daran erinnern,dass Port Royal je existiert hatte; die See hatte die Stadt verschlungen.
    »Das«, sagte Pater O’Rorke, ohne den Blick von dem schrecklichen Bild zu wenden, »ist Gottes Strafe für diesen Ort. Wie einst im alten Sodom waren Sünde und Frevel hier zu Hause, fanden Unschuldige den Tod und wurden heidnische Rituale abgehalten. Und wie das alte Sodom wurde auch Port Royal vom Herrn vernichtet. Sein Zorn war es, der diese Stadt vom Angesicht der Erde getilgt hat, für alle Zeit …«

Epilog
    N och immer war der Rumpf des Schiffes schwarz wie die Nacht, und noch immer hingen schwarze Segel an den Rahen. Aber die Pinasse hatte einen neuen Namen bekommen. Als Seadragon II würde sie künftig die Meere befahren, benannt nach jenem Schiff, mit dem Lord Clifford Graydon einst nach seiner Familie gesucht hatte. Der Name Leviathan hingegen, der über Jahrzehnte in der Karibik für Angst und Schrecken gesorgt hatte, würde schon bald in Vergessenheit geraten. Am Ende hatte das Schiff, das so vielen braven Seeleuten den Tod gebracht hatte, Nick und seinen Freunden das Leben gerettet. Bricassart und seine Bruderschaft waren vernichtet, ihr Schlupfwinkel im Meer versunken, und Carlos de Navarro, der machtbesessene Conde von Maracaibo, ein Opfer seiner eigenen Gier geworden.
    Der Sieg war vollkommen, aber er war nicht ohne Opfer errungen worden, und als Nick, Elena, Nobody Jim, Unquatl und Pater O’Rorke an diesem späten Nachmittag mit gesenkten Häuptern auf dem Achterdeck des Schiffes standen, gedachten sie der Toten, die der Kampf gefordert hatte, der Freunde und Gefährten, die sie verloren hatten.
    Nick musste dabei besonders an Damian denken.
    Als Todfeinde hatten sie einander bekämpft, aber in den letzten Augenblicken seines Lebens hatte sein Bruder sich geläutertund zu seinem Erbe bekannt. Am Ende hatten die Bande des Blutes sich als stärker erwiesen als der Bann des Voodoo. Nick trauerte um seinen Bruder, ebenso wie er um McCabe, den Chinesen und alle anderen trauerte, die ihr Leben im Kampf für die gerechte Sache gelassen hatten.
    Pater O’Rorke, der sowohl seine eigene als auch Unquatls Schussverletzung gesäubert und verbunden hatte, sprach ein Gebet für die Gefallenen, und Nobody Jim gab drei Salutschüsse ab. Noch einen Augenblick verharrten die Freunde schweigend,
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