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Mein wirst du bleiben /

Mein wirst du bleiben /

Titel: Mein wirst du bleiben /
Autoren: Petra Busch
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Heute wird das Licht zurückkehren.
    Wir werden uns wieder nahe sein. Unzertrennlich. Wie damals.
    Erinnerst du dich an damals? Wir wollten alles teilen. Bis in alle Ewigkeit. Das hast du mir versprochen. Und ich habe es dir geschworen. Mit jedem meiner Worte.
    Du hast meinen Worten immer aufmerksam gelauscht. Getan, was ich verlangte, gehandelt, wie ich es erbat. Ich habe dir vertraut. An dich geglaubt. An uns. All die Jahre. Unsere Jahre!
    Wie du vor mir gelegen hast! Stunden. Tage. Unfähig, dich zu bewegen. Mit deinem hohlen Blick hast du mich angesehen, hast stumm gefleht – als könne ich dich aus deiner eigenen Düsternis erretten. Blass hast du ausgesehen, wächsern deine Haut. Zuweilen hast du die leeren Augen aufgerissen, schreckerfüllt, als stände ich wie ein schwarzer Engel vor dir. Hast du den Tod schon geahnt?
    Manchmal habe ich gelacht. Aber meine Seele hat geweint. Ich wollte das alles nicht. Wollte dir nur Mut machen. Dir zeigen, wo dein Leben ist: bei mir! Das war doch unser Plan: Wir würden für den Rest unseres Lebens zusammenbleiben. Seite an Seite. Ich bei dir, du bei mir. Unsere Herzen, unser Blut und unser Geist eins, im Licht verschmolzen zu immerwährender Liebe. Aber du hast mein Lächeln nicht gesehen und nicht auf meine Worte gehört. Die Finsternis war dir zu nahe, hat dich mit ihren schwarzen Schleiern umhüllt. Auch du hast das Böse gespürt, ich habe es in deinem Wesen wahrgenommen, als ich mich über dich gebeugt habe. Gelächelt habe. Dich berührt, während du dich ekeltest und nicht bewegen konntest.
    Deine Angst war berechtigt.
    Und dann hast du mich verlassen!
    Mich!
    Doch das hast du nicht mit Absicht getan, das weiß ich. Es war nicht dein freier Wille. Sie haben dich gezwungen. Tag für Tag haben sie die tödlichen Schleier der Finsternis enger gezogen, Millimeter für Millimeter, langsam das Leben erstickt, bis du nur noch ein seelenloses Stück Fleisch warst. Weit weg.
    Mir entrissen!
    Dann bist du zurückgekehrt. Wie du es versprochen hattest.
    Doch die Schwingen des Bösen haben sich abermals über dich gebreitet, haben dich davongetragen, dich mir gestohlen. Dem lichten Leben entrückt. Du hast mich erneut verlassen. Das ist nicht recht. Du kannst nicht einfach alles vergessen! Unsere Vergangenheit. Unsere Zukunft. Das kann ich nicht hinnehmen.
    Was ich tun muss, ist groß. Die Zeit ist da. Ich habe die Zeichen erkannt, und ich habe gefunden, was ich brauche! Ich sehe alles vor mir. Es wird gut und glanzvoll werden. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Wir werden die Dunkelheit besiegen. Denn ich selbst bin das Licht. Ich war immer das Licht. Niemand wird es löschen!

[home]
1
    Montag, 26. Juli
    H ätte er gewusst, dass er heute sterben würde, hätte Martin Gärtner sich über den Abend keine Gedanken gemacht. Vielleicht hätte er auch mit dem abschließen können, was er einmal Leben genannt hatte – und was er seit einigen Wochen wiederentdeckte.
    Es war kurz nach sechzehn Uhr. Reflexartig kniff er die Augen gegen das grelle Licht zusammen, als er aus dem kühlen Supermarkt trat, und für einen Moment glaubte er, die trockene, aufgeheizte Luft nehme ihm den Atem. Vor ihm flimmerte der Asphalt. Die Parkplätze an der Straße waren verlassen, nur eine junge Frau im Sommerkleid packte Weißwein, Erdbeeren und Salat in den Kofferraum eines roten Wagens, neben ihr zwei Mädchen, jede ein großes Eis in der Hand. Gegenüber, auf der Wiese, lagen ein paar Menschen auf Decken, lasen oder dösten vor sich hin, ein Pärchen schmuste. Kinderlachen drang von dem kleinen Spielplatz daneben herüber. Er lächelte und legte den Kopf in den Nacken. Ein weißer Kondensstreifen zerfloss im hellen Blau. Kein Wölkchen war zu sehen. Ein gutes Omen. Er ließ die Sonne warm auf sein Gesicht scheinen.
    Dann ging er an den Fahrradständern vorbei, hinter denen, angebunden an einen Stahlring, Jagger wartete, den Kopf mit der heraushängenden Zunge dem Eingang des Supermarktes zugewandt. Gärtner rann der Schweiß über die Schläfen, noch bevor er bei seinem Gefährten angekommen war. Es störte ihn nicht, und Jagger würde die Tropfen ohnehin abschlecken. Das war so sicher wie das begeisterte Schwanzwedeln, mit dem der Hund ihn Tag für Tag begrüßte, wenn er seine wenigen Einkäufe erledigte.
    Heute hatte er sich ein Stück Erdbeerkuchen gekauft, und als er es von der Verkäuferin in dem feinen, knisternden roten Papier entgegengenommen hatte, hatte ihm für einen Moment seine tiefe
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