Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Euer Versprechen zu erinnern!’
     ‘Was für ein Versprechen meinst du?’, stellte sich der Markgraf gänzlich dumm.
     Unser Fürst blieb jedoch immer noch ruhig und ließ sich nicht herausfordern.
     ‘Ich meine jenes Versprechen, weswegen fast eintausend tapferer Slawensöhne ihr Leben lassen mussten!’, sprach er, um das Gedächtnis des Grafen aufzufrischen.
     Dieser gab sich jedoch nach wie vor unwissend und trieb sein böses Spiel mit uns.
     ‘Hmm, du begehrst also einen Lohn für eine verlorene Schlacht?’, höhnte er.
     ‘Ich begehre nicht irgendeinen Lohn, sondern verlange nicht mehr und nicht weniger als wie Ihr versprochen hattet’, ließ sich unser Fürst nicht beirren.
     Der hinterhältige Markgraf schien über Mstislaw Worte nachdenken zu müssen, bevor er zu einer Antwort ansetzte.
     ‘Du erdreistet dich sehr viel, Heidenfürst! Aber gut, eine Belohnung soll dir zustehen’, ließ er sich herab, als wenn er einem Bettler ein Almosen zuwerfen wolle.
     ‘Ich will wegen der verlorenen Schlacht nicht nachtragend sein, obwohl ich üblicherweise keinen halben Kupferheller für etwas gebe, wovon ich nichts habe. Aber damit du meinen Großmut schätzen lernst, sollst du für jedes Hundert deiner erschlagenen Leute einen halben Silberling bekommen. Und dies, so dünkt mich, ist schon viel mehr, als dir von Rechts wegen zustehen sollte.’
     Daraufhin griff der Markgraf in seine Gürteltasche, nahm ein paar Münzen heraus und warf sie unserem Fürsten vor die Füße.«
     Die Empörung der Ratsmänner konnte kaum größer sein: »Diese falsche, verlogene Schlange!«,
     »Die Dämonen der Finsternis sollen ihn verschlingen!«, waren nur einige der am lautesten vorgetragenen Wünsche. Die Männer des Rates waren aufgesprungen, um ihrem Zorn Luft zu machen. Nur unter allergrößter Mühe gelang es Milosc und Wolzek wieder ein klein wenig Ruhe in die Versammlung zu tragen, damit sie auch das Ende der unglaublichen Geschichte hören konnten.
     »Wahret die Ruhe, meine lieben Brüder!«, rief Sokolov. »Das schlimme Ende ist ja noch gar nicht erzählt.«
     Augenblicklich kehrte eine atemlose Stille ein. Es war wie die Ruhe vor einem tiefschwarzen Gewitterhimmel, der sich in jedem Augenblick mit furchtbarem Donnergetöse entladen konnte. Die Ratsmänner waren zwar außerstande sich vorzustellen, was die böse Geschichte noch verschlimmert hätte, aber immerhin wollten sie nun ihr Ende vernehmen.
     Sogar Bikus hatte vor Entsetzen mit dem Schlürfen aufgehört. Einen Finger auf die kleine Leckstelle gepresst schielte er gespannt über den Fassrand und spitzte die Ohren wie ein Luchs. Kosi umklammerte Paddie von hinten so fest, dass ihm fast die Luft wegblieb. Rapak war vor Grauen die Kinnlade nach unten geklappt und seine Augen starrten weit aufgerissen in Richtung der Boten.
     »Höret nun das Ende dieser ungeheuerlichen Begegnung«, fuhr Sokolov mit leiser Stimme fort.
     »Natürlich hat unser Fürst die Münzen, die zu seinen Füßen im Staube lagen, keines Blickes gewürdigt. Es wäre eine unverzeihliche Beleidigung unseres Volkes gewesen, wenn er ihnen auch nur die geringste Beachtung geschenkt hätte.«
     »Recht so!«
     »Zeigt es ihm!«, wurden einige zornige Zwischenrufe laut, deren Aussagekraft durch erhobene Fäuste noch zusätzlich unterstrichen wurde. Sokolov ließ sich aber nicht durch die kleine Unterbrechung beirren und erzählte weiter: »Brüder, Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie still es plötzlich im Burghof wurde. Wir konnten kaum noch unseren Zorn bezwingen und so manche stolze Hand legte sich griffbereit auf seine Waffe. Die Knechte des Markgrafen warteten jedoch nur auf die kleinste Unbesonnenheit von uns. Rings auf den Burgmauern hatten Bogenschützen Aufstellung genommen, die Reiter des Markgrafen hielten ihre Lanzen zum Stoß bereit und das bewaffnete Fußvolk hatte angriffslustig seine Schilde erhoben. Nur unserem Fürsten war es zu verdanken, dass es in diesem Moment nicht zu einem Kampfe kam. Sein Mut und seine überragende Besonnenheit, die von einer wirklich wahren Weisheit zeugten, schützten uns davor, dass wir nicht bis zum letzten Manne dahingemetzelt wurden. Gegen diese Übermacht des Markgrafen hätten wir niemals gewinnen können. Mit nur einer einzigen Geste rief unser Fürst uns zur Zurückhaltung auf und jedermann befolgte auf der Stelle seine Weisung.
     ‘Eure Almosen könnt Ihr behalten’, rief unser Fürst zum Markgrafen hinüber.
     ‘So?
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher