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Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)
Autoren: Kristina Lloyd
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überglücklich, zu vertrauen und sein Vertrauen zu besitzen, und mehr noch, zu lieben und geliebt zu werden. Fast schon hatte sie die Macht dieser Gefühle vergessen.
    Als die Sonne aufging, wanderten sie durch London, berührten sich immer wieder, hielten an, um sich zu küssen, sich anzusehen, sich flüsternd ihrer Gefühle und Begierden zu versichern.
    Sie gingen am Rande von Belgravia entlang und schlenderten auf Chelsea zu. Sie wollten erst bei Clarissa vorbeischauen, ein paar Sachen zusammensuchen, sich stolz und heimlich Pascale zeigen und dann einige Zeit bei Gabriel verbringen, um Pläne für die Zukunft zu machen.
    Stück für Stück ließ das bleiche Morgenlicht die langen, schwachen Schatten kürzer werden, und die Straßen erwachten zum Leben. Karren, die mit Gemüse für den Markt beladen waren, ratterten über das Kopfsteinpflaster; an den kleinen Fenstern in den obersten Etagen öffneten sich die Vorhänge; ein oder zwei Menschen begegneten ihnen.
    Sie erreichten die Kaianlagen von Chelsea, und die Sonne stand als dunstig goldener Ball noch tief am Himmel. Schuten und Jollen dümpelten träge auf dem Wasser, und die Werften erwachten lärmend zum Leben.
    «Ich denke, da stimmt irgendetwas nicht», sagte Gabriel, als sie sich Clarissas Haus näherten.
    Am Fuß der Treppe stand eine Batterie von Reisekoffern, Kisten, Handkoffern und Reisetaschen. Ein vierschrötiger Kerl lud alles auf das Dach einer wartenden Kutsche. Pascale kam mit finsterem Blick die Treppe herunter, warf eine Hutschachtel oben auf den Gepäckhaufen und stampfte zurück ins Haus.
    Vorsichtig näherte sich das junge Paar. Als Alicia im Türrahmen erschien, mit flammend rotem Haar, flog Clarissa zu ihr, vergab ihr sofort alles.
    Sie umklammerte ihre Stiefmutter in einer heftigen Umarmung: Was ging hier vor? War alles in Ordnung mit ihrem Vater? Warum waren sie so früh zurückgekehrt? Irgendetwas musste doch schrecklich schiefgegangen sein, oder?
    «Gicht», sagte Alicia und drückte Clarissas Hände beruhigend. «Charles hat ein wenig Gicht. Er isst einfach zu viel. Eigentlich nicht Grund genug, um unseren Urlaub abzubrechen, aber ich konnte seine endlosen Klagen nicht mehr aushalten. Aber darf ich dich fragen, was du hier um diese Uhrzeit tust?»
    Bevor Clarissa noch antworten konnte, drängte Pascale sich mit einer weiteren Kiste an ihnen vorbei, gefolgte von einem finster dreinblickenden Ellis. Die beiden Dienstboten schauten Clarissa wütend an, sagten aber kein Wort.
    «Du wirst eine neue Zofe brauchen», sagte Alicia und warf Pascale einen verächtlichen Blick zu, als sie zum Haus zurückging. «Nun, Clarissa, warum bitte wanderst du vor Tagesanbruch in den Straßen umher?»
    Clarissa warf einen Blick die Straße hinunter und lächelte schüchtern. Da wartete Gabriel, halb verborgen von der Säule eines Torbogens. Sie winkte ihn unauffällig heran, und er näherte sich, drückte sich an den Gepäckbergen vorbei. Alicia sah ihn aufmerksam an.
    «Bist du verliebt, Clarissa?», fragte sie in verschwörerischem Ton.
    Clarissa nickte mit ernsthafter Miene und versuchte dabei mit ihren Augen deutlich zu machen, dass es sich dabei um ein Geheimnis handelte. Sie griff nach Gabriels warmer Hand, als er sie erreicht hatte. Alicia schüttelte den Kopf, setzte sich auf die Mauer und starrte dann hinaus auf den Fluss.
    Das Schweigen dauerte lange an. Die Sonne stieg höher. Die Schatten wanderten.
    Schließlich drehte Alicia sich um. «Ich hatte mir auch nicht denken können, dass es wahr ist», sagte sie sanft. «Die Sache mit Marldon. Ich befürchte zwar, Pascale hat das alles mit viel zu lauter Stimme erzählt, aber ich denke doch, dass dein Vater das verschlafen hat, Gott sei Dank.» Sie deutete auf Gabriel und lächelte. «Nun?»
    Clarissa murmelte etwas, das eine Vorstellung sein sollte, dann erzählten die beiden Liebenden, zeitweise holprig und stockend, zeitweise sich zeternd ins Wort fallend, die ganze, wenn auch durch Halbwahrheiten abgemilderte verworrene, skandalöse Geschichte von Marldon, Asham House, Grausamkeiten und Mitgiftverhandlungen.
    «Bitte», sagte Alicia und erhob ihre Hand. «Erspart mir die weiteren Einzelheiten.»
    «Oh, Alicia, wir hatten vor wegzulaufen, uns zu verstecken. Wir wollen heiraten, aber Vater … bestimmt wird er niemals damit einverstanden sein.»
    Alicia stand auf. «Um den mach dir mal keine Sorgen», sagte sie selbstgewiss. Ich werde mal ein Wörtchen mit ihm reden.»
    Sie strich eine
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