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Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)
Autoren: Kristina Lloyd
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grübelte über die verschiedenen Möglichkeiten nach. In der Vergangenheit hatte Lord Julian ihr bereits wundervoll lüsterne Bücher mitgebracht, französische Schokoladen und Liköre, Unterwäsche aus den feinsten Pariser Modehäusern und, das Beste von allen, einen großartigen Dildo aus Ziegenleder. «Der ist», hatte er ihr gesagt, «für die Zeiten, wenn ich nicht da sein kann, um dich zu befriedigen.»
    Bei diesen Worten hatte sie lachen müssen. Schon so oft hatte sie ihm zu erklären versucht, dass, wenn er nicht bei ihr sein konnte, sie keinerlei Mangel an Liebhabern hatte, die ihr Vergnügen bereiten konnten. Auch wenn Lucy gelegentlich einer kleinen Schwindelei nicht abgeneigt war, so musste sie doch zugeben, dass diese Darstellung derzeit weit weniger zutraf als noch vor einigen Monaten. Im Moment hatte sie nur noch eine weitere Liebschaft, Gabriel Ardenzi, und auch der war in letzter Zeit irgendwie unaufmerksamer geworden. Sie würde sich wohl nach einem weiteren gutaussehenden jungen Mann umsehen oder sich weiter scherzhaft dieser Halbwahrheiten bedienen müssen, um Lord Julian weiterhin in Habtachtstellung zu halten. Denn immerhin war es ja so, dass, wenn er sich nicht allein auf sie konzentrierte, sie ganz bestimmt nicht bereit war, sich nur auf ihn zu beschränken.
    «Oh, ich habe übrigens noch Neuigkeiten von allergrößter Wichtigkeit», rief sie aufgeregt aus, als sie sich plötzlich an die Unterstützung erinnerte, um die Alicia sie gebeten hatte. «Erinnerst du dich noch daran, dass ich dir mal etwas von Clarissa erzählt habe?»
    «Deine zimperliche kleine Kusine», antwortete Julian und ermunterte sie mit erhobenen Augenbrauen zum Weitersprechen.
    «Nun, sie ist in London und soll verheiratet werden. Und du wirst nicht darauf kommen, mit wem.» Lucy machte eine Pause, begierig darauf, die Dramatik ihrer Erzählung zu steigern. «Mit Lord Marldon. Ist das nicht absolut schrecklich?»
    Lord Julian pfiff zwischen den Zähnen hindurch. «Nun denn. Ich hätte nicht erwartet, dass ich diesen Satz je hören würde. Marldon heiratet, wirklich? Na ja, ich habe gehört, dass seine Schatulle ziemlich leer sein soll. Und ich vermute mal, die Mitgift dürfte ganz erheblich ausfallen.»
    «Aber natürlich», sagte Lucy ernst. «Und im Gegenzug wird Clarissa Baronin. Ihr Vater soll stolz wie ein Schneekönig sein.»
    «Das ist das, was man eine gute Partie nennt», meinte Julian. «Und was sagt der liebe Vater sonst so? Ist er genauso entzückt darüber, dass er einen Schwiegersohn bekommt, dessen Geschmack … nun, wie soll ich es ausdrücken, ein bisschen merkwürdig ist?»
    «Pah!», stieß Lucy heftig hervor. «Ich glaube nicht, dass er darüber groß nachgedacht hat. Der verliebte Narr will Clarissa doch nur loswerden, und zwar so schnell wie möglich. Würde dir das bei einer Frau wie Alicia nicht auch so gehen, die bei der kleinsten Verfehlung sofort mit Strafe droht? Einer Frau, die bereit ist, gleich …»
    «Nein, ich fürchte, das ist absolut nicht nach meinem Geschmack», unterbrach Sir Julian sie, drückte ihre Hand und lächelte sie vieldeutig an. «Das solltest du besser als alle anderen wissen.»
    Lucy, die sich mit einem Mal unfähig fühlte, diese leichtfüßigen Sticheleien fortzusetzen, seufzte mutlos. Für einen Moment verfiel sie in Schweigen, und sie dachte voller Bitterkeit an die Schmach, die Charles Longleigh ihr zugefügt hatte. Er war ein selbstsüchtiger Tyrann und, schlimmer noch, ein Heuchler. Ein Mann, der sie einmal aller erdenklicher Unanständigkeiten bezichtigt hatte und nun dabei war, seine Tochter mit dem bekanntermaßen verderbtesten Mann der ganzen Stadt zu verheiraten. Hatte er denn überhaupt kein Schamgefühl? War er wirklich so frei von jeglichem Verantwortungsbewusstsein?
    Sogar eine Frau mit der allerlosesten Moral hätte große Probleme, es mit Lord Marldon aufzunehmen, aber die arme Clarissa war doch nur eine unbedarfte, zarte Jungfrau. Und außerdem, wenn man Alicia Glauben schenken wollte, vollkommen ahnungslos hinsichtlich der Machenschaften ihres Vaters. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung von den Dingen, die um sie herum vorgingen.
    Als sie zum Piccadilly Circus kamen, wurde Lucys Laune wieder ein bisschen besser. «Aber noch ist ja nicht alles verloren», erklärte sie und machte ein paar Schritte seitwärts. «Alicia hat einen wirklich wunderbaren Plan ausgeheckt. Sie denkt, es wäre vielleicht klug, einen Versuch zu unternehmen, Clarissa ein wenig
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