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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen
Autoren: Unbekannt
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hoffte, dass es nun nicht mehr lange dauerte, bis er seine Geliebte endlich in die Arme schließen konnte. Und da unser ganzes Volk den schmerzlichen Teil seiner Abmachung mitgetragen hatte, erwartete unser Fürst ebenso, dass von Stund an endlich bessere Zeiten für alle unsere Stämme hereinbrechen mögen. Er träumte also nicht nur von seiner Braut, sondern auch von einer weisen und gerechten Übereinkunft zwischen unserem Volk und dem Volk der Deutschen. Unser Fürst sparte auch nicht an kostbaren Geschenken, die für den Markgrafen und seine zukünftige Braut gedacht waren. Voller Freude in der Seele war er auf einen wohlwollenden Empfang eingerichtet.«
     Die Männer des Rates nickten zustimmend und brachten damit ihr einhelliges Einverständnis zum Ausdruck. Fürst Mstislaw hatte in ihren Augen so und nicht anders gehandelt, wie es sich für einen ehrbaren Mann gehörte.
     »Auf der Burg des Markgrafen angekommen, erwartete uns jedoch eine böse Überraschung. Man teilte uns mit, dass der Markgraf noch keine Zeit für uns habe und wir uns in Geduld üben mögen. Als Nachtlager wies man uns einen leeren Stall zu, der kurz zuvor noch Pferden als Unterschlupf gedient hatte. Dieses unwürdige Quartier sollten wir bis zum Empfang nicht mehr verlassen. Als aber dann Dietrichs Waffenknechte das Tor von außen verriegelten und viele waffenstarrende Posten ringsherum aufstellte, wurde unser froher Wille auf eine harte Probe gestellt. Offensichtlich glaubte man nicht an unsere friedlichen Absichten und begegnete uns mit übelstem Misstrauen.«
     Erste Unmutsäußerungen wurden in der Ratsrunde laut und nicht wenige Männer ballten sogar offen ihre Fäuste. Sokolov unterbrach für eine kurze Zeit seinen Bericht und wartete, bis Fürst Milosc sich erhob und mit lauter Stimme nach Ruhe verlangte.
     »Geschlagene drei Tage und drei Nächte mussten wir in dem dunklen und stinkenden Quartier ausharren. Niemand brachte uns Speis und Trank. All unsere Rufe und Fragen gegen die verriegelte Tür wurden nur von einem höhnischen Gelächter und bösen Schimpfwörtern beantwortet. Anfangs dachten wir noch an ein übles Missverständnis, das sich bald aufklärte. Als am Ende des zweiten Tages jedoch unsere wenigen Vorräte zur Neige gingen und wir vor lauter Durst gezwungen waren, das brackige Wasser aus den Trögen der Pferde zu trinken, gebaren unsere Köpfe die ersten Gedanken eines gewaltsamen Ausbruchs.«
     Die Münder der Ratsmänner standen vor ratlosem Entsetzen offen. Sie konnten und wollten es einfach nicht glauben, dass irgendjemand das heilige Gastrecht derart verletzen könnte. Ein furchtbarer, unverzeihlicher Frevel war geschehen, der, zumindest in ihrem eigenen Lande, in den meisten Fällen nur mit Blut gesühnt werden konnte.
     »Als schließlich der dritte Tag sich neigte, war unsere Geduld erschöpft und unsere Bereitschaft groß, einen Ausbruch zu versuchen. Jedoch kurz bevor es dazu kam, wurde das Tor geöffnet und wir konnten endlich wieder in den weiten Burghof hinaustreten. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie wohltuend die frische Luft schmeckte, nachdem wir drei Tage lang inmitten des gehrenden Pferdemistes fast erstickt wären.«
     Sokolov fasste sich an die Kehle und strich sich mehrmals darüber. Ihm war plötzlich, als ob er abermals den ätzenden Gestank darin verspürte. Ohne ein Wort zu verlieren, humpelte Witka auf ihn zu und reichte ihm einen großen Becher Met. Mit einem dankbaren Kopfnicken nahm Sokolov an und trank in gierigen Zügen. Anschließend wischte er sich mit dem Hemdsärmel über den Mund und setzte seinen Bericht fort: »Auf dem Burghof wimmelte es von gepanzerten Kriegsknechten des Markgrafen. Sowohl zu Pferde als auch zu Fuß hatten sie in einem großen Halbrund Aufstellung genommen und ließen uns nur sehr wenig an offenem Raum. Im Hintergrund hingegen war ein hohes Gestell aufgebaut, auf dem es sich der Markgraf bequem gemacht hatte.
     ‘Was wollt ihr?’, rief er zu uns herüber, wobei er über das ganze Gesicht grinste wie eine fette Kröte.
     Ohne ein Wort über die verabscheuungswürdige Behandlung zu verlieren, trat unser Fürst Mstislaw stolz erhobenen Hauptes auf ihn zu, bis ihm die stoßbereiten Lanzen der Blutknechte den Weg versperrten. Sein Geist mochte noch so erfüllt sein von Zorn und Enttäuschung, aber sein Auftreten war das eines wahren Fürsten. Mit ruhiger und stolzer Stimme richtete er sein Wort an den Markgrafen.
     ‘Ich bin gekommen, um Euch an
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