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Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)
Autoren: Kristina Lloyd
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einfache Küchenhilfe, aber hier hatte Alicia darauf bestanden, sie zum Hausmädchen zu machen. Es war seltsam, sie plötzlich im schwarzen Kleid mit adretter weißer Schürze zu sehen, statt in ihren alten, abgetragenen Sachen. Sie wirkte richtig vorzeigbar.
    «Nun, wie gefällt dir London, Kitty?», erkundigte sich Clarissa.
    «Ich hab noch nicht viel davon zu sehen bekommen, Miss», seufzte das Mädchen und hockte sich auf ihre Fersen. «Nichts hab ich gesehen als seit Tagen nur Staub und Dreck. Hab noch nicht mal die Gelegenheit gehabt, nach einem feschen Mann Ausschau zu halten!»
    «Wie ich dich kenne, Kitty», erwiderte Clarissa, «würde ich sagen, dass das noch schnell genug der Fall sein wird.»
    «Wenn’s hier so weitergeht, bestimmt nicht», gab sie zurück. «Ich bin völlig geschafft, wirklich. Wenn der Herr nicht bald mehr Personal einstellt, werd ich wohl bald so arm dran sein wie Ihr. Wer hätte das gedacht, was? Ihr und ich, wir beide sitzen auf dem Trockenen und drehen Däumchen, bis im Herbst dann die Erntezeit kommt.»
    «Kitty!», tadelte Clarissa und machte ein böses Gesicht. «Wenn du weiter so redest, werde ich wohl Wasser und Seife nehmen und dir den Mund waschen müssen.»
    Kitty grinste. «Ist das die Londoner Luft, die so zimperlich macht?», neckte sie. «Dann werd ich wohl mal rausgehen müssen und ein paar Züge nehmen, denn Euch hat sie ja wohl auf völlig andere Gedanken gebracht, Miss.»
    «Aber es könnte uns doch jemand hören», ermahnte Clarissa mit leiser Stimme.
    Sie war froh, Kitty mit hier in der Stadt zu haben. In den letzten Monaten hatte sich zwischen ihnen eine merkwürdige Freundschaft entwickelt.
    Sie hatte es dem Dienstmädchen zu verdanken, dass sie seit einem verschwiegenen Septembermorgen im vergangenen Jahr alles über die Geheimnisse der Liebe wusste. Sie wusste jetzt ganz genau, was sie in ihrer Hochzeitsnacht zu erwarten hatte. Und sie musste sich schamvoll eingestehen, dass sie diese Aussicht, auch wenn sie die Sache ein bisschen ängstigte, mit hungriger Sehnsucht erfüllte.
    Wann immer sie darüber nachdachte, was oft geschah, wurde der Ort zwischen ihren Schenkeln heiß und feucht. Aber sie hatte nicht einmal Kitty dazu gebraucht, um herauszufinden, dass es auch ohne einen Mann Wege gab, dieses Verlangen zu stillen. Sie wusste, dass sie damit eine Sünde beging, eine schlimme, beschämende Sünde. Eine Dame von Stand, so hatte ihre Hauslehrerin oft gepredigt, könne sich glücklich schätzen, dass sie nicht den Anfechtungen niederer fleischlicher Gelüste unterworfen sei und ihnen willenlos folgen müsse, so wie Männer oder Tiere.
    Aber Clarissa litt. Und ihr körperliches Verlangen war so stark, dass sie, sobald sie allein war, ihren Stand vergaß und eine regelrechte Expertin darin wurde, sich selbst Vergnügen zu bereiten.
    «Ich denke, du wirst dir um deine Arbeit kaum Sorgen machen müssen», sagte sie und brachte die Konversation damit wieder in unverfänglichere Gewässer. «Im Laufe der Woche wird mehr Personal eintreffen, und dann wirst du weniger Arbeit haben.»
    «Es ist nicht die Arbeit, von der ich Erleichterung brauche, Miss», antwortete Kitty, richtete sich auf und strich die Röcke glatt. «Mir geht’s um dieses verdammte Ziehen in meinem Täschchen.»
    Clarissa warf ihr einen strafenden Blick zu, aber der wirkte nicht besonders überzeugend, und Kitty ging mit keiner Regung darauf ein.
    «Egal», fuhr sie fort und durchquerte den Raum, um sich zu Clarissa ans Fenster zu stellen. «Wenn diese neuen Dienstboten so sind wie Euer französisches Fräulein, dann rechne ich mir sowieso wenig Chancen aus, dass sich was ändert. Die jedenfalls macht den Eindruck, als hätte sie einen Besenstiel verschluckt.»
    Clarissa gab ein leises, erheitertes Lachen von sich. Alicia selbst hatte sich vor kurzem die Aufgabe zu eigen gemacht, für Clarissa, die nun alt genug war, eine Zofe einzustellen. Erst gestern war Pascale Rieux eingetroffen, und Kitty hatte vollkommen recht: Diese junge Frau hatte gewiss nicht die allerfreundlichste Ausstrahlung.
    «Ich fass es nicht», ächzte Kitty und drückte ihre Nase am Fenster platt. «Euer alter Herr lässt sich wirklich vorführen wie ein Schoßhündchen.»
    Clarissa folgte dem Blick des Dienstmädchens hinunter auf die breite, gepflasterte Straße, den Cheyne Walk. Menschen in kostbaren Seidenkleidern und feinen Leinen flanierten im Schatten der Ulmen, und neben einem Pferdegespann sah sie die untersetzte
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