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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge
Autoren: Michael Peinkofer
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Stimme, die sich vor Wahnsinn überschlug. »Erschießt sie alle! Lasst keinen von ihnen am Leben!« – und die Piraten hoben in ihrem blinden Gehorsam die Musketen, um tödliches Blei auf die Umzingelten zu feuern.
    Dass es nicht dazu kam, war dem neuerlichen Stoß zuzuschreiben, der Port Royal erschütterte und stärker war als alle anderen zuvor. Ein gezackter Riss bildete sich im Boden und setzte sich quer über den Marktplatz fort. Einige der Piraten verloren das Gleichgewicht und gingen zu Boden, rissen ihre ungelenken Kameraden mit.
    »Was macht ihr?«, ereiferte sich Bricassart. »Schießt gefälligst, ihr räudigen Hunde! Schießt …!«
    Einer der Piraten wollte tatsächlich feuern, aber schon war Nobody Jim bei ihm und schlug ihm die Waffe aus der Hand, nahmsie selbst in Besitz. Der Schuss krachte und schickte den Seeräuber ins Jenseits – und als wäre dies das Signal, auf das sie nur gewartet hatten, gingen Scarborough und seine Leute zum Gegenangriff über, stürzten sich mit dem Mut der Verzweiflung auf die verwirrten Piraten, während weitere Erdstöße die Insel erschütterten.
    Nick ließ den Säbel fallen und eilte zu seinem Bruder. Damian Bricassart lebte noch lange genug, um ihm einen Blick voller Bedauern zu schicken – Bedauern über seine Untaten, aber wohl auch darüber, dass sie einander im Leben nur als Feinde begegnet waren.
    Noch ehe Nick etwas sagen konnte, fiel Damians Kopf zur Seite, und sein blutüberströmter Körper entkrampfte sich. Mit düsterem Blick starrte Nick auf Bricassart, der die Söhne derselben Mutter zum Kampf gegeneinander gehetzt hatte, und er griff nach dem Breitschwert, das herrenlos im Sand lag. Mit der Klinge seines Vaters bewaffnet, stürmte Nick auf den alten Bricassart zu, um ihn zur Rechenschaft zu ziehen für alles, was er seiner Familie angetan hatte.
    »Stirb, elender Bastard!«, schrie er dabei aus Leibeskräften – aber er hatte seine Rechnung ohne Bricassarts treuen Diener gemacht.
    Der Schamane stellte sich ihm entgegen, und zu Nicks Befremden hielt der kleine Mann in seinen Händen eine Puppe aus Wachs. Noch ehe Nick begriff, was es damit auf sich hatte, war der Voodoo-Mann schon dabei, einen spitzen Dolch in die Puppe zu bohren – und Nick hatte das Gefühl, von einer Welle unsäglicher Pein überspült zu werden.
    Mit einem Aufschrei ließ er die Waffe fallen und sank wie vom Schlag getroffen nieder. Das keifende Gelächter des Schamanen klang in seinem Ohr, während rings um ihn der Kampf weitertobte, begleitet von den Erdstößen, die die Insel erzittern ließen. Dass Land und See bebten, war in der Karibik nicht weiter ungewöhnlich – abergläubische Seeleute pflegten darin Vorboten des Untergangs zu sehen. Selten hatten sie damit jedoch so Recht wie an diesem Morgen des 7. Juni 1692 …
    Unter wüstem Gebrüll wälzte sich Nick am Boden, hatte das Gefühl, bei lebendigem Leib zerfetzt zu werden, während der Schamane die Klinge immer nur noch tiefer in die Puppe rammte und dabei sadistisch lachte. Auch Bricassart erging sich in Hohn und Spott, schien den Tod seines Sohnes nicht im Geringsten zu bedauern. Und einen Augenblick, bevor Nicks Verstand in den vernichtenden Sog der Agonie geriet, fragte er sich noch, ob der Schamane das Werkzeug Bricassarts war oder ob es sich in Wahrheit umgekehrt verhielt.
    Von Krämpfen geschüttelt, versuchte Nick, an seinen Säbel zu gelangen, aber es wollte ihm nicht gelingen. Für einen kurzen Moment atmete er auf, als der Schamane die Klinge aus der Puppe zog – aber noch ehe Nick sich auf die Beine raffen konnte, stieß der Voodoo-Priester erneut zu. Nick schrie heiser auf und war überzeugt, dass seine letzte Stunde geschlagen hätte, als mehrere Gestalten heranstürzten, die er nur mehr als verschwommene Schemen wahrnahm.
    Seine Freunde …
    Während Elena und Pater O’Rorke sich um Nick kümmerten, stürzte sich Unquatl unter gellendem Kriegsgeheul auf den Schamanen. Dabei achtete er nicht auf den alten Bricassart, was sich als schwerer Fehler erwies.
    Mit einer Pistole, die er unter seiner Robe hervorzog, feuerte das Oberhaupt der Piraten und traf den Indianer ins rechte Bein, noch ehe dieser den Voodoo-Mann erreichte. Unquatl brach zusammen und ging zu Boden, überschlug sich im Sand und bliebzu Füßen des Schamanen liegen. Schon wollte sich dieser mit dem Dolch auf ihn stürzen, als ein markerschütterndes Knacken erklang.
    Der Riss über den Marktplatz weitete sich.
    Gleich einem Blitz zuckte
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