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Die Einsamkeit des Barista

Die Einsamkeit des Barista

Titel: Die Einsamkeit des Barista
Autoren: Marco Malvaldi
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Verfügungen zu hinterlassen.«
    »Ich verstehe. Und folglich, was ist dann passiert?«
    »Es ist das passiert, was das Gesetz vorsieht. Da Giacomo Fabbricotti ohne Erben verstorben ist, geht das gesamte Vermögen an den nächsten Verwandten. Oder besser gesagt, in diesem Fall an Marina Corucci.«
    »Weswegen, am Ende, Marina Corucci in der kurzen Zeitspanne, die sie überlebt hat, Fabbricottis gesamtes Vermögen geerbt hat.«
    »Genau.«
    »Und wie viel Geld war das so ungefähr?«
    Der Notar blickte ihn lächelnd an.
    »Ein ordentlicher Batzen. Ich werde nicht ins Detail gehen, aber Fabbricottis Schenkung lag im Bereich von Millionen Euro.«
    »Ich verstehe. Aber das habe ich nicht gefragt.«
    Der Notar blickte ihn jetzt mit einem etwas schmaleren Lächeln an.
    »Ich habe gefragt, wie viel Geld es jetzt ungefähr war. Wir hatten eine Finanzkrise, wie Sie sicher wissen. Wenn ein Treuhänder diese Gelder in Aktien investiert oder damit spekuliert hätte, dann hätte er einen großen Teil davon verlieren können. Sie wissen, wie das ist.«
    Jetzt lächelte der Notar nicht mehr.
    »Wenn daher Marina Corucci sich nach dem Unfall wieder erholt hätte, hätte sie einige Überraschungen erleben können. Und am Ende entdecken können, dass sie nicht viel mehr als eine Handvoll Fliegen oder wenig mehr geerbt hatte. Meiner Meinung nach hätte sie dann ziemlich sauer auf den Treuhänder werden können.«
    Der Notar blieb sitzen, schlug aber die Beine über.
    »Sie haben keinerlei Berechtigung, mich nach diesen Informationen zu fragen.«
    »Ich nicht.«
    Der Notar blickte ihn einen Moment lang an. Dann schüttelte er plötzlich den Kopf.
    »Wissen Sie, warum ich bei diesen lächerlichen Wahlen für den Senat kandidiere?«
    »Nein. Warum?«
    »Weil ich mir bewusst war, dass ich auf keinen Fall gewählt würde. Ich bin hier geboren und aufgewachsen, und Macht hat mich noch nie interessiert. Ich habe immer Politik gemacht, aber mehr aus Trägheit als aus Interesse. Darüber hinaus habe ich eine Partei vertreten, die, auch als sie in Italien noch wie ein weißer Wal war, hier in dieser Gegend nicht mehr als ein Fußabtreter war, zertreten von der Arbeiterpartei und all ihren Ausläufern.«
    Der Notar stand auf und trat zu seinem Computer, um den Monitor einzuschalten, der auf einer Ecke des Konteradmiral-Schreibtisches stand.
    »Und jetzt, mit dieser ganzen Geschichte, kann es mir tatsächlich passieren, dass ich mich in Rom wiederfinde, als Senator. Um mein Land in einer Zeit zu repräsentieren, in der die Politik ist, wie sie nun einmal ist; und das, muss ich sagen, ist mir gar nicht so unlieb. Jetzt, wo ich im Rennen bin, würde es mich schon treffen, zu verlieren. Und darauf zu verzichten, würde mich noch mehr treffen.«
    Während er sprach, begann der Notar auf der Tastatur zu tippen, mit langsamen, aber sicheren Fingern.
    »Es würde mich treffen, mich zurückziehen zu müssen, wenn Gerüchte in Umlauf kämen, die nicht der Wahrheit entsprechen. Das ist der einzige Grund, warum ich Ihnen zeige, was ich Ihnen jetzt zeige.«
    Nach einem letzten Mausklick drehte der Notar den Monitor und zeigte Massimo den Bildschirm.
    Ein Fenster der Website einer italienischen Bank war geöffnet, weiß und orange, es zeigte den Finanzbericht eines Investmentfonds.
    Der Fonds war als »19062004 – Treuhandfonds Erben Fabbricotti« bezeichnet.
    Der Anfangsbetrag lag bei etwa sechs Millionen und vierhundertzwanzigtausend Euro.
    Der aktuelle Wert lag bei mehr als sieben Millionen.
    Lächelnd las Massimo, was auf dem Schirm angezeigt wurde, dann stand er auf und streckte dem Notar die Hand hin, der sie schüttelte. Danach, während der Notar den Monitor wieder zurückdrehte, räusperte er sich und sagte: »Entschuldigen Sie, wenn ich so dreist bin, aber ich hätte noch eine letzte Frage. Auch Marina Corucci ist ohne Testament gestorben, wenn ich das recht verstanden habe.«
    »Genau.«
    »Und wer wären ihre Erben?«
    »Ihr einziger noch lebender direkter Verwandter ersten Grades, also ihr Bruder. Pater Adriano Corucci vom Konvent Santa Luce.«

Zwölf
    Pater Adriano Corucci
    Franziskanermission Banakare
    Ulongwe – Malawi
    Lieber Pater Adriano,
    nach einigen Tagen des Zweifels habe ich mich entschlossen, Ihnen diesen Brief zu schreiben, der den Tod Ihrer Schwester Marina betrifft.
    Bevor Sie anfangen zu lesen, möchte ich zwei Dinge klarstellen: Erstens schreibe ich Ihnen nicht, weil mich nach Gerechtigkeit dürstet, sondern aus reiner
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