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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge
Autoren: Michael Peinkofer
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er über den Boden auf die Kämpfenden zu, unter denen sich unvermittelt ein gezackter Schlund öffnete. Der Voodoo-Mann kam noch dazu, einen entsetzten Schrei auszustoßen, dann hatte ihn die dunkle Kluft auch schon erfasst. Mit einem gellenden Schrei verschwand er in der Tiefe.
    Unquatl hatte sich am Rand der Erdspalte festklammern können, während seine Beine über dem bodenlosen Abgrund baumelten. Schnell warf sich Nobody Jim zu Boden und griff nach den Handgelenken des Indianers – aber dessen Gewicht drohte auch ihn in die Tiefe zu ziehen.
    »Verdammt, helft mir!«
    Nick und Pater O’Rorke sprangen ihm bei, und mit vereinten Kräften gelang es, den verwundeten Freund aus dem Schlund zu ziehen. Trotz der Schmerzen, die noch immer durch seinen Körper tobten, griff Nick nach dem Schwert und wandte sich Bricassart zu – nur um festzustellen, dass das Oberhaupt der Piratenbruderschaft seinen Richter bereits gefunden hatte.
    Mit einem weiten Satz war der Chinese zu Bricassart auf die Sänfte gesprungen und hatte ihm die beiden Klingen tief in die Brust gerammt. Das Rubinauge des Schurken starrte in feuriger Glut, während das andere den Chinesen gebrochen anblickte. Es war nicht zu erkennen, ob es Bricassart in den letzten Augenblicken seines frevlerischen Lebens dämmerte, dass eines seiner Opfer zurückgekehrt war, um sich an ihm zu rächen. Aber es spielte auch keine Rolle mehr, denn der nächste Erdstoß ließ deutlich werden, dass nicht nur über Bricassart, sondern über seine ganze Stadt das Jüngste Gericht hereingebrochen war.
    Die Erschütterung war so stark, dass Nick und seine Gefährten das Gleichgewicht verloren und zu Boden gingen. Und nicht nur die lädierten Gebäude der Uferzeile stürzten geräuschvoll in sich zusammen. Ein entsetzliches Bersten und Knacken verriet, dass die Kirche, die dem englischen Beschuss tapfer getrotzt hatte, jede Stabilität verloren hatte, und ein Geflecht von Rissen überzog den Kirchturm bis hinauf zur Spitze.
    Schon fielen die ersten Gesteinsbrocken, prasselten auf Bricassart und seinen Henker herab – und einen Herzschlag später stürzte der Turm in sich zusammen, und seine Gesteinsmassen begruben sowohl Bricassart als auch den Chinesen in einem Inferno aus Schutt und Staub, aus dem es keine Rettung gab. So fand der Schrecken der Karibik ein grausames Ende unter den Trümmern des Gotteshauses, in das er nie einen Fuß gesetzt hatte.
    Nick, der sich schützend über Elena geworfen hatte, um sie vor herabfallenden Gesteinsbrocken und Splittern zu schützen, blickte auf. Durch den dichten Staub sah er, dass der Kampf auf dem Marktplatz in panische Flucht umgeschlagen war. Kopflos rannten Bricassarts Mannen davon. Ohne ihren Herrn und Meister, aber noch immer gefangen von der Wirkung des Tranks, liefen sie reihenweise in ihr Verderben, wurden von einstürzenden Gebäuden erschlagen oder von sich öffnenden Erdspalten verschluckt. Nicht nur der Platz, auch die Straßen und Gassen der Stadt waren inzwischen von Rissen durchzogen, die zum Teil groß genug waren, um ganze Häuser zu verschlingen. Hier versank eine Taverne im bodenlosen Abgrund, dort schob sich eine Felsplatte wie ein drohendes Mahnmal aus der Tiefe. Feuer war allenthalben ausgebrochen und überzog die Stadt mit dichtem Rauch, der sich mit den Staubwolken mischte und die Sonne verfinsterte. Händler und Huren, Wirtsleute und Betrunkene flüchteten ausden wankenden Bordellen und Tavernen und rannten panisch schreiend durch die Gassen.
    Auch unter den Engländern hatte eine wilde Flucht eingesetzt, in der Scarborough und sein Erster Offizier einen Rest von Ordnung zu wahren suchten. Zwischen einstürzenden Häusern hindurch und über aufbrechende Erdspalten hinweg führten sie ihre Leute zum Kai, wo die Barkassen vertäut lagen – die Prosecutor, die in der Bucht vor Anker lag, versprach Rettung aus der Katastrophe.
    Auch Nick und die Seinen wollten die Chance nutzen, also rafften sie sich auf und rannten hinter den Engländern her. Um ihren verlorenen Kameraden zu betrauern, blieb ihnen keine Zeit – sie mussten zusehen, dass sie die eigene Haut retteten.
    Unvermittelt öffnete sich der Boden vor ihnen, gähnende Leere klaffte auf. Im letzten Moment konnte Nick seinen Lauf stoppen und rang mit den Armen um Gleichgewicht, damit er nicht in die Erdspalte stürzte.
    »Zurück! Zurück!«, rief er seinen Gefährten zu, und Unquatl, der die Nachhut gebildet hatte, übernahm trotz seiner Verletzung die
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