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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen
Autoren: Unbekannt
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die Rippen, drückten sich und lachten in ihrer Wiedersehensfreude. Es störte sie nicht im Geringsten, wie einige umstehenden Stadtbewohner entsetzt die Augen aufrissen und mokiert die Nase rümpften. Wie konnte es angehen, dass ein Spross des Hochadels sich so weit herabließ, dass er mit wilden Heiden eine Freundschaft schloss! Unglaublich!
     »Was machst du denn hier?«
     »Wie geht es dir?«
     Fragen über Fragen stürmten auf den kleinen Freund aus schweren Stunden ein, der sich im vergangenen Jahr so mutig für die Feisnecksiedler eingesetzt hatte.
     »Meine Familie und ich befanden uns im Dom, als die Stadt angegriffen wurde. Wir wollten zur Prim, noch einmal zu unserem Heiland beten und dann nach Merseburg weiterreisen. Mein Vater und mein Oheim hatten geschäftlich in Magdeburg zu tun, und ich durfte sie begleiten. Als aber dann der Kampflärm ertönte, sind wir einfach sitzen geblieben und haben weitergebetet.«
     Thietmar strahlte über das ganze Gesicht, als er augenzwinkernd bekannte: »Und mein Gott als auch euer Gott müssen meine Gebete erhört haben, denn ich lebe noch und euch habe ich auch wiedergetroffen.«
     Zwei hochgewachsene Männer, mit feinem Tuch bekleidet, gesellten sich zu ihnen. »Gott zum Gruße, ihr Knaben. Gehört ihr nicht zu den Siedlern von der Morcze, die unser kleiner Thietmar so sehr ins Herz geschlossen hat?«
     Paddie blickte auf und erkannte die Grafen Siegfried und Liuthar von Walbeck sofort auf den ersten Blick wieder.
     »Der große Swarozyc möge Euch immer wohlgesonnen sein, hohe Fürsten. Ihr wart es, die unser Dorf vor dem Untergang bewahrt habt«, grüßte er achtungsvoll zurück.
     Die beiden Grafen lächelten freundlich.
     »Eine dumme Situation derzeit«, entschuldigte sich Liuthar mit einer leichten Verbeugung.
     »Gerne hätte ich den Freunden meines Lieblingsneffen einen standesgemäßen Empfang bereitet, um sie mit den größten Gaumenfreuden des Landes zu verwöhnen, aber leider, ihr seht ja selbst.«
     Mit einer weit ausladenden Handbewegung wies er in die weite Runde.
     »Ach was, das macht doch nichts«, meldete sich Bikus zu Wort, »wenn wir mal wieder in Eurer Nähe sind und der Hunger in unseren Gedärmen wühlt, dann könnt Ihr das ja nachholen.«
     Paddie grinste: »Ich hoffe, werte Fürsten, Ihr wisst da auch, worauf Ihr Euch einlasst. Unser kleiner Bikus hat nämlich immer Hunger und kann unglaubliche Mengen in sich hineinstopfen.«
     Als sich Rapaks besorgter Oheim Lenik mit einer Handvoll Kriegern näherte, konnte er es kaum fassen. Da standen seine drei Schützlinge inmitten des Gefangenenlagers und plauderten und lachten mit den Feinden des Slawenlandes, als ob es nie einen Krieg gegeben hätte.
     »Was bei allen Göttern ist denn hier los«, polterte er los und blickte verwirrt in die Runde.
     »Mein lieber Oheim«, bestürmt ihn sofort Rapak, »diese Leute hier müssen wir freilassen. Die können nichts für unser Leid.«
     »So?«
     Der stämmige Lenik zog erstaunt eine Augenbraue hoch und drehte unschlüssig den Stiel seines Schmiedehammers hin und her.
     »Ja doch, unbedingt«, beschwor ihn nun auch Paddie, »kannst du dich denn wirklich nicht mehr daran erinnern, wie diese beiden Fürsten hier unser bedrängtes Dorf gerettet hatten?«
     Lenik trat dicht an die beiden Grafen heran und sah ihnen nacheinander tief in die Augen. Seine Musterung schien ihn milde zu stimmen.
     »Hm, gut«, grübelte er laut, »weder Mordlust noch Lügen sprechen aus ihren Blicken. Aber mit der Freilassung ist das so eine Sache, die kann nur unser großer Mstislaw entscheiden.«
     Nachdenklich kratzte er sich am Hinterkopf.
     »Am besten wird es wohl sein, wenn wir alle zu ihm gehen und einfach mal fragen. Kommt mit!«
     
    Die Entscheidung über die Freilassung der Grafenfamilie war schnell getroffen. Als dann auch noch der Feisneckfürst Milosc den aufrichtigen Charakter der Adelsfamilie bestätigte, gab es keine Zweifel mehr an deren Redlichkeit. Mstislaw war trotz seines Rachegelübdes so angetan, dass er noch auf der Stelle einen Geleitbrief anfertigen ließ. Einige heilige Symbole auf einem fein gegerbten Stück Leder. Und darunter: ein viergesichtiger Gott neben einem Greif.
     Die ganze Nacht hindurch feierten die Freunde ihr Wiedersehen, und als im Morgengrauen der Aufbruch nahte, gaben sie sich das Versprechen, dass sie sich auf jeden Fall wiedersehen wollten. Nicht heute und nicht morgen, aber irgendwann einmal, wenn der Krieg
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